1. Startseite
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Genthin
  6. >
  7. Einkaufen: Das halten Ortsbürgermeister aus der Region Genthin von Dorfläden

EinkaufenDas halten Ortsbürgermeister aus der Region Genthin von Dorfläden

Einkaufen auf dem Dorf: Ein Thema, das immer stärkeres Gewicht bekommt, um das Leben auf dem Land attraktiv zu gestalten. Diese Modelle gibt es.

Von Mike Fleske Aktualisiert: 09.06.2023, 09:59
Büden bei Möckern als Vorbild für einen klassischen Dorfladen mit regionalen Produkten? Seit gut zwei jahren betreibt Gislind Herbort mit ihrem Mann Marco den Dorfladen „Marclind“.
Büden bei Möckern als Vorbild für einen klassischen Dorfladen mit regionalen Produkten? Seit gut zwei jahren betreibt Gislind Herbort mit ihrem Mann Marco den Dorfladen „Marclind“. Archivfoto: Stephen Zechendorf

Parchen/Schopsdorf/Mützel - Mieten und Immobilienpreise in den Metropolen steigen. Gerade auch junge Familien zieht es ins Umland oder sogar aufs Land, da hier das Leben noch einigermaßen bezahlbar ist. Mit der neuen Attraktivität des ländlichen Raums geht aber auch die Frage nach nahe gelegenen Einkaufsmöglichkeiten einher. Gerade diejenigen, die Interesse an regionalen Produkten haben, möchten sich auch vor Ort versorgen können. Verschiedene Konzepte sollen diese Einkaufsmöglichkeiten in die Ortschaften bringen. Dies sind einige der bekanntesten.

Dorfkonsum Plus

Einen sogenannten Dorfkonsum Plus gibt es in der Mecklenburgischen Schweiz. Hier wird kein stationäres Geschäft betrieben, stattdessen entwickelt ein regionales Ladennetzwerk für kleine Händler ein PIM (Produktinformationsmanagementsystem), welches die Datengrundlage für die vereinfachte Einrichtung eines Onlineshops bildet. Damit wird das Prinzip Dorfkonsum in das digitale Zeitalter übernommen. Kunden bestellen ähnlich wie bei großen Onlineshops, aber eben regionale Produkte. Die Betreiber haben durch den Verbund weniger Aufwand und Risiko.

«Emmas Tag & Nacht Markt» steht über den Fenstern eines 24-Stunden-Dorfladens. Thüringen fördert in diesem Jahr fünf neue Dorfläden, die rund um die Uhr geöffnet haben sollen. Dafür wird nach Angaben des Infrastrukturministeriums eine Million Euro bereitgestellt.
«Emmas Tag & Nacht Markt» steht über den Fenstern eines 24-Stunden-Dorfladens. Thüringen fördert in diesem Jahr fünf neue Dorfläden, die rund um die Uhr geöffnet haben sollen. Dafür wird nach Angaben des Infrastrukturministeriums eine Million Euro bereitgestellt.
Foto: picture alliance/dpa

Tag und Nacht-Markt

Digital geht es auch in Altengottern zu, 50 Kilometer von Erfurt entfernt. Ein Jungunternehmer hat dort den digitalen Dorfladen „Emmas Tag und Nacht-Markt“ eröffnet. Ein vollautomatisches System speziell für ländliche Regionen. Im Laden gibt es Verkaufsregale mit der Ware, außerdem vor dem Ausgang zwei Selbstbedienungskassen. Verkaufspersonal gibt es hingegen nicht.

Haltbare Lebensmittel, Drogerieartikel, frisches Obst und Gemüse, Brot und Brötchen vom Bäcker aus dem Nachbarort oder Wurst aus der lokalen Fleischerei sind im Angebot. Mittlerweile bietet der Laden mehr als 1200 Artikel rund um die Uhr an. Die Kunden nutzen eine Karte mit Pin für den Einlass, die Waren sind gesichert, es gibt ein Gesichtserkennungssystem. Viel Datenerhebung, dafür sind die Kosten für den Betrieb niedrig.

Dorfgemeinschaftsläden

Bei Dorfgemeinschaftsläden geht es nicht nur darum, die kleinen Dörfer mit Lebensmitteln zu versorgen, in denen keine Grundversorgung mehr vorhanden ist. Sie dienen auch als Treffpunkte, an denen weitergehende Angebote gebündelt werden, wo sich Menschen treffen und austauschen. Dorfgemeinschaftsläden sollen soziale Dreh- und Angelpunkte des Dorflebens sein.

