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Coronavirus Museen im Harzkreis öffnen schrittweise

Bundesweit dürfen Museen und Ausstellungen ab 4. Mai wieder ihre Türen öffnen. Im Harzkreis folgen einige Einrichtungen erst später.

Von Julia Bruns 04.05.2020, 01:01

Harzkreis l Der Countdown läuft – in vielen Kultureinrichtungen stehen die Mitarbeiter in den Startlöchern, in anderen nicht. So werden sich potenzielle Besucher des Städtischen Museums in Halberstadt und des beliebten Schraube-Museums für Wohnkultur um 1900 noch gedulden müssen. Dort warte man noch auf Desinfektionsmittel und Plexiglas, um Besucher und Personal beim Ticketkauf durch Abtrennungen zu schützen, teilt Museumsdirektorin Antje Gornig mit.

Die historischen Gebäude mit engen Gängen erschwerten zudem die Einhaltung der Abstandsregelung. Unklar sei, inwieweit Ausnahmen für ältere Gebäudestrukturen erteilt werden können. Auch in anderen Einrichtungen war immer wieder die Rede davon, dass Zubehör wie Spender derzeit vergriffen seien und auch daran eine Öffnung scheitere.

Auf Schloss Wernigerode sind ausreichend Mittel und Spender vorhanden. Dort wird die Rückkehr zum Besucherbetrieb, der am Mittwoch starten soll, nicht erst seit dem 30. April vorbereitet. Am Donnerstag vergangener Woche wurde bekannt, dass Museen unter bestimmten Auflagen ab dem heutigen 4. Mai wieder öffnen dürfen. Welche Auflagen das sind, weiß  Christian Juranek, Geschäftsführer der Schloss Wernigerode GmbH: Er hat in Sachsen-Anhalt aktiv mit weiteren Mitgliedern des Museumsverbands an der Handreichung mitgearbeitet, die Grundlage für die vorsichtige Öffnung der Häuser ist.

Im Gespräch mit der Volksstimme zählt er wesentliche Punkte auf: „Die Einrichtungen müssen Hygienekonzepte erarbeiten. Es muss gewährleistet sein, dass sich nicht zu viele Leute im Gebäude befinden.“ Orientiert habe man sich am Öffnungskonzept für den Einzelhandel: In Geschäften ist eine Person pro zehn Quadratmeter Ladenfläche erlaubt; der Museumsverband rechnet mit 20 Quadratmetern, also doppelt so viel Fläche pro Person. Im Wernigeröder Schloss mit einer Fläche von über 3000 Quadratmetern sei man noch vorsichtiger und lasse 75 bis 80 Besucher pro Stunde ein. Erlaubt wären indes bis zu 150 Menschen.

Ist ein Museum klein, wird es schwierig: „Begegnungen zwischen einzelnen Besuchern müssen vermieden werden, die Abstände müssen immer groß genug sein“, erklärt Juranek. So dürfe es schon beim Verkauf der Eintrittskarten nicht zur Schlangenbildung vor den Museen kommen.

Mindestabstände sollen mit Balken auf den Fußböden verdeutlicht werden. Zudem müsse das Kassierpersonal von den Gästen abgetrennt werden. Im Schloss erfolgt der Ticketverkauf ab sofort über den vorderen Turm. Eine generelle Maskenpflicht für das Personal gelte lediglich bei Mitarbeitern, die unmittelbaren Kundenkontakt haben. „Für Mitarbeiter, die durch Glas oder Plexiglas abgetrennt sind, gilt keine Maskenpflicht“, so Juranek.

Und Kinder? „Für sie gilt dasselbe wie für erwachsene Besucher: Kinder, die zum eigenen Haushalt gehören, sind in der Gruppe erlaubt, aber sie dürfen nicht frei herumlaufen“, erläutert er. „Wenn Eltern Gewähr dafür bieten, dass ihre Kinder dies nicht tun, ist das okay.“

Besucher dürfen sich beim Erkunden der Ausstellungsräume nicht begegnen – das bedeutet, nur Häuser, die über einen richtungsgebundenen Rundgang verfügen, dürften wieder öffnen. „Wir stellen im Rundgang Zusatzschilder auf. Zudem werden Zugang und Ausgang getrennt, um den Mindestabstand zu gewährleisten“, erklärt Christian Juranek. Besucher werden künftig über den Dienstausgang die Ausstellung verlassen.

Führungen seien bis Ende August ausgeschlossen, da dabei der Mindestabstand nicht eingehalten werden könne. Mit einem Audioguide ausgestattet, kann das Schloss aber besichtigt werden. Da die Kopfhörer keinen Schaumstoffbezug haben, könne man sie leicht desinfizieren. Veranstaltungen jeglicher Art schließt Christian Juranek bis Ende August aus. Mit einer Ausnahme: Was die Schlossfestspiele betrifft, könne er noch keine Auskunft geben – es wird derzeit erörtet, unter welchen Einschränkungen die Konzertreihe angeboten werden könnte.

