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Eigentümer und Landpächter sehen Naturschutz gefährdet / Behörden weisen Anschuldigungen zurück Beweidung im Okertal sorgt für Proteste

Von Sandra Reulecke 23.07.2013, 03:10

Die Beweidung des Naturschutzgebietes "Okertal" sorgt bei den Eigentümern der betroffenen Flurstücke für Unmut. Sie kritisieren nicht nur die Arbeit des dortigen Schäfers, sondern fühlen sich außerdem von den Behörden übergangen. Die Ämter sind den Vorwürfen nachgegangen und weisen sie zurück.

Göddeckenrode/Wülperode l Idyllisch und nahezu unberührt wirkt das Naturschutzgebiet "Okertal" bei Göddeckenrode und Wülperode. Doch dieser friedliche Schein trügt, die Beweidung der 82 Hektar großen Fläche durch eine Herde Schafe sorgt unter den Eigentümern und Landpächtern für Unmut. "Grundsätzlich haben wir nichts gegen eine Mahd durch eine Schafherde, aber sie muss professionell ausgeführt werden", betont Bernd Albrecht. "Das ist derzeit nicht der Fall. Mit Naturschutz hat das meiner Meinung nach nichts zu tun."

"Grundsätzlich haben wir nichts gegen eine Mahd durch eine Schafherde, aber sie muss professionell ausgeführt werden. Das ist derzeit nicht der Fall."

Bernd Albrecht, Jagdpächter Göddeckenrode

Seit zwölf Jahren ist der Göddeckenröder Jagdpächter in dem Gebiet, zu dem nur wenige Personen Zutritt haben. Spaziergänger und Wanderer sind dort nicht willkommen, nur die Landpächter, Eigentümer, Mitarbeiter der Naturschutzbehörde und der zuständige Schäfer dürfen es betreten. "Bislang hat man einfach alles ungehindert wachsen lassen. Um jedoch die Verkrautung zu verhindern und die Sortenvielfalt der Pflanzen zu erhalten, sollen die Flächen jetzt beweidet werden", sagt Albrecht.

Seit diesem Jahr nimmt ein Schäfer mit seiner Herde diese Aufgabe wahr. "Aber ich bezweifele, dass er mit seinen rund 30 Schafen in der Lage ist, eine so große Fläche zu beweiden", so Albrecht. Hinzu komme, dass die Herde nur unzureichend bewacht werde. "Mehrmals sind Tiere in die umliegenden Felder ¿ausgebüxt\' und haben dort alles platt getrampelt", klagt der Jagdpächter. "Zumal momentan gar keine Beweidung stattfinden dürfte. Zumindest war es früher so geregelt, dass die Zeit auf das Frühjahr und den Zeitraum von August bis zum Wintereinbruch begrenzt war, um im Sommer die Brut und die Aufzucht der wild lebenden Tiere nicht zu stören."

Weiterhin kritisiert Albrecht, dass auf den Wiesen bereits tiefe Fahrspuren vom Fahrzeug des Schäfers erkennbar seien. Das berge die Gefahr, dass diese neuen Wege von Reitern und Wanderern genutzt werden könnten. "Denen kann man dann nicht mal einen Vorwurf machen. Sie sehen die Wege und denken sich nichts dabei. Aber es ist nun mal ein Naturschutzgebiet, und das sollte unberührt bleiben", so der Jagdpächter. Er stellt außerdem eine Frage in den Raum: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Anpflocken der zwei jungen Kälber mit solch kurzen Ketten und nur einer, relativ weit entfernten Wasserstelle rechtens ist."

Mit seiner Kritik steht Albrecht nach eigenen Angaben nicht allein da. Das Naturschutzgebiet "Okertal" ist in mehrere Flurstücke aufgeteilt, die meisten seien in Privatbesitz. "Ich habe schon mit mehreren der Eigentümer gesprochen und sammle Unterschriften, um den Zustand endlich zu ändern", betont Bernd Albrecht. Bislang hätten fünf Landbesitzer Einspruch gegen das Agieren des derzeitigen Schäfers eingelegt.

"Besonders ärgert sie, dass sie im Vorfeld nicht gefragt oder zumindest von der Naturschutzbehörde über die Beweidung ihrer Flächen informiert wurden", sagt Albrecht. Und einen Antrag auf Mahd hätten sie beim Amt auch nicht gestellt. Albrecht steht, wie er betont, im ständigen Kontakt mit den zuständigen Behörden. "Bislang jedoch ohne wirklichen Erfolg", resümiert der Göddeckenröder.

"Beweiden ist in Naturschutzgebieten grundsätzlich erlaubt, sowohl für Schafe, Kühe oder Ziegen", informiert Denise Vopel. Die Pressesprecherin des Landesverwaltungsamtes weiter: "Auf Antrag des Schäfers wird ein Nutzungszertifikat von der oberen Naturschutzbehörde erteilt. Dieses entbindet ihn jedoch nicht, sich von den Pächtern und Eigentümern eine Erlaubnis einzuholen." Wie Kreis-Umweltamtsleiterin Christine Werner mitteilt, sei in diesem Feststellungsbescheid die Nutzung der Weideflächen geregelt. Konkret seien die Weideflächen, die Art der Beweidung sowie weitere Festlegungen zum Schutz der Flächen im Naturschutzgebiet festgeschrieben. "Der Bescheid ergeht unbeschadet Rechte Dritter", so die Amtsleiterin.

"Es gab bereits einen Vor-Ort-Termin, bei dem die geschilderten Vorwürfe hinsichtlich möglicher Verstöße gegen den Naturschutz nicht vorgefunden wurden."

Ingelore Kamann, Pressesprecherin Kreisverwaltung Harz

"Dass in diesem Gebiet ein Konflikt besteht, ist uns bekannt. Es wird versucht, einen Kompromiss zu finden", informiert Ingelore Kamann. Die Pressesprecherin der Kreisverwaltung Harz teilt mit: "Es gab bereits einen Vor-Ort-Termin, bei dem die geschilderten Vorwürfe hinsichtlich möglicher Verstöße gegen den Naturschutz nicht vorgefunden wurden. Die Naturschutzbehörde wird auch künftig möglichen Hinweisen nachgehen." Sporadisch würden weitere Kontrollen stattfinden und man habe sich mit dem Veterinäramt in Verbindung gesetzt. "Hier lagen bereits zwei Anfragen zur Problematik der Tierhaltung vor. Danach wurde der Tierhalter vom Amt angehört und aktenkundig belehrt", berichtet Ingelore Kamann.

Tierschutzrechtliche Bedenken zur Beweidung lägen jedoch nicht vor. So sei das Anbinden von Rindern im Alter über sechs Monate nicht unrechtmäßig, sofern eine entsprechende Versorgung gewährleistet sei. Auch sei nach Kenntnisstand des Veterinäramtes der Tierhalter täglich vor Ort. "Von Seiten des Veterinäramtes wird es gegebenenfalls weitere Kontrollen geben", so die Pressesprecherin. Für die Volksstimme war der Schäfer nicht erreichbar.