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Integration  Eine spielfreudige Familie

Seit zwei Jahren gibt es den Spieletreff in der Jungen Kirche Genthin. Das ist gelebte Integration.

Von Simone Pötschke 14.03.2018, 05:00

Genthin l Freitagabend im Foyer der Jungen Kirche. Um Oliver Werner scharen sich am Couchtisch quirlige Kinder, die ungeduldig auf die Kartenausgabe für das Dobble-Spiel warten. Der Familienvater hat den kleinen Ameisenhaufen fest im Griff, sorgt ruhig und besonnen dafür, dass die quirligen Geister nicht ausflippen und trotzdem ihrer Begeisterung freien Lauf lassen können.

Einige syrische Jungs haben sich zum Billard oder an die Tischtennisplatte zurückgezogen. Ein junges syrisches Ehepaar kommt derweil mit dem Kinderwagen in das Foyer geschoben und wird von Katrin Hertwig herzlich begrüßt.

Die kleine Teeküche hat geöffnet, aus der arabischer Kaffee an die Erwachsenen gereicht wird. Mittendrin ist die ordinierte Gemeindepädagogin Rebekka Prozell, für die die kleinen und großen Gäste längst zu guten Bekannten geworden sind.

Es war ihre Idee, die kleinen Stammgäste des Spieletreffs auf einer Foto-Wand zu verewigen. Die nett arrangierten Porträtfotos vermitteln unverkennbar eine klare nonverbale Botschaft der Flüchtlingskinder, die ein und aus gehen: Wir fühlen uns hier wohl.

Mit 15 bis 20 Flüchtlingskindern, vorwiegend syrischer Herkunft, ist der Spieletreff an den Freitagen in der Zeit von 17 bis 18.30 Uhr gut besucht, wobei etwa 35 bis 40 Kinder die Bekanntschaft mit der Jungen Kirche geschlossen haben.

Der Treff stellte in den mehr als zweieinhalb Jahren seines Bestehens Wandlungsfähigkeit wie kaum ein anderes Angebot für Flüchtlinge unter Beweis. Anfänglich, mit dem ersten Flüchtlingsstrom, kamen nur syrische Männer. Der Gemeinderaum war brechend voll und verständigt wurde sich mit Händen und Füßen. Der Spieletreff hat sich inzwischen darauf eingestellt, dass die Männer Genthin längst verlassen haben und jetzt Familien in der Kanalstadt ein neues Zuhause suchen.

Das sei keineswegs eine geradlinige Entwicklung gewesen, machen Katrin Hertwig und Rebekka Prozell klar. Es habe durchaus Durststrecken gegeben. „Wir haben uns gesagt, dass wir weitermachen und haben uns immer wieder etwas einfallen lassen“, sagt Katrin Hertwig.

Rebekka Prozell bringt den Erfolg des Spieletreffs auf den Punkt: „Wir haben es geschafft, dass wir nach dem gegenseitigen Kennenlernen mittlerweile einen fast familiären Umgang pflegen.“

Und Familien leben vom Miteinander. Das hat sich auch der Spieletreff zu Eigen gemacht. Wenn etwas auf die Beine gestellt wird, dann steuern die evangelische Gemeinde und die syrischen Familien ihren Part bei.

Wie bei dem Fest zum Schuljahresbeginn. Da gab ein Puppentheater den „Räuber Hotzenplotz“ und spielte Bahoz Ibrahim arabische Melodien auf der Kurzhalslaute Saz. Sein Spiel animierte die Anwesenden zu den typischen arabischen Rundtänzen.

Ein Schulabschlussfest ist im Spieletreff für den 22. Juni geplant. „Vielleicht mit einem Fußballturnier. Mal sehen“, lässt Katrin Hertwig vorerst alles offen.