In Deersheim bei Osterwieck ist ein genossenschaftlich organisierter Laden seit einigen Jahren Einkaufsmöglichkeit, Café, Poststelle, Treffpunkt, Galerie, Marktplatz, Veranstaltungsraum und vieles mehr. Der Laden entstand in einem ehemaligen Gutshof und wurde seinerzeit mit Leader-Mitteln gefördert.

Blick auf den Konsum in Niegripp, der zu einer Begegnungsstätte umgebaut und um eine Etage erweitert wird.
Blick auf den Konsum in Niegripp, der zu einer Begegnungsstätte umgebaut und um eine Etage erweitert wird.
Foto: Marco Papritz

Dorftreff in Niegripp

Gemeinschaft und Austausch hat sich auch der Heimatverein in Niegripp auf die Fahnen geschrieben. Der frühere Konsum soll bald als Dorftreff die Einwohner zusammenbringen. Als Haus der Begegnungen mit Dorfladen mit regionalen Produkten, einem Multifunktionsraum, etwa für Versammlungen und Feiern, einer Küche sowie Werkstatt, Studio und Galerie mit Lesebereich.

Klassischer Konsum

Und auch den klassischen Dorfkonsum gibt es noch. In der Region etwa in Tucheim. Auch Paplitzer, Karower, Gladauer und Dretzeler kommen regelmäßig zum Einkaufen. Es gibt fast alles, was zum Leben gebraucht wird - oder es kann bestellt werden. Und der Konsum hat seit einem Jahr noch eine weitere Funktion: Nachdem die Sparkasse ihre Tucheimer Filiale schloss, kann Geld im Konsum abgehoben werden.

Meinungen in den Orten

Wie wichtig diese Einkaufsmöglichkeit für den ländlichen Raum ist, berichtete Tucheims Ortsbürgermeister Christian Köpke im Gespräch mit der Volksstimme: „Der Konsum ist für viele ein zentraler Anlaufpunkt, um Einkäufe zu tätigen und auch Informationen auszutauschen. Somit ist er auch ein sozialer Treffpunkt. Das Dorfleben und Dorfgespräch bleibt so erhalten, und der Konsum ist wie ein Pulsschlag für den Ort.“ Eine solche Einrichtung wäre natürlich auch interessant für andere Dörfer. „Mein Sohn Friedrich und ich beschäftigen uns ja schon länger mit dem Thema und tragen uns mit dem Gedanken einen Dorfladen einzurichten“, sagt Schopsdorf Ortsbürgermeister Nils Rosenthal.

Allerdings schwebe den beiden ebenfalls ein Treffpunkt vor, ähnlich den Konzepten aus Niegripp und Deersheim. Denn es gehe eben nicht nur darum, Produkte anzubieten, sondern auch die Gemeinschaft im Ort und zu den umliegenden Dörfern zu stärken. „Dazu sollte aber auch ein Café gehören und auch kulturelle Angebote, wie zum Beispiel Dorfkino, Konzerte und ähnliches.“ Da die Poststelle für die Schopsdorfer in Burg sei, müssten weite Wege in Kauf genommen werden, wenn ein Paket nicht zustellbar ist. „Daher wäre eine regionale Poststelle eben auch eine weitere sinnvolle Ergänzung“, bringt Rosenthal eine weitere Idee ein.

In Büden bei Möckern gibt es ein ähnliches Konzept bereits. Eher zurückhaltend auf die Konzepte reagiert der Parchener Ortsbürgermeister Hubert Schwandt. „Das sind schöne Ideen, aber für uns nicht so interessant", sagt er. Er habe sich mit dem Heimatverein abgesprochen. „Bei uns fehlt die Nachfrage.“ Die jungen Leute arbeiten außerhalb und würden auf dem Heimweg unterwegs einkaufen. Ansonsten gäbe es regionale Angeboten in der Leinölmühle, und am Freitag mache die einst im Ort ansässige Fleischerei Kraus einen Wagenverkauf. „Diese Angebote sind auch Treffpunkte zum lockeren Plaudern, weshalb hier die soziale Komponente auch gegeben ist“.

Ähnlich vorsichtig ist auch der Mützeler Ortsbürgermeister Rüdiger Feuerherdt: „Wir haben die Nähe zur Stadt und relative kurze Wege zum Einkaufen. Spätestens dann, wenn der Radweg zwischen Mützel und Genthin da ist, ergeben sich nochmal ganz neue Möglichkeiten.“ Somit sieht er den Bedarf für ein solches Angebot derzeit ebenfalls nicht. Denn ein solches müsse sich auch immer rechnen.

Welche Meinung haben Sie zu Dorftreffpunkten mit Einkaufsmöglichkeiten? Gibt es davon genug oder müsste es mehr und neue Angebote geben? Wir sind erreichbar über die E-Mail-Adresse „Redaktion.Genthin@Volksstimme.de“.