Fachkrankenhaus Jerichower Chefärztin geht in den Ruhestand
Dr. Petra Zacke, Chefärztin der Fachabteilung Neurologie am AWO Fachkrankenhaus in Jerichow, geht in den Ruhestand.
Jerichow l Im Chefarztbüro von Petra Zacke deutet nichts auf einen Abschied hin. Auf dem Schreibtisch liegen Arbeitsblätter und Fachliteratur. Textmarker und Schreibstifte sind griffbereit in einer Schreibgarnitur. Die Chefin trudelt nicht über die Zielgerade. Ihr Pflichtbewusstsein kann sie nicht ausschalten.
Nun wird sie in einer Feierstunde verabschiedet. „Ich habe eigentlich dicht am Wasser gebaut. Sicherlich werden ein paar Tränen fließen.“ Petra Zacke scheidet versöhnlich und zugleich glücklich aus ihrem Arbeitsleben. „Meine Zeit ist zuende. Ich war lange genug hier und habe keine Lust darauf, weiter Verantwortung zu tragen“, sagt sie entwaffnend ehrlich. Wie kein anderer Mediziner blieb sie der Klinik ihr ganzes Berufsleben treu. Ja, das sei für heutige Verhältnisse eher untypisch, räumt sie ein. Ein bisschen DDR-Mentalität schimmert bei dieser Arbeitsstelle auf Lebenszeit durch.
Aber auch sie hätte sich nach der Wende nach einer anderen Stelle umsehen können. Doch sie blieb und steht auch heute noch zu ihrer Entscheidung. Sie war nach der Wende auch die einzige Medizinerin in Jerichow, die Ärzte in der Ausbildung betreuen durfte, besaß sowohl für die Neurologie als auch für die Psychiatrie die Weiterbildungsermächtigung. Ohne junge Fachärzte wäre es seinerzeit schlecht um das Fachkrankenhaus bestellt gewesen.
Petra Zacke betrachtet die Treue zu Jerichow ganz pragmatisch: „Für das Jerichower Krankenhaus wusste ich, was los ist. Ob ein Wechsel wirklich Neues für mich gebracht hätte, bezweifle ich.“ An fachlichen Herausforderungen hat es am Jerichower Fachkrankenhaus für die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie somit nicht gefehlt. Es habe sich in den vergangenen 20 Jahren soviel Neues entwickelt, gerade in der Neurologie und der Psychiatrie, erzählt die Medizinerin spürbar mit voller Leidenschaft.
Dass neue diagnostische und therapeutischen Möglichkeiten das Fachgebiet völlig verändert hätten, lässt sie begeistert eine Fülle an Beispielen aufzählen und erklären, die ein Laie zunächst nur erstaunt wahrnimmt. Hier sitzt eine Vollblutmedizinerin am Chef-Schreibtisch. Auf die Position hat es sie nicht gezogen, gibt sie unumwunden zu. Die Medizinerin wollte nie ein Karrieremensch sein und wurde Chefärztin scheinbar wider Willen.
Personelle Konstellationen im Krankenhausgefüge und fachliche Qualifikationen nahmen sie schließlich in die Pflicht, den Chefsessel auszufüllen. „Eigentlich bin ich als Chefarzt nicht gemacht, doch man muss sich seiner Verantwortung stellen und kann sie nicht einfach wegschieben“, formuliert sie ihr berufliches Credo.
Als Fachärztin, die über 40 Jahre im Dienst war, gehört sie zu jener Mediziner-Generation, die einen Gestern- und Heute-Vergleich nicht scheut. Schnell kommt sie bei dieser Bilanz auf das Stichwort Dokumentation. „Die kannten wir früher nicht in diesem Umfang“, spielt sie auf die Vorwende-Zeit, um auch ganz zugespitzt zu formulieren: „Alles muss ins kleinste Detail geschrieben und festgehalten werden. Wenn heute nichts geschrieben wird, heißt das, man hat nichts getan.“
Petra Zacke hat längst gelernt, damit umzugehen, setzt für sich Prioritäten, was ihr wichtig ist in ihrem Beruf, was sie motiviert, Belastungen und manch Widrigkeit auf sich zu nehmen. Sie zehrt, sagt sie ganz deutlich, aus der Zusammenarbeit mit ihren Patienten. In einem Aufsatz formulierte sie das ganz sensibel: „Sehr viele kommen und vertrauen mir. Und das ist eigentlich das, was einen befriedigt. Wenn da jemand kommt und sagt, woanders möchte ich nicht hingehen, ich möchte eigentlich nur zu ihnen kommen. Und das ist, finde, ich etwas, was man erreichen möchte.“
Als gestandene Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie gibt Petra Zacke allen, die die Arztlaufbahn einschlagen wollen, einen kurzen Ratschlag auf den Weg: „Man muss diesen Beruf wirklich wollen.“ Viele Dinge seien für diese Berufswahl zu bedenken: Was kommt auf mich zu, passen Privatleben und Bereitschaftsdienste zusammen? Sie würde sich auf jeden Fall wieder für ihren Beruf entscheiden. Auch für die Fachrichtung Neurologie und Psychiatrie, die sie als junge Medizinerin eigentlich gar nicht einschlagen wollte.