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Urteil Bürgermeister unter Beschuss

Genthins Bürgermeister Matthias Günther ist mit seiner Auskunfts-Klage gescheitert. Das bleibt für den Stadtrat nicht folgenlos.

Von Simone Pötschke 10.10.2020, 01:01

Genthin l Der Urteilsspruch im Gerichtsverfahren, bei dem Genthins Bürgermeister Matthias Günther erfolglos gegen seine Amtskollegen aus Elbe-Parey und Jerichow ein Auskunftsrecht zu unternehmerischen Aktivitäten der QSG einforderte, spaltet das kommunalpolitische Genthin.

Die Stadt Genthin ist als Mitglied des Tourismusvereins zwangsläufig in den Sog des Gerichtsverfahrens geraten. Es gibt in den Reihen des Stadtrates sowohl Befürworter als auch heftige Gegner der Klage des Bürgermeisters. Das Urteil hat die im Stadtrat vertretenen Fraktionen weiter polarisiert.

Für Falk Heidel (Wählergemeinschaft Genthin/Mützel/Parchen) kommt das Urteil wenig überraschend. „Es ist schon zu viel Geld in diese sinnlose Aktion geflossen“, meint er. Zumal der Bürgermeister aus der Sicht Heidels vom Stadtrat für dieses Gerichtsverfahren keine Legitimation gehabt hätte. Daher sei es Zeit für ihn, daraus die persönliche Konsequenz zu ziehen. „Nicht nur beim Tourismusverein mangelt es seinerseits an konstruktiver Zusammenarbeit“, moniert Heidel.

Laut Recherche der Volksstimme gibt die Geschäftsordnung dem Bürgermeister Handlungsfreiheit bis zu einer bestimmten Streitwertgrenze, die im aktuellen Verfahren nicht überschritten wurde. Im Stadtrat gibt es dazu bisher Unklarheiten.

Für Klaus Voth, Chef der CDU-Fraktion, hat sich auch mit dem Urteil an der schwierigen Situation zwischen Bürgermeister und Stadtrat nichts geändert. Eine Lösung könnten nach seinem Dafürhalten nur die Beteiligten selbst finden. Voth warnt allerdings vor voreiligen Schlüssen. Um zu einer Entscheidung zu kommen, die die zukünftige Rolle der Stadt Genthin im Tourismusverein klärt, sollte die Begründung des Urteils abgewartet werden.

Auch Stadtratsvorsitzender Gerd Mangelsdorf (CDU) drängt auf Besonnenheit und mahnt wie sein Parteikollege, erst die Begründung des Urteils abzuwarten. Er hält es für sehr wahrscheinlich, dass dann der Stadtrat zu einer Sondersitzung zusammenkommt, um das weitere Vorgehen der Stadt zu diskutieren. Die Frage, ob der Stadtrat ernstlich in Erwägung ziehen könnte, die Mitgliedschaft der Stadt Genthin im Tourismusverein aufzukündigen, ließ Mangelsdorf allerdings unbeantwortet.

„Als Stadträtin möchte ich mich nicht zum Ausgang des Verfahrens äußern, da es nicht in die Zuständigkeit unseres Gremiums fällt“, sagt die Vorsitzende der Fraktion Die Linke, Gabriele Herrmann. „Allerdings hätte ich mir eine Klärung gewünscht, damit eine Basis geschaffen wird, auf der der Tourismusverein weiterentwickelt werden kann.“ Diese Klärung liege nun in der Zuständigkeit des Vereines.

Für Udo Krause von der Fraktion SPD/Wählergemeinschaft Altenplathow ist das Urteil auf Abweisung der Klage gerecht ausgefallen. Seine Fraktion sieht bei Günther schwere Verfehlungen und Versäumnisse. Der Stadtrat, so Krause unter anderem, hätte im Vorfeld über die Klage informiert werden. Außerdem bliebe der Stadtchef dem Stadtrat nach wie vor eine Antwort zu den anfallenden Kosten des Gerichtsverfahrens schuldig. Die Klage, so die Meinung der Fraktion, verschlechtere zudem die Beziehungen zu den Nachbargemeinden.

Sie sei scheinbar nur aufgrund der persönlichen Befindlichkeiten Günthers geführt worden. So entstünde der Eindruck, dass Günther einen privaten Feldzug gegen einzelne Personen führe. Als einzige Fraktion fordert die Fraktion SPD/Wählergemeinschaft Altenplathow offen den Rücktritt des Bürgermeisters, um weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden. Krauses Fazit ist ernüchternd: „Bleibt die Lage weiter so verfahren, wird Genthin wohl auch in Zukunft das Nachsehen haben und wird immer mehr ausgegrenzt.“

Der Vorwurf von Lutz Nitz (Bündnis 90/Die Grünen) an Richterin Ulrike Walter ist, dass sie die Tragweite ihres Urteils nicht überschaut haben mag. „Es geht doch hierbei nicht um die drei Personen, sondern um die Folgen für die drei Gemeinden“, sagte er gegenüber der Volksstimme. Dieses Gefühl habe er auch bei manchen Mitgliedern des Tourismusvereins, die nicht richtig einschätzen, welche Folgen ihre Handlungen im Verein haben könnten.

Grundsätzlich wollte er das Verhalten der drei Vorstandsmitglieder nicht bewerten, schließlich sei er bei keiner Sitzung dabeigewesen. „Aber ich bin schon der Meinung, dass der Vorstand gemeinsam beschließen muss, sonst sei es intransparent. Er habe aber nicht das Gefühl, dass gemeinsam nach Lösungen gesucht werde. Da gebe es eine Machtarroganz der Mehrheit.

„Fakt ist doch, dass diese drei Bürgermeister sicherlich nicht mehr kooperativ zusammen an einem Tisch sitzen werden“, meinte er. Um eine weitere Arbeit des Tourismusvereins zu gewährleisten, müsse eine Satzungsänderung her, die die Zusammenarbeit klar regelt.

Die drei Bürgermeister, die vor Gericht standen, bilden den Vorstand des Tourismusvereins, der als alleiniger Gesellschafter der Qualifizierungs- und Strukturförderungsgesellschaft (QSG) fungiert. Im Vorstand sah sich Günther von den anderen beiden Bürgermeistern ausgrenzt und rief deshalb das Gericht an. Ohne ausreichende Information über unternehmerische Entscheidungen der QSG könne er seiner Verantwortung nicht gerecht werden.