Lokales Flüchtlinge: Stadtrat-Resolution sorgt für Streit in Genthin
Am Donnerstag möchte der Genthiner Stadtrat eine Resolution zur Flüchtlingspolitik nach Burger Vorbild beschließen. Doch nun hat Genthins Bürgermeister rechtliche Bedenken ins Gespräch gebracht.

Genthin/Burg - Gibt es auch in Genthin eine städtische Resolution zur Flüchtlingspolitik, ähnlich wie in Burg? Wenn es nach einem Großteil der Genthiner Stadträte geht schon. Die Räte möchten mit ihrem Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf kommunale Probleme bei der Integration der bislang zugereisten Flüchtlinge hinweisen, da es in den Kindergärten, Schulen und weiterführenden Schulen an genügend Lehr- und Betreuungspersonal fehle.
Zudem wird in dem Schreiben auf die Notwendigkeit hingewiesen, abgelehnte Asylbewerber zurückzuführen und die Anzahl der sicheren Herkunftsländer um die Staaten Marokko, Tunesien, Algerien und Georgien zu erweitern.
Doch bereits vor der Debatte im Stadtrat hat sich Bürgermeister Matthias Günther eingeschaltet und eine mögliche Rechtswidrigkeit der Resolution ins Spiel gebracht. „Am Tag der Einladung zur Stadtratssitzung im August bekam ich eine rechtsanwaltliche Einschätzung, wonach die vorgesehene Resolution womöglich rechtswidrig ist. Diese Bedenken zur Resolution gab ich sogleich an den Vorsitzenden der Stadtratssitzung weiter, und im Einvernehmen beließen wir es bei der bereits fertiggestellten Einladung mit dem Tagesordnungspunkt zum Resolutionsantrag.“
Debatte bleibt Teil der Tagesordnung
Dort wird sie laut dem Stadtratsvorsitzenden Gerd Mangelsdorf (CDU)) auch bleiben. „Ich teile die Auffassung der Rechtswidrigkeit nicht, deshalb bleibt der Punkt auf der Tagesordnung. Die Stadträte haben zu entscheiden, ob die Resolution beraten und verabschiedet wird.“ Nach einer Verabschiedung habe der Bürgermeister die Möglichkeit, gegen die Entscheidung Widerspruch einzulegen.
Was nun einige Stadträte aufbringt, ist, dass der Bürgermeister in seiner Information an den Stadtratsvorsitzenden auch die in Burg gefasste Entscheidung für rechtswidrig erachtet. In der von Matthias Günther eingeholten rechtlichen Bewertung wird auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom Juli 1958 verwiesen. Dieses untersagte den Stadtstaaten Hamburg und Bremen damals eine Volksbefragung zur atomaren Bewaffnung der Bundesrepublik durchzuführen, da die Entscheidung über die Bewaffnung nicht in das kommunale Aufgabengebiet falle.
Allerdings verweisen Fraktionsvertreter in Genthin darauf, dass mit den Genthiner und Burger Resolutionen nur bestimmte Sachverhalte an eine übergeordneten Stelle, also hier den Bundeskanzler, vorgetragen würden.
Resolutionen in anderen Kommunen
- Kommunale Resolutionen sind nicht selten, um eine bestimmte Meinung nach außen zu vertreten. Beispiele aus diesem Jahr.
- Die Stadtvertretung in Neustrelitz (M-V) hat eine Resolution an das Bundeskanzleramt gesendet und gefordert, dass Deutschland und andere Staaten die Bemühungen um einen Waffenstillstand im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine intensivieren.
- Der Stadtrat von Bayreuth in Bayern forderte mit einer Resolution den Erhalt von Galeria Karstadt-Kaufhof.
- Der Stadtrat in Lohmar (NRW) forderte in einer Resolution eine ansässige Firma auf, auf Werksschließungen zu verzichten.
