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Technik Digitales Gemüse im Seniorenheim

Im Johanniterhaus Genthin-Wald wird die Erinnerungs- und Biografiearbeit mit den Senioren mit einem Tablet-PC unterstützt.

Von Mike Fleske 17.08.2016, 01:01

Genthin l „Ist das Sellerie oder Brokkoli?“, fragt Katharina Williging in die Seniorenrunde und deutet auf ein Bild, das auf dem Monitor des Tablet-PC angezeigt wird. „Das ist Brokkoli“, sind sich die Senioren sicher. Mit einem Fingertipp auf die entsprechende Taste auf dem Display wird die Antwort eingegeben. „Richtig“, leuchtet auf dem Bildschirm auf. „Wir kennen uns gut aus“, freuen sich die Senioren. Seit einigen Wochen wird ein Tablet in der Größe eines Taschenbuches bei der Erinnerungsarbeit im Johanniterhaus Genthin-Wald eingesetzt.

„Das Spiel, bei dem Gemüsesorten erkannt werden müssen, ist nur eine einfache Möglichkeit mit der Technik umzugehen“, erläutert Katharina Willging, Leiterin des Begleitenden Dienstes. Auf diese Weise sollen Berührungsängste vor dem Computer abgebaut und der Obst- und Gemüsevormittag eingeleitet werden. „Wir nutzen das Gerät oft zur Begleitung alltäglicher Gegebenheiten.“ So werde es beim Gesangsnachmittag gern mal als „Spicker“ bei Textunsicherheiten genutzt oder auch als Begleitmusik für Gesangsrunden. „Es gibt eine Reihe von Instrumentalstücken, die wir nutzen können, wenn wir in kleinen Runden mit Bewohnern singen.“

Auch ist es möglich, kleine Filme abzuspielen, die beispielsweise altes Spielzeug zeigen. „Weil Spielhandlungen positiv besetzt sind, denken auch Erwachsene immer wieder freudig an die schönen „spielerischen“ Erfahrungen aus der Kinder- und Jugendzeit zurück“, erläutert Willging die Idee. „Wir wollen Gespräche unter den Bewohnern anregen und damit positive Momente schaffen.“ Denn das Langzeitgedächtnis speichere Kindheitserlebnisse sehr lange. Die Senioren entwickeln durch spielerische Aktivitäten ein Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein. „So etwas hatten wir als Kinder auch“, meinte eine ältere Dame beim Blick auf einen historischen Holzpuppenwagen nebst Porzellanpuppe. Der Umgang der Senioren mit dem Tablet war zunächst geprägt von der Befürchtung etwas kaputt zu machen oder nicht zu verstehen.

Mittlerweile gehen auch die älteren Herrschaften routiniert mit dem kleinen Computer und dessen berührungsempfindlichen Display um. „Es ist schon toll, was in einem solch kleinen Gerät heute alles drinsteckt“, lacht eine ältere Dame. „Ich finde das auch sehr interessant, aber zu kompliziert dürfen solche Sachen nicht sein“, fügt ihre Sitznachbarin hinzu. „Wir finden es gut, dass es diesen Computer gibt, aber ins Internet gehen wir nicht mehr“, fügt die Bewohnerin hinzu. Das Internet sei etwas für die Jüngeren, finden die Teilnehmer der Runde.

Dabei sind es gerade die Älteren, die das Internet immer stärker für sich entdecken. In der jährlich durchgeführten ARD/ZDF-Online-Studie gab es im Jahr 2015 folgende Feststellung: „ Während bei den jüngeren Zielgruppen bereits seit Jahren eine Sättigung festzustellen ist, gehen die Zuwachsraten vor allem von den Über-60-Jährigen aus, von denen inzwischen die Hälfte das Internet nutzt.“ Das Alter der Internetnutzer sei von durchschnittlich 43 Jahren im Jahr 2014 auf 44 Jahre im Jahr 2015 angestiegen. Auch Dank der immer leichter zu bedienenden mobilen Geräte wie Smartphones und eben Kleincomputern.

Auch wenn die Senioren in Genthin-Wald nicht zu den Surfern gehören, kommen die Momente mit dem Mini-PC immer bestens an. „Uns gefallen die Dalli-Klick-Spiele sehr gut“, verraten die Bewohner. Dabei wird das Tablet an den großen Fernseher im Gemeinschaftsraum angeschlossen und alle dürfen munter darauf los raten, wenn sich ähnlich wie in der Fersehsendung „Dalli Dalli“, Puzzlestücke von Fotos lösen und nach und nach den Blick auf einen Gegenstand freigeben.

Auch in der Gemüserunde unter dem warmen Sonnenschein im Garten der Einrichtung hilft der PC. Kleine Rezepte zeigen, was mit dem Gemüse gemacht werden kann. „Wir machen einen schönen Sommersalat oder eine Suppe“, diskutieren die Senioren mit Blick auf Zwiebeln, Karotten, Kohlrabi, Porree und Blumenkohl vor sich auf dem Tisch. Kurze Filme zeigen sogar die Ernte und die Verarbeitung des Gemüses. „So haben wir das auch gemacht“ oder „So schneidet man den Blumenkohl aber nicht“, ist zu hören. Das Tablet ist auch ein gutes Hilfmittel um kleine Diskussionen und und vorschläge anzuregen.