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Erntezeit Kein Spargel ohne Helfer

Ohne Saisonkräfte aus Osteuropa könnte der Spargel nicht von den Feldern geholt werden. Auch nicht bei Genthin.

Von Simone Pötschke 08.04.2019, 01:01

Genthin l Die Spargelsaison auf dem Spargelhof Hoffheinz ist noch jung und trotzdem bereits jetzt um eine kleine Ausnahmessituation reicher, als ein ZDF-Drehteam am Sonnabend eine Sendung mit den hier beschäftigten rumänischen Saisonarbeitern aufzeichnet. Das ZDF hat eigens eine Sprachmittlerin angeheuert, um mit den Rumänen ins Gespräch zu kommen. Hofinhaber Henning Hoffheinz verfolgt von Weitem das Geschehen. Er glaube, die Rumänen zeigten sich vor der Kamera etwas verunsichert und wüssten nicht, ob sie richtig oder falsch antworten, mutmaßt er. „Ich habe da keinerlei Berührungsängste. Sie haben das Recht, ihre Meinung zu äußern, egal, wie sie ausfällt“, zeigt sich der Hofinhaber gelassen.

Gegenwärtig sind 15 rumänische Saisonarbeiter auf den Äckern des Spargelhofes im Einsatz, ihre Zahl wird bis zu 50 in Spitzenzeiten anwachsen.

Henning Hoffheinz teilt nicht die Sorge vieler deutscher Spargelerzeuger, dass ihm eines Tages die Erntehelfer aus den osteuropäischen Ländern ausgehen würden, obwohl der Gesamtverband der deutschen Land- und Forstwirtschaftlichen Arbeitgeberverbände (GLFA) dies sehr deutlich beklagt. Geschuldet sei dies der verbesserten wirtschaftlichen Lage in diesen Ländern.

Hoffheinz hat in den vier Jahren, in denen er in Genthin wirtschaftet, einiges getan, um Erntehelfer an seinen Betrieb zu binden. Mittlerweile verfügt er über einen Stamm an Saisonkräften, die jedes Jahr nach Genthin kommen. „Es sind etwa 70 bis 80 Prozent, schätzt er. Bewerbungsgespräche führt ein privater Vermittler in Rumänien in den Wintermonaten, den Hoffheinz bereits aus einer früheren Tätigkeit in einem niedersächsischen Spargelanbaubetrieb kennt. „Ich glaube, wenn man fair mit den Ernthelfern umgeht, halten sie dem Betrieb auch die Treue und kommen wieder“, meint Hoffheinz. Dennoch wolle er sich nichts vormachen. Wer in Rumänien einen halbwegs guten Job findet, komme nicht drei Monate nach Deutschland zum Spargelstechen.

Gute Arbeitskräfte, das wissen Unternehmer wie Hoffheinz allerdings auch, sind in den vergangenen Jahren für den Arbeitgeber immer teuer geworden. In den vergangenen fünf Jahren stieg der Mindestlohn für Erntehelfer von fünf Euro auf nunmehr 9,19 Euro in der Stunde.

Hoffheinz hat die steigenden Lohnkosten unter anderem damit kompensieren können, indem er durch den Einsatz von Spargelspinnen die Zahl der Erntehelfer von einst 70 auf aktuell maximal 50 reduzieren konnte. Spargelspinnen sind automatische Maschinen auf vier Rädern, die die Folien auf den Feldern anheben, so dass die Erntehelfer darunter den Spargel ernten können, ohne schwere Kisten vor sich her schleppen zu müssen.

„Natürlich“, räumt Hoffheinz ein, muss ich mir trotz moderner Technik Gedanken machen, „wie ich auch zukünftig zuverlässige Saisonarbeiter bekommen.“ Der Arbeitgeber hat deshalb in den Räumlichkeiten der alten Berufsschule in Wohnraum für die Saisonarbeiter investiert, es gibt drei Mahlzeiten im Hause, für deren Zubereitung eine rumänische Köchin eingestellt wurde. Die Erntehelfer können über WLAN und über das Internet verfügen. „Den Leuten ist der Kontakt in die Heimat sehr wichtig“, weiß Hoffheinz.

Um Anreize zu schaffen, zahlt Hoffheinz zum Basislohn einen Akkordzuschlag. Der beste Erntehelfer des vergangenen Jahres habe so einen Stundenlohn von 14 Euro verdienen können.

Die Erfahrung anderer Spargelbauern, dass Osteuropäer mitten in der Saison die Arbeit hinschmeißen, hat Henning Hoffheinz noch nicht machen müssen. 95 Prozent der Erntehelfer hielten in Genthin aus. Vorzeitig nach Hause zurückschicken musste er bisher nur einen einzigen Saisonarbeiter. Er hatte im vergangenen Jahr in einem Genthiner Supermarkt eine Schachtel Zigaretten gestohlen und war dabei ertappt worden. „Das untersagt die Hausordnung. Da gibt es kein Pardon“, sagt Hoffheinz. In Deutschland können Saisonarbeiter 70 Tage beschäftigt werden, ohne dass der Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge abführen muss. Für Saisonarbeitskräfte gilt die gesetzlich festgeschriebene Regelarbeitszeit. Für Überstunden gibt es einen Freizeitausgleich.

Das ZDF-Team begleitet den Genthiner Spargelhof durch die gesamte diesjährige Saison. Der Beitrag wird am 30. Juni ausgestrahlt.