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Bürgerbegehren Halberstadt diskutiert über Gehweg-Sanierung

Halberstadts Stadtrat lehnte das Bürgerbegehren für Rad- und Gehweg-Sanierungen ab. Nun wird erneut diskutiert.

Von Sabine Scholz 23.02.2019, 00:01

Halberstadt l Hektisches Treiben schon vor Beginn der Stadtratssitzung. Eine Änderung der Tagesordnung, eine Beratungspause wird beantragt, bevor über die Umsetzung des Bürgerbegehrens zur Verbesserung der Geh- und Radwege in Halberstadt abgestimmt werden soll. Und dann tritt Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) ans Rednerpult mit den Worten: „Wie sag‘ ich‘s meinem Kinde?“ Er habe den Auftrag, im Namen des Stadtrates mitzuteilen, dass dem Bürgerbegehren nicht gefolgt wird.
„Da alle drei Ausschüsse, also Finanz-, Stadtentwicklungs- und Hauptausschuss mit Ja und drei Enthaltungen die Durchführung der Maßnahmen befürwortet hatten, sind wir schon unangenehm überrascht“, sagte Joachim Schiemann, einer der drei Initiatoren des Bürgerbegehrens, nach der Ratssitzung. Er hatte vor der Beratungspause noch einmal dafür geworben, die Forderung umzusetzen, in den Jahren 2020, 2021 und 2022 jeweils eine Million Euro in die Sanierung von Geh- und Radwegen zu investieren.
Demokratie lebe davon, „dass Bürgerinnen und Bürger ihre begründeten Interessen auch außerhalb von Wahlterminen artikulieren und durchsetzen können“, hatte Schiemann gesagt, Beispiele in Berlin und Sachsen-Anhalt angeführt und darauf verwiesen, dass innerhalb von nur sechs Wochen mehr als 4500 Einwohner das Bürgerbegehren unterschrieben hatten. 90 Unterschriftenlisten waren „an viele engagierte Unterstützer verteilt worden, die vom 28. November bis zum 10. Januar Tausende Unterschriften“ sammelten. „Das verdient eine große Anerkennung“, so Schiemann, und es dokumentiere „die überwältigende Zustimmung und Unterstützung der Halberstädter aus der Kernstadt und den Ortsteilen für das Bürgerbegehren“.
Er wies zum Schluss seiner Rede auf die positiven Effekte der Wegesanierung hin: sie schaffe Barrierefreiheit, sorge für eine attraktivere Stadt, für eine bessere Integration der Ortsteile. Und die Lebensqualität verbessere sich „für Fußgänger mit und ohne Kinderwagen, Roller-, Rollator-, Rollstuhl- und Fahrradfahrer“., Zu Fuß zu gehen oder das Rad zu nehmen, werde populärer und damit die Luft sauberer. Auch zur Frage der Finanzierung bezog Schiemann Stellung. Er sagte: „Der nicht ausgeglichene Haushalt unserer Stadt ist ein Kernproblem und wird die Umsetzung unserer Forderungen schwierig gestalten, aber aus unserer Sicht nicht verhindern.
Wir setzen voraus, dass sich die eine Million Euro pro Jahr als Gesamtsumme versteht, die sich vorwiegend aus Fördermitteln und Zuschüssen Dritter zusammensetzen sollte. Das Land Sachsen-Anhalt hat Programme zur Förderung nachhaltiger Mobilität aufgelegt, bei denen die Höhe der Förderung bis zu 90 Prozent betragen kann. Er forderte Rat, Verwaltung und Bürger auf, gemeinsam zu überlegen, „wie wir notwendige Eigenanteile und Zuschüsse Dritter mobilisieren können“.
Oberbürgermeister Andreas Henke bedankte sich „für das Engagement im Interesse unserer Stadt“ und dass das Bürgerbegehren ein verfassungsrechtlich verbrieftes hohes demokratisches Gut ist. Dennoch hätten sich eine Probleme und Kontroversen ergeben, „die sehr manifest sind“. Wie man sich entscheide, man könne es momentan „nur falsch oder falsch machen“. Henke ging dabei nicht vordergründig auf die schwierige Finanzsituation ein, sondern betonte, dass es der Rat für angemessener halte, das Thema mit den Bürgern noch einmal intensiv zu diskutieren.
Und zwar mit den Argumenten der Initiatoren, und mit der Sicht von Politik und Verwaltung. Es gebe Befürchtungen, so Henke, dass nicht alle, die das Begehren unterschrieben haben, sich auch über die Konsequenzen im Klaren seien. „Die Bürger müssen sich voll im Klaren darüber sein, welche Wirkung ein Ja oder Nein hat. Wo dann eben nicht investiert werden kann, weil ein Rad- und Gehweg neu gebaut wird.“
Für eine sofortige Umsetzung der Bürgerforderung stimmten fünf Abgeordnete, zwei enthielten sich der Stimme, damit war dieser Antrag abgelehnt. Einstimmig fiel dann die zweite Abstimmung zur Durchführung eines Bürgerentscheids aus.