Im Zeitalter der Datenschutzgrundverordnung hat eine Forderung die Museen vor Herausforderungen gestellt: Wie kann die Bewegung von möglicherweise an Corona Erkrankten nachvollzogen werden? Hier kommt das gute alte Papier zum Einsatz. „Wir müssen alle Daten erheben, dürfen sie aber nicht speichern“, erläutert Christian Juranek. „Beim Betreten müssen Besucher ihre Adresse in eine Liste eintragen. Diese Listen werden nach einem Monat zerstört.“ Es finde keine Datenverarbeitung statt.

Die Informationskette schätzt er als großes Plus für die Einrichtungen im Harz ein. Die gesamte Zeit über habe er über Newsletter oder auf den jeweiligen Webseiten aktuelle Informationen vom Museumsverband, vom Arbeitgeberverband im Landkreis Harz, vom Harzer Tourismusverband und vom Land erhalten, betont er.

Als Nicht-Mitglied im Museumsverband habe sie es schwer gehabt, an aktuelle, verlässliche Informationen zu gelangen, sagt derweil Madeleine Aulich. Die Chefin des Luftfahrtmuseums in Wernigerode berichtet von unbeantworteten E-Mails an das Gesundheitsamt des Landkreises. „Wir sind ein großes Unternehmen und tragen öffentliche Verantwortung“, gibt sie zu bedenken.

Gestartet sei das Luftfahrtmuseum mit besten Besucherzahlen – bis der Shutdown folgte. 2019 war gar das erfolgreichste Jahr seit der Öffnung der Ausstellung mit 85.000 Besuchern. Da laut Museumsverband jegliche Aktiv- und taktile Angebote, zum Beispiel mit Touch-Screens und VR-Brillen, ausgeschlossen sind, bleiben zwei neue Experimente abgesperrt. Sie vermitteln den Bernoulli-Effekt, der den Auftrieb von Flugzeug-Tragflächen ermöglicht. Kleine Bälle müssten dafür von den Besuchern angefasst werden. Einen neuen Simulator, bei dem man mit Körperbewegungen ein Flugzeug steuern kann, dürfen Besucher derweil nutzen. „Der ist kontaktfrei“, sagt sie und führt es vor dem Bildschirm vor. Das Museum auf 6000 Quadratmetern öffne am Wochenende vom 8. bis 10. Mai sowie ab 15. Mai bis 1. Juni. „Es ist ein Testlauf“, betont sie.

Schräg gegenüber vom Luftfahrtmuseum befindet sich die kleine Design-Ausstellung „form gestaltung in der ddr“. „Zweckfreiheit hat ja immer auch einen eigenen Reiz, macht das Selbstverständliche zum Besonderen und erzeugt Vorfreude auf das Kommende“, findet Sammler Axel Rachwalski. „Insofern ist geplant, die Ausstellung mit den notwendigen Einschränkungen ab dem Wochenende 16. und 17. Mai, dem internationalen Museumstag, mit den neuen Öffnungszeiten wieder zugänglich zu machen.“ Geöffnet ist die Schau samstags und sonntags von 10 bis 14 Uhr.

Die Einrichtungen der Kulturstiftung Sachsen-Anhalt öffnen gestaffelt ab dem 12. Mai. „Wir wollen gut vorbereitet sein, möchten unsere Gäste schützen und nutzen dafür diese Woche“, sagt Pressesprecherin Eta Erlhofer-Helten. „Wir bitten unsere Besucher, möglichst vorab Online-Tickets über unsere Webseite zu kaufen, damit keine Schlangen beim Einlass entstehen.“ Auch über geänderte Öffnungszeiten solle man sich online informieren. Kloster Michaelstein und die Lyonel-Feininger-Galerie in Quedlinburg werden ab dem 13. Mai, Burg Falkenstein sowie Dom und Domschatz in Halberstadt ab dem 20. Mai voraussichtlich öffnen.

Zusätzlich werden digitale Angebote bereitgestellt. „Wir bieten auf unserem YouTube-Kanal Videos an“, sagt Simon Sosnitza, Leiter des Museums im Kloster Michaelstein. Darin werden seltene Kräuter vorgestellt. „Und wir wollen demnächst Online-Bastelanleitungen für Kinder auf unsere Webseite stellen.“

Auch das Berend-Lehmann-Museum für jüdische Geschichte in Kultur in Halberstadt wird nicht vor dem 12. Mai wieder öffnen, war von Jutta Dick zu erfahren. Einzelbesucher oder eine Familie könnten dann die Einrichtung in Halberstadts historischer Altstadt besuchen, für Gruppen sei dies nach wie vor nicht möglich. Kommentar