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Urteil Ortsteile gewinnen den Steuerstreit

Die Klagen aus Gladau und Paplitz gegen die Erhöhung der Hebesätze sind erfolgreich gewesen.

Von Simone Pötschke 06.06.2018, 19:27

Genthin l „Die Klagen haben Arbeit gemacht, doch sie waren alle Mühen wert“, freute sich am Mittwoch Gladaus Ortsbürgermeister und CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat Klaus Voth nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts. Voth hatte sich in den vergangenen Monaten hartnäckig aller Kritik des damaligen Bürgermeisters Thomas Barz widersetzt.

„Wir kehren jetzt nicht den großen Triumph heraus, obwohl wir uns natürlich über den Ausgang des Rechtsstreites zu unseren Gunsten freuen“, sagte Voth in einer ersten Reaktion auf das Urteil der 2. Kammer des Magdeburger Verwaltungsgerichts, das am später Dienstagnachmittag gesprochen wurde.

Die Gladauer und Paplitzer, die einen Widerspruch gegen den von der Stadt Genthin erlassenen Grundsteuerbescheid für das Jahr 2017 eingelegt hatten, schlossen sich einem Unternehmen ihres Ortsteils an, das stellvertretend die Klage am Verwaltungsgericht Magdeburg einreichte. Für Paplitz war das die Agrargenossenschaft und für Gladau die Spedition Krause.

Im September 2016 hatte die Stadt die Hebesätze für das gesamte Gemeindegebiet auf 420 Prozent (Grundsteuer B) bzw. auf 370 Prozent (Grundsteuer A) festgesetzt und damit die für Paplitz und Gladau seit der Eingliederung geltenden Hebesätze (300 Prozent für die beiden Steuerarten) erhöht.

Das Gericht hob nun die Grundsteuerbescheide auf.

Zur Begründung habe das Gericht ausgeführt, dass die Gebietsänderungsvereinbarungen entgegen der Auffassung der Stadt die Weitergeltung der Hebesätze bis zum 31. Dezember 2018 vorsehen, hieß es in einer Pressemitteilung. Ein Recht der Stadt, vorzeitig – insbesondere im Hinblick auf die Pflicht zur Haushaltskonsolidierung – die Hebesätze zu erhöhen, ergebe nach Auffassung des Gerichtes sich weder aus der Gebietsänderungsvereinbarung noch aus den gesetzlichen Regelungen zur Anpassung öffentlich-rechtlicher Verträge. Die Festschreibung von Hebesätzen für 9,5 Jahre nach der Eingliederung verstoße weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen das Demokratieprinzip und das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde, hieß es.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Die Stadtverwaltung hatte sich bereits im Vorfeld mit den Klägern darauf geeinigt, dass im Falle eines Klage-Erfolges alle Widersprüche gleich behandelt würden.

Franz Schuster aus Paplitz rechtfertigt die Klage weniger mit juristischem Spitzfindigkeiten, dafür aber mit seinem gesunden Rechtsempfinden. „Es ging uns gar nicht um den reinen Geldbetrag, den die Steuerhöhungen ausmachen. Es ging uns darum, dass gültige Verträge wie die Gebietsänderungsverträge, die die Stadt mit den Ortsteilen eingegangen ist, einzuhalten sind. Demnach wären Steuererhöhungen erst ab 2019 möglich gewesen.“

Dreh- und Angelpunkt für die Stadträte, eine Erhöhung der Steuern in der Einheitsgemeinde zu beschließen, waren die seinerzeit desolaten finanziellen Verhältnisse der Kommune. Die Mehrheit des Stadtrates folgte der Argumentation von Bürgermeister Thomas Barz, dass die Kommune dem Land signalisieren und alle notwendigen Schritte unternehmen müsse, sich selbst zu helfen. Sonst komme sie nicht in den Genuss von Landeszuweisungen. Auch nachdem Verwaltungsgerichte in ähnlich gelagerten Verfahren zugunsten der Kläger geurteilt hatten, blieb Genthins Bürgermeister Thomas Barz optimistisch. Die Gebietsänderungsverträge von Gladau und Paplitz würden Regelungen beinhalten, unter denen es möglich sei, die Steuersätze früher anzuheben, zeigte er sich überzeugt.

Barz verteidigte Mittwoch die Entscheidung: Wir standen damals der ausdrücklichen Forderung der Landesregierung gegenüber, die Hebesätze anzuheben. Die Stadt Genthin stand kurz vor der Zahlungsunfähigkeit, und es waren viele Maßnahmen notwendig, den finanziellen Ruin zu vermeiden. Es ging nie vorrangig darum, Geld aus der Anhebung der Steuersätze zu erhalten, sondern die Stadt Genthin in die Lage zu versetzen, erhebliche Mittel aus dem sogenannten Ausgleichsstock zu beantragen und zu erhalten. Dieses Geld benötigt die Stadt sehr dringend."