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Insektensterben Artenvielfalt geht verloren

Die Studie einer niederländischen Universität zeigt: Die Zahl der Insekten in Deutschland geht dramatisch zurück. Das wissen auch Genthiner Imker.

Von Mike Fleske 24.10.2017, 01:01

Genthin l Es sind beunruhigende Zahlen der Universität Nijmegen. In den vergangenen 27 Jahren hat die Menge an Insekten in einigen Regionen Deutschlands um mehr als 75 Prozent abgenommen. Grundlage für die Studie waren Erhebungen, die seit 1989 von Insektenkundlern in Krefeld gesammelt wurden. Der Rückgang umfasse auch Schmetterlinge, Bienen und Schwebfliegen.

Nicht nur die Insektenkundler bemerkten, dass in der Natur etwas nicht stimmt, auch viele Imker müssen verstärkt auf Krankheiten ihrer Bienenvölker und starke Verluste bei den Tieren reagieren. „Ich denke, dass der dramatische Rückgang von Insekten nicht zu leugnen ist“, sagt Dieter Bischoff, Bienensachverständiger aus Genthin. Er ist seit mehr als 40 Jahren Hobbyimker und sieht einige Entwicklungen mit Sorge. In den landwirtschaftlichen Betrieben würde mittlerweile jeder Meter bis aufs kleinste bewirtschaftet. Unberührte Naturflächen gebe es kaum noch. Das hat Folgen.

Bischoffs Imkerkollege Marco Arndt sagt: „Wir haben eine Situation, wie es sie in China vor Jahren gab, dort wurden erst die Spatzen ausgerottet, dann die Insekten und heute sitzen die Menschen in den Obstplantagen und bestäuben die Pflanzen.“ So weit ist es in Deutschland noch nicht, dennoch ist die Lage dramatisch. „Solch ein Verlust bleibt nicht nur in einem Organismensystem“, sagt Christoph Kaatz vom Storchenhof Loburg. „Auch die Vogelbestände gehen zurück, weil die Jungtiere nicht mehr ernährt werden können, Lurche finden ebenfalls keine Nahrung mehr.“ Es sei eine ganze Kette von Folgen, die kaum durchbrochen werden könne.

Als Gründe für den starken Rückgang der Insekten wird in der Studie die industrielle Landwirtschaft mit ihrem hohen Einsatz von Düngemitteln und Pestiziden ausgemacht. Auch der Rückgang von naturbelassenen Flächen und der Klimawandel tun ihr übriges. Nicht zuletzt deshalb fordert etwa der NABU den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln deutlich herabzusetzen. Pflanzenschutzmittel wie Glyphosat haben nachgewiesener Maßen einen direkten Einfluss auf die Insektenwelt“, macht etwa Annette Leipelt vom NABU Sachsen-Anhalt in einer Pressemitteilung deutlich.

Der Verzicht auf Glyphosat wäre daher ein echter Beitrag zum Erhalt der biologischen Vielfalt und Nachhaltigkeit. Der Deutsche Bauernverband hingegen verwahrt sich vor voreiligen Schlüssen. Die Insekten seien nur in Schutzgebieten erfasst worden, daher würden sich voreilige Schlüsse in Richtung Landwirtschaft verbieten , so der Generalsekretär Bernhard Krüsken.

Im Kleinen gibt es aber bereits andere Ansätze. „Die Landwirte müssen spritzen, damit sie etwas ernten, aber es gibt Möglichkeiten, sich gegenseitig zu unterstützen, das muss aber noch mehr werden“, findet Marco Arndt. Er und Dieter Bischoff arbeiten schon länger mit Landwirten in Bergzow und Parchen zusammen.

„Wir sprechen uns genau ab, wann wo was gemacht wird.“ Wenn ein Imker im Feld stehe, habe der Landwirt durchaus Vorteile. „Im Raps sind es 20 Prozent mehr Ernte, bei bestimmten Obstsorten etwa Birnen, sogar noch mehr“, meint Arndt. Auf dem Gelände der Imkerei haben die Bienenzüchter zudem naturbelassene Streifen, auf denen sich im Sommer zahlreiche Insekten tummeln. Etwas Ähnliches praktiziert der Altenplathower Thomas Kostka in seinem Schau- und Therapiegarten.

Er hat einen unbehandelten Naturbereich in seinem Garten angelegt auf dem Blumen blühen und Gräser wachsen. „Das ist eine besondere Spielwiese für Insekten“, sagt er. „In der warmen Jahreszeit könnten Besucher von einer Bank aus das Treiben der Bienen, Schmetterlinge und Fliegen beobachten.“

Man müsse wieder viel stärker lernen, im Einklang mit der Natur zu leben und sie nicht nur als Nutzfläche zu sehen. Die Imker versuchen im Kleinen etwas vorzuleben, was auch im Großen gelingen müsste. Das sieht auch Christoph Kraatz so: „Wir können den Trend wieder umkehren, aber das Aber ist mit enormen Maßnahmen verbunden.“