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Dioxin Aufffällig viele Krebserkrankungen bekannt

In der Diskussion um mögliche Auswirkungen der Ilsenburger Kupferhütte sind Bodenproben geplant. Das letzte Gutachten erfolgte 1990.

Von Dennis Lotzmann 08.03.2018, 09:09

Ilsenburg l Die Diskussion um eine möglicherweise erhöhte Zahl von Krebskranken im Raum Ilsenburg und die – zumindest naheliegende – Verbindung zur früheren Kupferhütte: Das, was vor Ort aktuell viele Menschen zu bewegen scheint, was den Vorsitzenden des Vereins für krebskranke Kinder Harz, Avery Kolle, im Februar zum Schritt in die Öffentlichkeit bewogen hat und was seither die Volksstimme mehrfach thematisiert hat, stößt auf augenscheinlich großes Interesse. Zumindest spiegelt das die Resonanz in der Leserschaft wider. Tenor dabei: Es sei gut, dass die Diskussion jetzt wieder angestoßen worden sei. Und man sollte dem im Raum stehenden Verdacht – dass die frühere Kupferhütte die Menschen mit ihren giftigen Emissionen krank gemacht haben könnte – zumindest auf den Grund gehen.

Diesem Ansinnen sieht sich auch Avery Kolle verpflichtet. „Es geht nicht um Panik, es geht nicht um Spekulationen, es geht um solide Fakten“, hat er am Mittwoch noch einmal betont. Diesem Ziel scheinen die Verantwortlichen nun offenbar einen Schritt näherzukommen. So ist in einer Zusammenkunft mit Vertretern der Stadt Ilsenburg, des Kreis-Gesundheitsamtes, von Industriebetrieben sowie des Vereins beschlossen worden, die aktuelle Bodenbelastung in der Region mithilfe von Bodenproben zu untersuchen.

Das hat Kolle als Teilnehmer der Runde auf Anfrage erklärt. Als Basis der Untersuchung sollen dieselben Punkte genutzt werden, die im Zuge eines TÜV-Gutachtens im Sommer 1990 beprobt worden sind. Damit seien konkrete Vergleiche und Rückschlüsse auf die Entwicklung der Dioxin- und Schwermetallbelastung in den vergangenen 28 Jahren möglich. „Damit wäre ein Punkt erfüllt, um zu mehr Klarheit zu kommen“, formuliert Kolle ein erstes Fazit.

Wann diese Untersuchung erfolgen und wie sie finanziert werden soll, ist unklar. Ilsenburgs Bürgermeister Denis Loeffke (CDU), der an der Runde teilgenommen hat, war am Mittwoch trotz mehrfacher Versuche für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Er warnt vor Panikmache und einem Imageschaden für die Stadt.

Unklar bleibt, ob er an seiner Absage hinsichtlich einer kleinteiligen Bürgerbefragung festhält. Wie mehrfach berichtet, möchte Kolle mit seinem Verein die Menschen der Region hinsichtlich Lebens- und Berufsgeschichte sowie Erkrankungen befragen. Das Ziel sind konkrete regionale Fakten zur Zahl von Krebserkrankungen im Raum Ilsenburg. Eine vergleichbare, industriell unbelastete Region soll Vergleichszahlen liefern.

Zugleich weist Kolle den Vorwurf der Panikmache zurück: „Wenn mir jemand vorwirft, die Stadt Ilsenburg vernichten zu wollen, kann ich nur sagen, dass niemand aus unserem Verein ein Interesse hat, eine Kommune anzugreifen. Wir haben lediglich die auffällig hohe Zahl von Krebserkrankungen bei Kindern und Erwachsenen benannt – und jeder, der darüber diskutiert, bringt sofort die Kupferhütte damit in Verbindung.“

Dort waren bis Anfang 1990 plastikummantelte Kupferschrotte aufbereitet worden. Es gab Dioxin- und Schwermetall-Emissionen. Ob sie die Menschen in der Region tatsächlich stärker belasten und krank machen als andernorts, ist unklar.

Derweil hat Prof. Dr. Heidi Foth, Direktorin des Instituts für Umwelttoxikologie am Universitätsklinikum Halle, ihre Bereitschaft erklärt, sich – so es gewünscht sei – mit Fach- und Sachkompetenz in die Diskussion einzubringen. Der Dialog sei wichtig. Sie könne die Ängste und Sorgen der Bevölkerung ebenso verstehen wie die Position des Stadtoberhauptes.