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Altstadt Rettung für Häuser in Sicht

Es gibt sie noch, Fachwerkhäuser in der Altstadt Halberstadts, die verwaist und meist stark verfallen sind. Trotzdem werden sie saniert.

Von Jörg Endries 24.07.2018, 06:00

Halberstadt l Bewegung kommt nach langen Jahren des Stillstands in die Zukunft des Hauses Voigtei 28/30 in Halberstadt. Vielen Halberstädtern ist das Gebäude noch als Sitz der Fleischerei Bicke bekannt. Das Geschäft schloss bereits vor Jahrzehnten die Pforten. Sanierungspläne des Altbesitzers, von denen immer noch ein Info-Schild an der Fassade kündet, waren damit ebenfalls ­hinfällig. Seitdem haben ­mehrfach die Besitzer gewechselt.

Seit Kurzem hat die Immobilie in attraktiver Altstadt-Lage einen neuen Eigentümer, der etwas bewegen will, informiert Frank Müller. Der Bauingenieur aus Halberstadt ist mit der Planung der anstehenden aufwendigen Arbeiten beauftragt worden.

„Der Kern des Vorderhauses stammt etwa aus dem Jahr 1650. Der viel spätere Anbau der Fleischerhalle habe dem Gebäude nicht gut getan, sondern geschadet, weil er lieblos dran geklatscht wurde.“

Bauingenieur Frank Müller

„Das Gebäude befindet sich in keinem guten Zustand“, attestiert Frank Müller. Im Vorderhaus gibt es Nässe-Schäden. Untrügliches Anzeichen dafür sind im Obergeschoss tief herunterhängende Decken. Die Treppe ins Dachgeschoss ist mit Vorsicht zu genießen, die Stufen sind vergammelt, es riecht modrig. Beim Betreten der ehemaligen Geschäftsräume sticht das Chaos ins Auge. Müll und Gerümpel türmt sich auf, alte Schränke stehen ­herum. Im hinteren Teil des Hauses, in dem sich einst die Fleischerei befand, liegen tausende Kunstdärme herum: Überbleibsel der einstigen hauseigenen Wurstproduk­tion.

Familie Igor Kijan, die das Gebäude erwarb, hat sich davon nicht abschrecken lassen und mit dem großen Aufräumen begonnen. Schweißtreibende Handarbeit und dreckig zudem. Tonnen von Unrat sind zu entrümpeln. Fast 20 Jahre Leerstand haben Spuren hinterlassen.

„Der Kern des Vorderhauses stammt etwa aus dem Jahr 1650. Der viel spätere Anbau der Fleischerhalle habe dem Gebäude nicht gut getan, sondern ­geschadet, weil er einst lieblos dran geklatscht wurde“, ­informiert Frank Müller. Die wilde Baugeschichte des ­Gebäudes könne man anhand der verschiedenen Baustile gut verfolgen. Immer wenn die Eigentümer in den zurückliegenden Jahrhunderten mal Geld hatten, wurde gebaut und damit etwas verändert.

Die Sanierungsplanung befindet sich noch in einer frühen Phase, so Frank Müller. Das Konzept wird derzeit mit dem ­Bauherren abgestimmt, um dann Fördermittel beantragen zu können. Vorgesehen sei, dass etwa vier Wohnungen entstehen.

2019 könnte auch die Wende für das Haus Voigtei 43 bringen, kündigt Frank Müller an. Das schätzungsweise um 1700 erbaute Gebäude habe ebenfalls einen neuen Besitzer, der frischen Wind in die Geschichte des Fachwerkbaus bringt. Auch er habe sich nicht vom furchtbaren Zustand abschrecken lassen. Wer bereits beim Anblick der Fassade einen großen Schreck bekommt, bekommt bei der Rückfront einen Herzinfarkt. Die ist nackt, das Fachwerk entblößt. Leerstand und der Zahn der Zeit haben der Holzkonstruktion böse mitgespielt. Teils zerbröselt das Holz. Die Treppenanlage im Gebäude ist völlig defekt. Trotzdem sei das Haus kein hoffnungsloser Fall, betont Frank Müller. „Das sieht der Eigentümer Gott sei Dank genauso.“

Geplant sei, in jedes Geschoss eine Wohnung zu installieren. Vielleicht sogar nur zwei Maisonett-Wohnungen, also pro Wohnung zwei Etagen. Da will man sich kurzfristig am Wohnungsbedarf in Halberstadt orientieren. Im Gebäude selbst wird es künftig keine Treppenanlage mehr geben. „Ein sogenannter Laubengang ist vorstellbar, über den die Wohnungen von außen erschlossen werden“, sagt der Bauingenieur. Balkone soll das Gebäude ebenfalls erhalten. Die seien heutzutage Pflicht.

Sollten wie vorgesehen im kommenden Jahr die ­Bauarbeiten beginnen, könnte zwei Jahre später die Sanierung der Voigtei 43 abgeschlossen sein.