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Ruhestand Angelika Wiegmann sagt „Ade“

Die Leiterin der Genthiner Uhlandgrundschule geht in den Ruhestand. Mehr als vier Jahrzehnte war sie an der Schule tätig.

Von Mike Fleske 29.01.2021, 07:00

Genthin l Man darf es gut und gern eine Ära nennen, die heute zu Ende geht. Wenn Angelika Wiegmann heute nach dem Dienst in ihr Auto steigt, ist es nicht einfach ein Start in das Wochenende, sondern einer in den Ruhestand. Keine große Feier, kein Aufmarsch von Weggefährten, wie es zu erwarten wäre. Corona hat all dies zunichte gemacht. Weil ein direkter Kontakt nicht möglich ist, plaudern die Lehrerkollegen aus dem Nähkästchen, erinnern sich an die Zusammenarbeit mit einer Pädagogin, die die Genthiner Schullandschaft geprägt hat. 42 Jahre war Angelika Wiegmann in Genthin tätig und hat alle Veränderungen mitgemacht, die die Zeitläufe und Reformen mit sich brachten. In zwei Staatsformen war sie Pädagogin, erst in der Deutschen Demokratischen Republik, kurz DDR, später in der Bundesrepublik Deutschland.

Ende der 1970er Jahre trat Angelika Wiegmann ihren Dienst in Genthin an. „Wir waren damals viele junge Kollegen“, erinnerte sie sich im Gespräch mit der Volksstimme an die Anfangsjahre. Sie sei damals gerade vom Studium aus Potsdam gekommen und Anfang 20 gewesen und gespannt auf den neuen Arbeitsort: „Wir haben gemeinsam mit den Schulkindern das Gebäude kennengelernt.“

Am 1. September 1978 wurde die Schule als 5. Oberschule eingeweiht und behielt den Namen „Lenin-Schule“ bis ins Schuljahr 1989/90. Zu diesem Zeitpunkt war nicht nur die DDR Geschichte, auch der bisherige Schulname gehörte der Vergangenheit an. Dann wurde die Oberschule in eine Grundschule und eine Sekundarschule unter einem Dach geteilt. „Das waren große Veränderungen, die auch einhergingen mit Veränderungen im Lehrplan“, erinnern sich die Lehrer. Es sei damals eine neue Art des Unterrichtes gewesen.

Dieser sei nach der Wende weniger starr und freier in der gestalterischen Ausrichtung geworden. „Das sorgte für einen kreativeren Unterricht, der Lehrern und Kindern mehr Spielraum lässt.“ Und für Angelika Wiegmann war die Zeit nach der Wende eine doppelte Zäsur, nicht nur die Gesellschaft und die Lehrpläne änderten sich – auch ihr Arbeitsbereich. Denn durch das Zureden ihrer damaligen Kollegen ließ sie sich 1990 „reinquatschen“ – in die Tätigkeit als Schulleiterin der Grundschule. Als neue Namen der Einrichtungen wurden von den Namen der umliegenden Straßen „Uhlandschule“ für die Grundschule und „Guerickeschule“ für die Sekundarschule abgeleitet.

Das Schuljahr 2003/2004 brachte schließlich die Zusammenlegung der Grundschulen „Uhland“ und „Süd“ im Gebäude der Uhlandschule, während die Sekundarschulen im Gebäude der Schule „Süd“ zusammengelegt wurden. Erneut mussten sich Lehrer und Schüler an neue Gegebenheiten gewöhnen. Da war es gut, dass die Leitung in bewährten Händen lag. „Wir haben diese Fusion gut gemeistert“, stellte Wiegmann mit Blick zurück fest und ist fast ein wenig zu Bescheiden. Denn mag ihr mancher hier und da eine Genauigkeit mit Hang zum Perfektionismus unterstellen, während dieser Zusammenführung bewährten sich genau diese Eigenheiten.