Das meint die CDU
Die CDU hatte den Resolutionsantrag in den Stadtrat eingebracht. Deren Vorsitzer Klaus Voth erklärt: „Hiermit wird deutlich, welche Position von unserer Fraktion in der Sache vertreten wird und wie wichtig uns eine angemessene und zeitnahe Behandlung der Problematik ist. Ein möglicher Widerspruch des Bürgermeisters gegen die vom Stadtrat angeschobene Resolution wäre ein neuer, schwerer Stein auf dem Weg einer dringend verbesserungsbedürftigen Zusammenarbeit zum Wohl unserer Stadt Genthin.“
Das sagt die Wählergemeinschaft
Rüdiger Feuerherdt, Fraktionschef der Wählergemeinschaft Genthin-Mützel-Parchen, sagt: „Wir haben eine andere Meinung als der Bürgermeister und werden der Resolution zustimmen.“ Für seine Fraktion seien zudem die Besetzung der offenen Stellen in der Verwaltung und ein genehmigter Haushalt die wichtigeren Themen.
So sehen es Grüne/LWG Fiener
Lutz Nitz, Fraktionschef der Grünen/LWG Fiener, kritisiert, dass zur Begründung der Rechtsauffassung ein Urteil von 1958 herangezogen werde und sieht den Widerspruch als Verhinderungsversuch eines politischen Diskurses. „Es ist eine politische Resolution, die jederzeit von jedem Gremium, ob zuständig oder nicht, eingebracht werden kann.“
Nitz sieht die Einlassung des Bürgermeisters als Versuch, eine Meinungsbildung in eine dem Stadtchef genehme Richtung zu lenken. „Was ich als anmaßend und arrogant empfinde, ist der Vorwurf an den Burger Stadtrat und an den Burger Bürgermeister, rechtswidrig gehandelt zu haben.“ Das grenze an Bevormundung. Es sei, so Nitz, ein Grund, weshalb die umliegenden Gemeinden keinen gemeinsamen Weg mit dem Genthiner Bürgermeister finden.
So verhält sich die SPD
Ähnlich sieht es SPD-Fraktionschef Udo Krause: „Eine Resolution kann in einer politischen Vertretung jederzeit verabschiedet werden.“ Dies gelte seiner Meinung nach auch, wenn die Stadt Genthin keinerlei Zuständigkeit für die geforderten Punkte hat. „Es ist daher anmaßend, dass Herr Günther wieder einmal eine demokratische Willensbildung im Stadtrat mit einem Widerspruch unterbinden möchte.“
Allerdings werde die SPD der Resolution nicht zustimmen. „Unser Verständnis von einer gerechten Gesellschaft basiert auf Offenheit, Solidarität und sozialer Verantwortung. Wir sind fest davon überzeugt, dass es notwendig ist, diejenigen zu schützen, die vor Verfolgung, Krieg und anderen Gefahren fliehen.“ Krause räumt aber ein, dass die Verfasser der CDU-Fraktion Dinge ansprechen, bei denen Beteiligte an Leistungsgrenzen gelangt seien. „Bis auf die Betreuung geflüchteter Kinder in Kitas und Grundschulen trägt jedoch der Landkreis alle weiteren Aufgaben, nicht die Stadt Genthin.“ Krause plädiert dafür, die Integration geflüchteter Menschen konstruktiv zu begleiten und nicht populistisch.
Die Linke ist ohne Position
Die Fraktion der Linken habe sich nach Angaben der Fraktionsvorsitzenden Gabriele Herrmann zu dem Thema noch nicht verständigt.
Bürgermeister Matthias Günther kündigt indes an, dass bei einer Beschlussfassung bei der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde eine kommunalrechtliche Einschätzung aufgrund der im Raum stehenden Rechtswidrigkeit angefragt werde. Es gehe ihm um die rechtskonforme Behandlung und keinesfalls um eine inhaltliche Bewertung zur Resolution selbst.