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Stadtgeschichte Parchenerin war einst die älteste Gastronomin Sachsen-Anhalts

Marianne Herget führte mehrere Jahrzehnte eine Gaststätte, die über mehrere Generationen in Familienhand blieb .

Aktualisiert: 02.06.2021, 15:05
Marianne Herget aus Parchen
Marianne Herget aus Parchen Foto: Volksstimme Magdeburg Archiv

Parchen - Mike Fleske

Marianne Herget bleibt bis heute unvergessen in Parchen. Mehr als 70 Jahre führte sie die Gaststätte Herget und war zuletzt die älteste Gastwirtin Sachsen-Anhalts. 1915 in Parchen geboren, stand sie seit dem 19. Lebensjahr hinter dem Tresen. Erster Besitzer der Schankwirtschaft war Hermann Jordan. Die Gaststätte wurde 1860 mit einer Fleischerei errichtet.

Der Großvater von Marianne Herget, Wilhelm Möhring, war Landwirt, Kaufmann, Gastwirt und Gemeindevorsteher. Im Jahre 1934, gerade erst 19 Jahre alt, übernahm Marianne Herget die Gaststätte. Hier gab es neben der Gastwirtschaft einen Kolonialwaren- und einen Kohlenhandel, sogar schon Fremdenzimmer wurden einst vermietet.

Gastronomie und Musik spielten eine große Rolle

Das Kolonialwarengeschäft wurde 1948 von der Handelsorganisation (HO) übernommen und existierte bis 1976. Aus dem freigewordenen Raum entstand ein Vereinszimmer. Von 1948 bis 1984 war die Gaststätte auch Stammlokal des Männerchores, später auch des Frauenchores in Parchen.

Der Ehemann von Marianne Herget, Rudolf Herget, war von Beruf Konzertmeister und Musiklehrer und leitete die beiden Chöre. Sowohl die Musik als auch die Gaststätte spielten in der Familie, zu der auch Sohn Dieter und Tochter Marika gehörten, eine große Rolle.

Marika Herget, nach ihrer Heirat Schröder, kam früh mit der Gastronomie in Berührung. „Von meiner Mutter habe ich das Kochen und Backen gelernt“, sagt Marika Schröder, die eigentlich einen kaufmännischen Beruf erlernt hat.

Tochter arbeitete jahrelang mit ihrer Mutter zusammen

Dass sie die Gastwirtschaft eines Tages übernehmen werde, stand für die Tochter außer Frage. Jahrelang hatte sie bei ihrer Mutter mitgearbeitet. Ehrfurchtsvoll hielt sie weitestgehend an der alten Ausstattung der Gaststätte fest. Gläser, Tassen und Teller sind bei ihr ein Muss, Plastikartikel kommen nicht in Frage.

Im Gastronomiegewerbe zu bestehen, resümiert Marika Schröder ein aufregendes Kneiperleben, muss man sich schon hart erarbeiten. Das kommt nicht von Heute auf Morgen. Ihre Mutter würde man heute wohl als „bestens vernetzt“ bezeichnen.

Die Mitglieder der Jagdgesellschaft, des Rassegeflügelzuchtvereins, des Angelvereins und des Natur- und Heimatvereins kehrten hier ein. Es gab Vereinsfeste, Familienfeiern, Konfirmationen, Jugendweihen, Tanzveranstaltungen, Preisskat, Geflügelausstellungen, Dorffeste. Natürlich war die Gastronomin immer mittendrin.

Erinnerungen im Heimatkalender des Ortes

Noch mit Ende 80 stand Marianne Herget hinter dem Tresen, schenkte aus und plauderte mit ihren Stammgästen. Eine echte Institution. Kurz vor ihrem 90. Geburtstag ging die langjährige Gastronomin in den Ruhestand. Vergessen wurde sie im Ort nicht. 2015, als Marianne Herget 100 Jahre alt geworden wäre, porträtierten sie die Parchener in ihrem Heimatkalender.

Marika Schröder betrieb die Familiengaststätte noch bis Ende 2018, bis sie selbst im Rentenalter war. Lange sei klar gewesen, dass ihre Kinder die Geschäfte nicht übernehmen würden und ein Schlussstrich unter eine 150-jährige Familiengeschichte gezogen werde.

Doch eine Tradition hat sich fortgesetzt: Die der Musik. Denn Marika Schröders Sohn Alexander, hatte sich schon früh dem Saxofonspiel verschrieben und ist bis heute Mitglied im Genthiner-Musik-Express.