Projekttag an der Grundschule Stadtmitte / Viertklässler beschäftigen sich mit Gewalt im Internet "Können wir wieder Freunde sein?" - Wie Schüler ihre Konflikte ohne Gewalt lösen
Einen Projekttag gegen Gewalt erlebten gestern die Jungen und Mädchen der Grundschule Stadtmitte. Die Kinder sollen lernen, Streitigkeiten kompetent zu lösen.
Genthin l Die Jungen spielen auf dem Schulhof mit dem Ball. Der eine will ihn fangen, läuft rückwärts und stößt mit Lisa, die mit ihren Freundinnen Gummitwist übt, zusammen. Das Mädchen fällt hin. "Ich sage ¿Tut mir leid\'", schlägt Tim aus der 2. Klasse vor. "Vertragen wir uns wieder", findet seine Mitschülerin Yasmin eine gute Reaktion. "Es tut mir leid. Können wir wieder Freunde sein?", ist Henriettes Lösung für den Konflikt.
Erst sprechen die Zweitklässler die Situation, die sie auf ihrem Arbeitsblatt sehen, durch, dann spielen sie es nach. So wird ihnen das angemessene Verhalten noch viel bewusster.
Ursprünglich hatte die Grundschule Stadtmitte ihren Projekttag gegen Gewalt erst für den nächsten Monat geplant, da Puppenspieler Jörg Tolksdorf aus Schmiedefeld am Rennsteig aber für das Bismarck-Gymnasium in der Stadt war, schloss sich die Nachbarschule an.
Dass sie sich gleich mit ernsten Themen wie Gewalt auf dem Schulweg und Fremdenfeindlichkeit auseinandersetzen, ist den Grundschülern nicht bewusst. Jörg Tolksdorf, der Puppenspieler mit fast 30 Jahren Erfahrung, spielt sein Stück "Der Boss bin ich", dass er selbst geschrieben hat, locker und leicht. Der Kaspar begrüßt die Kinder und tobt so über die Bühne, dass der Zipfel seiner Mütze auf dem Bühnendach landet. Die Kinder machen mit und haben Spaß. Der Kaspar wird ernster. Er erklärt den Jungen und Mädchen, wie wichtig es ist, dass man respektvoll miteinander umgeht und fair ist.
Rocky, der ein Messer mit zur Schule bringt, den Schulbus beschädigt und seinem Freund Kevin Prügel androht, findet bei den Kindern keine Sympathie. Und dass er beim Sprühen auch noch "Schuhle" schreibt ...
"Wenn 140 Kinder auf dem Schulhof spielen, sind Konflikte immer vorprogrammiert", sagt Schulleiter Ingo Dossmann. Den Projekttag gegen Gewalt gibt es seit acht Jahren an der Grundschule Stadtmitte. Gewalt ist eines der Themen, das Eltern laut einer Befragung der Schule am stärksten bewegt.
Die Erwachsenen selbst verfügen über eine Vorbildrolle. Bei ihren Eltern lernen die Kinder, wie Konflikte ausgetragen werden oder sie lernen es nicht. Der Projekttag soll die sozialen Kompetenzen der Kinder fördern.
Dass sie auf keinen Fall Daten wie Name und Anschrift weitergeben und sich mit keiner Bekanntschaft aus dem Internet verabreden dürfen, ohne das ihre Eltern davon wissen, lernten die Viertklässler, die sich vor allem mit Gewalt im Internet beschäftigten. Sie sprachen darüber, wie sie mit Internetseiten umgehen, die ihnen Angst machen.
Gewalt ist nicht nur am Projekttag ein Thema in der Grundschule. Auch im Ethik- und Sachkundeunterricht geht es darum, wie unterschiedliche Vorstellungen sachlich ausgetragen werden. Notfalls wird auch in Mathe oder jedem anderen Fach darüber gesprochen. "Wenn es vor der Stunde einen Konflikt gab, dann muss man das ansprechen. Die Kinder haben sonst den Kopf für Mathe nicht frei", sagt Ingo Dossmann.
Ab dem kommenden Schuljahr bietet die Grundschule Stadtmitte für alle Klassen ein zehnstündiges Sozialtraining an. "Faustlos", ein anerkanntes Präventionsprogramm, wird gemeinsam mit der Schulsozialarbeiterin Lena Böttcher umgesetzt.