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Aktionen Ochsentour nach Quedlinburg

Die Mitglieder des Soltauer Salzsiedervereins stellen einen historischen Salz-Transport nach Quedlinburg nach.

Von Ingmar Mehlhose 21.05.2018, 09:00

Soltau/Quedlinburg l „Es ist eines der letzten Abenteuer Norddeutschlands“, sagt Wilfried Worch-Rohweder. Der 64-Jährige ist Vorsitzender des Soltauer Salzsiedervereins. Dieser existiert seit 2008 und würdigt das jetzt anstehende kleine Jubiläum durch ein besonderes Projekt.

Mit einem von zwei Ochsen gezogenen Wagen startet am Dienstag, 22. Mai, eine Reise von der Stadt in der Lüneburger Heide bis nach Quedlinburg. Laut Worch-Rohweder hat die Art der Fortbewegung einen historischen Hintergrund. Nach der Schenkung des früheren Curtis Salta – Hof an der Salzaue – in Soltau im Jahre 936 durch König Otto I. an das Reichskirchenstift wurde das weiße Gold vermutlich auf diese Weise transportiert. Im Quedlinburger Kloster diente es dazu, Tierhäute zu konservieren. Aus diesen wurde Pergament für die Schriften, Bücher und Urkunden gefertigt.

15 Etappen liegen vor den Zwillingen Oskar und Paul, die mit ihren 900 beziehungsweise 950 Kilogramm Gewicht wirklich majestätisch daherkommen dürften. Die Ochsen gehören der vom Aussterben bedrohten Rasse Schwarzbuntes Niederungsvieh an. Geführt werden sie von Jürgen Schlüter aus Sonnewalde, der sich in seiner Rinderschule für den Erhalt der Art engagiert.

30 Frauen und Männer sind im Soltauer Salzsiederverein derzeit engagiert, berichtet dessen Vorsitzender. Sie wollen sich unterwegs bei der Begleitung abwechseln. Die Route führt über Wietzendorf, Bergen, Sülze, Groß Hehlen/Celle, Altencelle, Bröckel, Rietze, Bordfeld/Braunschweig, Rüningen und Wolfenbüttel bis nach Hornburg.

Von dort geht es am Sonnabend, 2. Juni, nach Osterwieck. Worch-Rohweder: „Wir beteiligen uns am Mittelaltermarkt.“ Dazu haben die Niedersachsen einen selbstgebauten mobilen, um die 800 Kilogramm schweren Salzsiedeofen mit im Gepäck.

Die letzten Teilstücke führen am Montag, 4. Juni, in das Schachdorf Ströbeck und von dort am Dienstag, 5. Juni, nach Quedlinburg. Geplant ist zudem gegen 12 Uhr ein Zwischenstopp auf dem Halberstädter Holzmarkt.

Dass das alte Handwerk der Salzgewinnung wiederbelebt worden ist, verdanken Worch-Rohweder und seine Mitstreiter übrigens einem Zufall. Der im Hauptberuf als Rechtsanwalt tätige 64-Jährige hatte ein Grundstück in Soltau erworben. Was er damals nicht ahnte: In 14 Metern Tiefe ruht das weiße Gold. Von dessen Existenz erfuhr er erst beim Sichten von Unterlagen.

Ebenso, dass für das Grundstück noch geltendes Salzrecht bestand. Mithilfe eines Wünschelrutengängers fand der zukünftige Hobby-Sieder die Stelle, wo seit vorchristlicher Zeit eine Solequelle sprudelte. Wilfried Worch-Rohweder: „Die Soltauer hatten einst die salzige Flüssigkeit dafür benutzt, um ihre Fleisch- und Gemüsevorräte haltbar zu machen.“

Seine Idee, das Salzrecht zu nutzen, um ein altes Handwerk wiederzubeleben, fand schnell Zuspruch. Der Verein wurde gegründet, der Solebrunnen über der Quelle mit Holz eingerahmt sowie daneben aus Fachwerk und Backsteinen die Siedehütte errichtet.

Zum Sieden wird allerdings Sole aus der nahegelegenen Therme genutzt. Statt Buchenholz verwenden die Mitglieder zur Herstellung des Soltauer Salinensalzes zumeist Wärme aus einer Biogasanlage. Worch-Rohweder: „Sonst wären die Energiekosten zu hoch.“ Und das Salz zu teuer.

Ein Leinensäckchen enthält „18 Lot“. Das sind etwa 250 Gramm. Die Nachfrage ist so groß, dass die Mitglieder mit der zeitintensiven Produktion nicht nachkommen, sagt der Vereinschef. Obwohl: „So drei bis vier Tonnen jährlich, die schaffen wir.“