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Cecilienstift Halberstadt verabschiedet letzte Zivis / Pascal Jordan: "Der Zivildienst ist keine verschenkte Lebenszeit"

Von Jörg Endries 05.07.2011, 06:30

Zivildienst ade! Mit der Abschaffung der Wehrpflicht endet auch der Ersatzdienst in sozialen Einrichtungen. Im Diakonissen-Mutterhaus Cecilienstift, wo der Zivildienst eine lange Tradition hat, wurden jetzt die letzten drei Zivis feierlich verabschiedet.

Halberstadt. Die Welt hat sich verändert. Für das Cecilienstift in Halberstadt ganz speziell, denn seit dem 1. Juli gibt es in Deutschland keinen Zivildienst mehr. Mit der Abschaffung des Wehrdienstes werden junge Männer, die keine Waffe in die Hand nehmen wollen, auch nicht mehr zu einem Ersatzdienst gezwungen. Aus diesem Grund wurden im Diakonissen-Mutterhaus Cecilienstift in der vergangenen Woche die letzten drei Zivis verabschiedet.

Und weil man im Halberstädter Stift in den zurückliegenden Jahrzehnten durchweg gute Erfahrungen mit dem Zivildienst gemacht hat - auch mit den letzten drei jungen Männern - nahm man sich Zeit für eine kleine Abschiedsfeier. In Anwesenheit von Ingrid Schönfeld, die Regionalleiterin des Bundesamtes für Zivildienst, bedankten sich Verwaltungsdirektor Holger Thiele und Pfarrerin Hannah Becker bei Andreas Majaura, Pascal Jordan und Rick Hercht für ihr Engagement im Kindergarten und im Zentralen Dienst der Einrichtung.

Insgesamt 352 junge Männer kamen im Stift im Rahmen des Zivildienstes zum Einsatz. Sie kümmerten sich um Senioren, Kinder und Behinderte. Für einige wurde der Dienst am Menschen zur Lebensaufgabe. Nach dem Ende des Zivildienstes absolvierten sie eine Berufsausbildung und verdienen heute ihre Brötchen im Cecilenstift Halberstadt, dass immerhin etwa 300 Mitarbeiter beschäftigt. Einer von ihnen, insgesamt waren es 25, ist Thomas Winkler. Der heute 40-Jährige war der letzte DDR-Zivildienstleistende im Cecilienstift Halberstadt und der erste Zivi nach der politischen Wende 1989. Er fand während des Zwangsdienstes seine Berufung. Thomas Winkler arbeitet heute im Wohnheim Am Park und kümmert sich dort um Behinderte. Er bedauert, dass es den Zivildienst nicht mehr gibt. "Auch ich hätte ohne diesen Zwangsdienst nie den sozialen Kontakt zu Behinderten, Kindern und Pflegebedürftigen gefunden und den passenden Beruf, der Freude bereitet und einen erfüllt", so Winkler. Zum Bundesfreiwilligendienst würden nur noch die kommen, die Lust haben.

"... ein Stück gute Vorbereitung auf das Leben"

Pascal Jordan war in der Kindertagesstätte des Stifts in der Gröperstraße eingesetzt. Für die Mädchen und Jungen dort eine einmalige Erfahrung, da es nicht so häufig vorkommt, dass männliche Erzieher sich um die Jüngsten kümmern. "Der Zivildienst ist keine verschenkte Lebenszeit, sondern ein Stück gute Vorbereitung auf das Leben", bestätigte der 19-Jährige. Seine Berufsentscheidung hat der Dienst jedoch nicht beeinflusst. Pascal Jordan beginnt ein duales Technik-Studium.

Völlig offen ist, ob der neue Freiwilligendienst die Lücke füllen kann, die durch die Abschaffung des Zivildienstes auch im Diakonissen-Mutterhaus Cecilienstift Halberstadt entstanden ist. Bis gestern lag noch keine einzige Bewerbung eines oder einer Freiwilligen vor.