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Kreisverwaltung schreitet wegen Einsturzgefahr des Gebäudes ein / Freude in der Nachbarschaft Bahnhofshotel wird abgerissen, ein Schandfleck weniger an "Ruinenmeile"

Von Regina Urbat 25.08.2012, 05:18

Das einsturzgefährdete Bahnhofshotel in Halberstadt wird abgerissen. Endlich kommt der Schandfleck weg, freuen sich Bewohner in der Nachbarschaft. Den Auftrag hat die Kreisverwaltung erteilt, da sich der Eigentümer nicht rührte.

Halberstadt l Vorsichtig greift die Baggerabrissschaufel einen aus dem Dach heraushängenden Balken. Kaum angetippt, kracht es laut, Staub wird aufgewirbelt. Der Küchentrakt des alten Bahnhofshotels fällt in sich zusammen. "Man ist der Anbau morsch", stellt Stephan Weinrich fest, während sein Bruder Matthias Wasser auf den Trümmerhaufen sprüht. "Endlich kommt der Schandfleck weg", mischt sich Harald Bohm ein. Er gehört zur Vielzahl der Schaulustigen, die gestern Vormittag mit einem Ausdruck der Freude im Gesicht die Arbeiten beobachteten.

Seit Jahren ist das altehrwürdige Gebäude in der Bahnhofsstraße den Halberstädtern ein Dorn im Auge. Bis vor der Wende diente es als Hotel und Restaurant und wurde von so manchem Reisenden gern zur Stärkung mit Speis und Trank genutzt. Pläne, es nach 1990 wieder zu nutzen, zerschlugen sich wegen fehlender Investoren. So war das Hotel dem Verfall preisgegeben. Brandstiftungen und Vandalismus taten ihr Übriges.

Schon Oberbürgermeister Harald Hausmann (parteilos), bis 2007 Vorgänger von Andreas Henke (Linke), hatte Schandflecken an der "Ruinenmeile" in Halberstadt den Kampf angesagt. Doch wenn sich Eigentümer querstellten, war er machtlos. Dies galt auch für das Bahnhofshotel.

Wegen der Gefahr, dass Passanten durch herabfallende Ziegel oder Mauersteine verletzt werden könnten, ließ das Bauordnungsamt der Kreisverwaltung das Areal absperren und beauflagte gleichzeitig den Eigentümer mit dem Abriss. Zu retten war wegen der Baufälligkeit nichts mehr.

Es sollten weitere drei Jahre vergehen, bis nun die Abbruchfirma Weinrich aus Wernigerode anrückte. "In solchen Fällen müssen erst alle Rechtsmittel ausgeschöpft werden, bis die Kreisverwaltung den Abriss anordnen kann", so die Pressesprecherin Ingelore Kamann auf Volksstimme-Nachfrage.

Die Spezialisten der Abrissfirma haben auf der Rückseite des Gebäudes mit den Arbeiten begonnen. "Wir brauchen Baufreiheit", begründet Stephan Weinrich. Mit dem Einsatz schwerer Technik kommen seine Leute schnell voran, um den Anbau abzureißen. Ist der Bauschutt, der überwiegend Sondermüll ist, sortiert und abtranportiert, wird dem großen Fachwerkhaus mit Handarbeit zu Leibe gerückt. "Wegen der Einsturzgefahr müssen wir vorsichtig Stein für Stein abtragen", so Stephan Weinrich. Demzufolge könne er auch nicht sagen, wie lange genau die Arbeiten andauern. Vielleich zwei oder noch drei Wochen. "Fest steht, wir hinterlassen eine ebene Fläche". Augenzwinkernd fügt der Wernigeröder hinzu: "Wird darauf Rasen gesät, können im nächsten Sommer hier Familien picknicken." Und mit Blick zu den Schaulustigen auf den Balkonen in der angrenzenden Beckerstraße ergänzt er: "Na, ist der Schandfleck vor ihrer Nase erst mal weg, haben all diese Mieter einen eins-a-Ausblick."