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Elbe-Havel-Kanal Güterschiffsverkehr läuft ungestört

Auf dem Elbe-Havel-Kanal fahren vorrangig Güterschiffe. Die Corona-Krise hat hier bisher zu keinen Einbrüchen geführt.

Von Susanne Christmann 26.06.2020, 20:39

Genthin l 7748 Güterschiffe haben im vergangenen Jahr nach den Angaben der zuständigen Amtsleiterin des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamtes Brandenburg, Gerrit Riemer, den durch Genthin fließenden Elbe-Havel-Kanal passiert und dabei insgesamt 3 096 933 Tonnen Güter transportiert. Es sei nicht zu erwarten, dass die Zahlen des Güterschiffsverkehrs für 2020 coronabedingt nach unten gehen könnten. Denn es seien seit März bis heute keine Einschränkungen im Güterschiffsverkehr bemerkbar gewesen. Die Schleusen in Zerben und Wuster- witz hätten ihren Betriebsdienst für die Schifffahrt nie unterbrechen müssen. Die Durchfahrt im Elbe-Havel-Kanal war und ist wie gewohnt gewährleistet.

Bei den Fahrgastschiffen könnte die Bilanz für 2020 allerdings laut Gerrit Riemer nach unten gehen. Denn die Fahrgastschifffahrt ruhte coronabedingt bis Ende Mai und beginne nun langsam wieder mit ihren Fahrten. Der Sportbootverkehr habe dagegen nach Aussagen des Betriebspersonals an den Schleusen im Vergleich zum Vorjahr sogar schon zugenommen.

Während ein Rückgang des Güterschiffsverkehrs für die Corona-Monate nicht zu verzeichnen war, rechnet das zuständige Schifffahrtsamt in Brandenburg für die kommenden Monate aber nicht auch noch mit einer relevanten Zunahme des Schiffsverkehrs auf dem Elbe-Havel-Kanal. Er werde wohl auf dem jetzigen Niveau verharren. Mehr Schiffsverkehr könne es erst geben, wenn der seit langem betriebene Ausbau der kompletten Schiffsverkehrsverbindung von und nach Berlin endgültig abgeschlossen ist. Engpass beim Kanalausbau in der Region, so Riemer, sei unter anderem die bis jetzt noch nicht fertiggestellte zweite Schleuse in Wusterwitz.

Das Ziel des Kanalausbaus sei, so Gerrit Riemer, die durchgängige Befahrbarkeit des Elbe-Havel-Kanals für Großmotorgüterschiffe, die 2,80 Meter Tiefgang haben. Im momentanen Ausbauzustand könnten nur Schiffe mit bis zu 2,50 Metern Tiefgang bis Berlin fahren. Auch der sogenannte zweilagige Containerverkehr (zwei Ebenen Container übereinander gestapelt) ist derzeit, so Riemer, auf dem Elbe-Havel-Kanal noch nicht zu beobachten. Der ist politisch gewünscht, weil ein zweilagiges Containerschiff rund 60 Lkw-Fahrten ersetzen kann. Ein dreilagiges Container-Binnenschiff kann sogar 90 Lkw-Fahrten ersetzen.

Ein positives wirtschaftliches Fazit kann auch Holger Heidenreich, Geschäftsführer des Standortes Genthin der SET Schiffbau und Entwicklungsgesellschaft Tangermünde mbH, trotz Corona bisher für das laufende Jahr ziehen. Der Auftragsbestand des zu 95 Prozent mit Reparaturen und Umbauten von Motorgüter- und Schubschiffen sowie Prahmen beschäftigten Standortes am Elbe-Havel-Kanal sei nach wie vor gut. Prahmen sind fährenähnliche, flache Fahrzeuge für Bauarbeiten im Wasser. Zum Instrument Kurzarbeit für die rund 35 Mitarbeiter habe man in Genthin zu keiner Zeit greifen müssen. Lediglich ein Übergabe-Termin habe wegen Liquiditätsproblemen eines Auftraggebers verschoben werden müssen. Auch der Nachschub von den Zulieferern erfolgte und erfolge bis heute ohne größere Probleme „auf Achse“, also mittels Lkw.

Der gute Ruf der Werft wird über die Region hinaus gehört. Das zeigt ein regelmäßiger Gast in der Genthiner Werft: Schrauben-Schlepp-Dampfer „Luise“ aus Brandenburg. Das 1910 gebaute Schiff gehört heute dem Verein Historischer Hafen Brandenburg an der Havel, der bereits mehrfach Reparaturen in Genthin durchführen ließ. Zum Beispiel wurden die Außenhülle und die Schiffsschraube von „Luise“ hier erneuert. Für die Genthiner Werft sind dies zwar kleine Aufträge, aber von hohem Prestige, da sich viele Menschen aus der Region für diese Reparaturarbeiten an historischen Schiffen interessieren. Wie Klaus Seeler, der Kommunikationsbeauftragte des Vereins, in einem Gespräch mit der Volksstimme erklärte, würde man gern wieder ein historisches Schiff von den Spezialisten in Genthin aufbereiten lassen. Denn nun müsste ein noch älteres Schiff als die „Luise“, die „Lina Marie“, generalüberholt werden.

Für die Ausführung dieser Arbeiten an dem 1901 gebauten Fischtransporter „müssen wir allerdings noch ein wenig sparen beziehungsweise Spendengelder dafür einsammeln“, sagt Seeler. Wenn genug Geld zusammenkommt, könnte es Ende 2020/Anfang 2021 vielleicht etwas mit einer Fahrt nach Genthin und anschließendem Reparaturaufenthalt werden. Standort-Geschäftsführer Holger Heidenreich möchte den Freunden historischer Schiffe in Brandenburg Mut machen: „Die Mitarbeiter in Genthin würden sich sehr freuen, mal wieder einen historischen Kahn flott machen zu dürfen.“