Nur selten rutschte der Chefin etwas durch. „Das habe ich wegvergessen“, musste sie dann ganz selten feststellen. Früh kümmerte sich die Schule um Integration. Gerade auch, weil die Schulleiterin diesen Weg unterstützte. Waren es ab den 90er Jahren zunächst die Kinder aus Spätaussiedlerfamilien, kamen vor fünf Jahren Kinder aus Syrien oder Afghanistan nach Deutschland.

Die Schulleiterin vertrat immer die Linie, dass genau dieser Zustrom eine Bereicherung sei und nahm ihre Kollegen auf diesem Weg mit, so dass die Gemeinschaft in vielen Bereichen gelang. Sportfeste, Sicherheitsaktionen oder Tage der offenen Tür, viele Aktivitäten schweißten zusammen. Besonders verbunden ist die Grundschule mit dem Karneval.

„Jeder verkleidete sich, es gab in den Klassenzimmern und Horträumen Spielangebote.“ Immer mittendrin war Angelika Wiegmann und hatte Spaß am Trubel, an der Ausgelassenheit von Schülern, Lehrerinnen und Hortmitarbeiterinnen. Gern verkleidete sie sich auch selbst.

„Das gehört am heutigen Tag schließlich dazu“, war ihr Standartsatz. Wer sich kreativ betätigte, fand bei Angelika Wiegmann immer Unterstützung. Die Kolleginnen hatten Ideen – die Chefin befand: „Das machen wir.“ So entstanden Tanz- Theater- und Musikgruppen. Auf den Bühnen Genthins und Brandenburgs waren und sind die Uhlandschüler mittlerweile gefragt. Angelika Wiegmann fühlte sich für ihre Schüler verantwortlich und verbunden. Sehr persönliche Worte fand sie bei Einschulungs- oder Verabschiedungsfeiern. Wenn ihr dieser Tage Kinder Bilder malen, Geschenke basteln oder sogar für sie backen, ist das Ergebnis genau dieser Zugewandtheit. Und die Eltern wussten ihre Kinder in der Uhlandschule in guten Händen.

Und eine gute Verbindung gibt es auch intern zum DRK-Hort, der viele Schulaktivitäten mit eigenen Ideen mitgestaltete. „Als ich vor zehn Jahren im Hort angefangen habe, bin ich von Angelika Wiegmann professionell aufgenommen worden und ihr bis heute dankbar für die Zusammenarbeit“, sagt Hortleiterin Gaby Jerkowski. Schule und Hort hätten durch die Zusammenarbeit ein hohes Niveau erreicht.

Bis zum letzten Arbeitstag war die Schulleiterin in den vergangenen Wochen gefordert. Zuletzt bei Verzögerungen von Bauarbeiten, die die Schule behindertengerecht machen sollen.

„Seit sieben Jahren haben wir ein inklusives Profil und wollen alle unsere Kinder bestmöglich unterrichten, erklärte Wiegmann jüngst ihre Bemühungen, die sie noch einmal mächtig forderten. Die ersten anstehenden Arbeiten, etwa ein Fahrstuhlanbau, hat sie selbst mit festgelegt.

Nerven bewahren hieß es auch in der Corona-Pandemie. Schulschließung, Homeschooling, ständig neue Verordnungen von Bund, Land, Kommune. Wieder waren Macherqualitäten gefragt und noch einmal zeigte Angelika Wiegmann ihr Organisationstalent, so dass Kinder, Eltern und Lehrer gut durch die schwierigen Zeiten kamen. „Da konnten wir uns sehr auf unsere Schulleiterin verlassen“, bestätigen die Lehrer. Jetzt bricht für Angelika Wiegmann eine neue Zeit an, mit der Familie, bald auch wieder mit Reisen und mit Zeit für Dinge, die allzu oft zu kurz gekommen sind.

Es ist ein Abschied von der Arbeit, aber nicht von Kollegen, Kindern, Eltern und Weggefährten – denn mit ihnen bleibt die frühere Schulleiterin in Kontakt.