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Corona Darum ist Alexander Werner, Chef des Langensteiner Schäferhofs, kein Freund von Hotel-Modellprojekten

Von Sandra Reulecke 16.04.2021, 17:52

Langenstein

Freizeit. Ein Wort, das für Andreas Werner Seltenheitswert besitzt. Normalerweise ist der gelernte Koch und Geschäftsführer des Hotels Schäferhof Langenstein in Langenstein immer dann besonders gefragt, wenn andere Leute sich eine Auszeit gönnen. In den Ferien etwa, an Feiertagen oder am Wochenende. Seit November hat sich das stark gewandelt. Seitdem sind Hotel und Gaststube geschlossen. „Ich genieße es auch mal, sonntags auf der Terrasse zu sitzen und Zeit für die Familie und private Dinge zu haben“, sagt Werner.

Was aber nicht bedeuten solle, dass er nicht dem Tag entgegenfiebert, an dem er wieder Gäste für die 21 Hotelzimmer und 46 Restaurantplätze im Inneren begrüßen dürfe. Auch schmiede er mit seinem Team schon wieder Pläne für – zumindest kleine – Veranstaltungen. Hutkonzerte etwa, für die sich lokale Bands anmelden dürfen. „Die hatten wir 2020 auch und die Resonanz darauf war sehr gut“, berichtet der 39-Jährige.

Blick in den Südharz

Jedoch rechne er nicht so schnell damit, dass Musiker die Gäste des Schäferhofes – bis zu 450 Personen finden im Außengelände Platz – erfreuen dürfen. „Nicht vor Ende Mai“, so seine Schätzung. „Dann entspannt sich die Situation wieder. Das Wetter wird besser, man kann draußen sitzen und vor allem sind dann mehr Menschen geimpft.“

Schon früher zu öffnen, etwa im Rahmen eines Modellprojekts, wie gerade in Stolberg für Hotels und in neun Orten des Harzkreises für die Außengastronomie angelaufen, könne er sich nicht vorstellen. „Ich gucke nicht neidisch in den Südharz oder etwa nach Wernigerode. Ich bin kein Freund von Modellprojekten“, stellt der Blankenburger klar. „Das ständige Auf und Zu bringt auch niemandem etwas. Der Personal- und Wareneinsatz ist schwer zu kalkulieren. Man muss die Leute erst aus der Kurzarbeit holen, um sie dann womöglich gleich wieder reinzuschicken. Wenn man das alles aufrechnet, lohnt es sich für die meisten Kollegen ehrlich gesagt nicht.“

Auch das ist eine Folge von Corona: Die Leute haben gemerkt, dass nicht alles selbstverständlich ist und wie viel Lebensqualität Gastronomie für sie bedeutet.

Zudem glaube er nicht, dass solche Modellprojekte für die Gäste einen großen Nutzen hätten. „Touristisches Geschäft funktioniert nur, wenn ein touristisches Komplettangebot geboten wird“, betont Werner. „Das normale touristische Leben findet aktuell doch nicht statt. Es fehlen Ausflugsziele, die Harztouristen erleben wollen, wie die Seilbahn in Thale oder die Harzer Schmalspurbahnen, die zum Brocken fahren.“ Mehr als Wandern sei aktuell doch nicht möglich.

Wobei das gerade hoch im Kurs stände – bei den Harzern selbst. „Das ist die goldene Seite von Corona. Die Leute entdecken ihre Heimat ganz neu.“ Das höre er oft von den Besuchern, die sich im Schäferhof ein Eis zum Mitnehmen holen oder sich als Stärkung auf ihrer Wanderung eine Portion Pommes frites auf dem Regenstein gönnen. Den Kiosk auf der Ruine nahe Blankenburg betreibt das Schäferhof-Team ebenfalls. „Die Menschen sind unheimlich dankbar, dass wir da sind, und geben oft ein großzügiges Trinkgeld“, sagt Andreas Werner. „Auch das ist eine Folge von Corona: Die Leute haben gemerkt, dass nicht alles selbstverständlich ist und wie viel Lebensqualität Gastronomie für sie bedeutet.“

Nur eine Hochzeit im Jahr 2020

So positiv das auch ist, so negativ wirkt sich Corona auf den Umsatz des Unternehmens aus, etwa auf das Veranstaltungsgeschäft. So sind 2019 37 Hochzeiten auf dem Schäferhof ausgerichtet worden, 2020 sollten es ähnlich viele sein. „Wir waren mit Hochzeiten komplett ausgebucht, stattgefunden hat dann aber nur eine“, berichtet der Geschäftsführer.

Mit Buchungen für dieses Jahr seien die Gäste ebenso vorsichtig wie er selbst. „Ich rate ihnen dazu, die Feier auf nächstes Jahr zu verschieben. Wenn man schon heiratet, will man das doch nicht in einer abgespeckten Variante tun.“ Für 2022 und 2023 seien so bereits die ersten Reservierungsanfragen für große Feiern eingegangen.

Waren die im Vorjahr auch in der Lockdownpause nicht möglich, sei das Geschäft in anderen Bereichen jedoch ab Mai gut wieder angelaufen. „Die Resonanz war zwischendurch kaum zu bewältigen. Das Hotel und die Gaststätte waren immer voll. Es war eine wahnsinnig tolle Saison“, schwärmt Andreas Werner.

Und dann kam der November und damit die erneute Schließung. Lediglich Hofladen, Eisfenster und der Kiosk auf dem Regenstein dürfen noch öffnen. „Immerhin spült das ein bisschen was in die Kasse“, so Werner.

Nur bedingt Verständnis für Lockdown

Verständnis dafür, dass Hotel und Restaurant zu bleiben müssen, habe er nur bedingt. Zu umfassend seien die Hygienekonzepte, die im vorigen Jahr entwickelt wurden und deren Wirksamkeit sich bewiesen habe. „Bei Statistiken kommt immer wieder heraus, dass wir keine Infektionstreiber sind“, sagt er. „Ich kann es mir nur so erklären, dass mit den Öffnungsverboten versucht wird, die Leute dazu zu bringen, möglichst wenig unterwegs zu sein.“

Auf der einen Seite könne er das mit Blick auf die Infektionszahlen und die hohe Belastung für Personal im medizinischen Bereich nachvollziehen. Auf der anderen Seite aber habe er seine eigenen Mitarbeiter im Blick. „Sie sind demotiviert mittlerweile, es macht sich eine gewisse Lethargie breit“, berichtet der Chef. „Ich bin froh, dass noch niemand von ihnen von Bord gegangen ist. Noch nicht.“

Sanierung auf dem Regenstein

14 Mitarbeiter gehören zum Schäferhof-Team, die aktuell in Kurzarbeit sind, dazu kommen Aushilfen, die darauf hoffen, bald wieder arbeiten zu dürfen.

Wann das sein wird, darüber mache er sich keine Gedanken. „Ich hatte schon mehrfach Hoffnung, und die wurde immer wieder zerstört“, erläutert Andreas Werner. Bis dahin wolle er sich auf andere Aufgaben konzentrieren. Auf die grundhafte Sanierung des Panorama-Restaurants auf dem Regenstein etwa und auf die Dinge, die im Alltagsgeschäft im Hotel sonst liegenbleiben.

Sorgen, dass aus der Corona-Zwangspause eine dauerhafte Schließung werde, habe er nicht. „Wir sind gut aufgestellt und die Hilfen kommen. Ich gucke optimistisch in die Zukunft.“ Die Postkarten, die Stammgäste seit dem erneuten Lockdown schicken, geben ihm und seinem Team zudem Auftrieb.