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Wohnungsmarkt Konzepte gegen den Leerstand

Der demografische Wandel und Wegzug aus Genthin betrifft auch und vor allem den Wohnungsmarkt.

Von Martin Walter 22.05.2019, 01:01

Genthin l Proteste über zu hohe Mietkosten, wie in Berlin und anderen Großstädten, gibt es in Genthin zwar nicht, doch hier macht ein anderes Problem den Wohnungsvermietern zu schaffen.

„Wir werden in den nächsten zwölf Jahren rund 1700 Einwohner verlieren“, sagt Michael Weber, Geschäftsführer der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft Genthin (SWG)und verweist damit auf Zahlen des Statistischen Landesamtes Sachsen-Anhalt. Der Gesamtbestand der SWG beträgt derzeit 1030 Wohnungen. Die Leerstandquote gibt Michael Weber mit 5,5 Prozent an und geht bis 2030 von 17 bis 18 Prozent aus.

„Wir haben mit der Abwanderung zu kämpfen“, bestätigt auch Jens Thormeyer vom Vorstand der Genthiner Wohnungsbaugenossenschaft (GWG).

Sie besitzt in der Kernstadt Genthin 821 Wohnungen mit einem Leerstand von rund zehn Prozent. Das sei nicht schön, aber normal für den ländlichen Raum. In der Altmark etwa gebe es bis zu 20 Prozent Leerstand. Auch Michael Weber sagt, dass, abgesehen von Halle und Magdeburg, der Leerstand überall in Sachsen-Anhalt in etwa so hoch sei. Dessau-Roßlau als drittgrößte Stadt des Landes verfüge gar über einen Leerstand von rund 30 Prozent.

Und auch Leerstand kostet. „‚Herr Leerstehend‘ hat die gleichen Nebenkosten wie ein normaler Mieter“, sagt Michael Weber und zählt Grundsteuer, Versicherung, teilweise Beheizung, Gartenpflegekosten und Instandhaltungskosten auf. Um dem entgegenzuwirken, haben beide Wohnungsunternehmen Gebäude abgerissen. So hat die SWG allein im vergangenen Jahr rund 300 Wohnungen vom Markt genommen. Die GWG hat seit 2012 etwa 700 Wohnungen „zurückgebaut“, wie es im Fachjargon heißt.

Die SWG verfolge derzeit notgedrungen auch die Strategie, bestimmte Wohnungen und ganze Blöcke, die hauptsächlich von Rentnern bewohnt werden, nicht mehr neu zu vermieten, um sie in Zukunft abreißen zu können. Derzeit gebe es jedoch keine konkreten Abrisspläne.

Doch haben die Unternehmen auch andere Pläne für die Zukunft. „Wir reißen nicht nur ab“, sagt Jens Thormeyer und verweist auf Maßnahmen wie den derzeitigen Aufzugsanbau in der Gröblerstraße. Das soll das selbstbestimmte Leben für ältere Leute ermöglichen.

„Nichtsdestotrotz möchten wir auch für jüngere Menschen attraktiv sein“, ergänzt er. Denen sei es beispielsweise wichtig, alle Medien zur Verfügung zu haben, weshalb die Wohnungen ans Breitband angeschlossen sein müssen.

Michael Weber weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich der Wohnungsgeschmack geändert habe. Vor allem die Wohnungen mit kleinen Bädern und Küchen seien nicht mehr attraktiv.

„In 10 bis 15 Jahren werden viele der jetzigen Wohnungen keine Marktakzeptanz mehr haben. Dann bleiben wir auf dem Bestand sitzen.“ Deshalb gelte es, einen anderen Blickwinkel zu entwickeln.

„Wir brauchen andere Raumaufteilungen und eine bessere Grundausstattung.“ Der Wohnungsmarkt werde quantitativ schrumpfen, sich aber qualitativ steigern, fasst er zusammen.