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Polizei ermittelt bei Dardesheim Dreister Diebstahl im Harz: Halbe Million Euro Schaden in Windpark

Im Windpark Druiberg bei Dardesheim (Harzkreis) haben zum wiederholten Mal Unbekannte im großen Stil Kupferkabel gestohlen. Was das Kuriose an der Tat ist.

Von Dennis Lotzmann Aktualisiert: 03.01.2025, 14:12
Die insgesamt 40 Anlagen im Windpark Druiberg bei Dardesheim (Harzkreis) waren in den vergangenen Monaten immer wieder das Ziel von Buntmetalldieben.
Die insgesamt 40 Anlagen im Windpark Druiberg bei Dardesheim (Harzkreis) waren in den vergangenen Monaten immer wieder das Ziel von Buntmetalldieben. Archivfoto: Windpark Druiberg

Dardesheim. - Wollte man es sarkastisch formulieren, könnte es so lauten: Was die Täter im April 2024 nicht erreichten, haben sie nun im zweiten Anlauf am letzten Tag des ablaufenden Jahres geschafft: Sie knackten die Tür zu einer Anlage im Windpark Druiberg bei Dardesheim (Harzkreis) und klauten im großen Stil Kupferkabel.

Der Schaden ist nach Angaben der Betroffenen immens, bei den Tätern dürfte es sich um ausgemachte Profis handeln.

Davon geht zumindest Thomas Radach, vor Ort zuständig für die Betriebsführung des Windparks mit 37 Anlagen, aus. Wie auch schon Ende 2023 knackten die Täter bei Nacht und Nebel - am Silvestertag um 0.28 Uhr - die Haupttür, schalteten die Anlage ab und schnitten bis auf geschätzte 40 Meter Höhe - ein dortiges Windrad misst im Schnitt 115 Meter bis zur Nabe - mittels Akku-Kabelschere die dicken Stränge durch.

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Ende 2023 übrigens nicht zum letzten Mal: Im Frühjahr 2024 dann die nächsten Diebstahlsversuche, bei denen sich die Täter - warum auch immer - nur an den Haupttüren der Windräder abarbeiteten, aber trotzdem hohen Schaden verursachten. Unter anderem das Windrad, aus dem jetzt am Silvestertag die Kabel geklaut wurden, war damals das Ziel.

Einbruch in Windpark Dardesheim: Täter setzen sich tödlichem Risiko aus

Die Täter hätten stets höchst professionell agiert: Sie setzten die Anlagen außer Betrieb und legten los. Mit hohem persönlichen Risiko, wie Radach warnt, denn selbst nach einer Anlagenabschaltung führten einige Kabel noch Spannung auf tödlich hohem Niveau: „Da liegen bis zu 30.000 Volt an - ein falscher Schnitt und man liegt daneben.“

In den Windkraftanlagen lauern auch nach der Abschaltung einzelner Komponenten noch tödliche Gefahren aufgrund hoher Spannungen von bis zu 30.000 Volt.
In den Windkraftanlagen lauern auch nach der Abschaltung einzelner Komponenten noch tödliche Gefahren aufgrund hoher Spannungen von bis zu 30.000 Volt.
Archivfoto: Mario Heinicke

Das Problem für die Betreiber: Die Windparks befinden sich ebenso wie große Solarflächen oft weit außerhalb der Orte. Werden die Anlagen nachts plötzlich abgeschaltet, nehmen die Betreiber den Alarm nicht immer sofort wahr. Teilweise fühlten sich die Täter so sicher, dass sie noch vor Ort in aller Ruhe von den dicken Kabelsträngen die Isolation entfernen.

Zusammenspiel der Täter mit kriminellen Buntmetallhändlern vermutet

Die Buntmetallbeute wird abtransportiert und bei Händlern in Bargeld versilbert. Zwar müssen derartige Händler die Adressen der Anbieter registrieren - es gibt in der Branche aber neben seriösen Unternehmern auch viele schwarze Schafe. „Wo ein Stehler ist, ist auch ein Hehler - irgendein Schrotthändler kauft es auf, wo auch immer“, so Radach voller Sarkasmus. Denkbar, dass die heiße Ware via Autobahn und offenen Grenzen direkt ins Ausland geht.

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Und: Anfang April 2024 wurde in Stapelburg ein Transporter mit dem Logo eines Windradherstellers entwendet. Nicht auszuschließen, dass es Parallelen gibt und die Täter jetzt gut getarnt und seelenruhig als Monteure unterwegs sind.

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Wobei sich die Betreiber auch mit dem Vorwurf, ihre Anlagen selbst besser zu überwachen zu müssen, konfrontiert sehen: Eigentum verpflichte, heißt es seitens der Polizei. Man habe nach der Einbruchsserie in puncto Sicherheit nachjustiert, betont Radach. Es gebe nun reichlich Sensorik zur Einbruchsüberwachung. Aber auch deren Informationsweiterleitung zu den Betreibern sei von den Tätern jetzt gezielt gestört worden. „Wir haben es hier mit Experten zu tun, die genau wissen, was sie tun.“

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Deswegen - und weil augenscheinlich erfolglos ermittelt wird - ist Radach sauer. Er selbst sei mit seinen Anlagen 2024 viermal zum Ziel geworden. Und Radach ist in „guter Gesellschaft“: Reinhard Struch von der Naturavishuy GmbH & Co KG, die drei Anlagen am Druiberg betreibt, hat nach eigenen Angaben 2024 zwei Anschläge registriert.

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Radach selbst rechnet damit, dass die jetzt attackierte Anlage wegen der Reparatur bis Mitte/Ende Februar vom Netz ist. Zu den geschätzt 70.000 Euro Materialschaden kämen Montagekosten sowie geschätzt knapp 200.000 Euro Ertragsschaden. „Alles in allem veranschlage ich für die vier Anschläge 2024 locker eine halbe Million Euro Schaden.“

Den Vorwurf von Untätigkeit weist die Polizei zurück: Man habe 2024 - samt der Tat am Silvestertag - im Harzkreis fünf Einbrüche in Windkraftanlagen registriert. Drei Einbrüche ereigneten sich im Windpark Druiberg und zwei in Schwanebeck - drei Versuche und zwei vollendete Einbrüche. „Vor dem Hintergrund der Straftatenhäufung im Frühjahr wurde die polizeiliche Präsenz vor Ort erhöht“, so eine Reviersprecherin. Die Spurenanalyse sei abgeschlossen, die Erkenntnisse flössen in die weiteren Ermittlungen ein.