Kunst Frauenpower im Huy: Neue Stipendiatinnen öffnen Ateliers in Röderhof
Zum dritten Mal in diesem Jahr haben zwei Stipendiaten für drei Monate die Ateliers beim Röderhofer Kunstverein bezogen. Um wen es sich dieses Mal handelt und was bei der Eröffnung zu sehen sein wird.

Röderhof - Fröhliches Lachen ist zu hören, drei Frauen sitzen bei Kaffee und Tee im Garten des Kunstvereins und sind angeregt ins Gespräch vertieft. Ingund Wegewitz vom Röderhofer Vereinsvorstand lässt sich von Kathrin Jobczyk und Kristian Buketova erzählen, wie weit sie mit ihren Vorbereitungen für den kommenden Sonntag sind. Dann nämlich, am 13. August, findet zu Füßen der Huysburg wieder ein Tag der offenen Ateliers in der ehemaligen Brüterei gegenüber vom Schlösschen statt.
Hierbei gewähren dreimal im Jahr die jeweiligen Stipendiaten des Kunstvereins Einblicke in ihr Schaffen. Eben jene Stipendiatinnen sind aktuell Kathrin Jobczyk und Kristian Buketova, die seit Juni hier arbeiten und leben.
Kristina Buketova ist 35 Jahre alt und in Estland geboren. Nach dem Abitur kam sie nach Deutschland. „Ich habe mich, seit ich vier Jahre alt bin, mit Tanz beschäftigt“, erzählt die junge Frau. „Eigentlich wollte ich das hier auch weitermachen und war deshalb hergekommen.“ Doch dann habe sie in Sozialhäusern in Berlin über den Kontakt mit Straßenmusikern angefangen, Mosaike zu machen – „Ich kann kein Instrument spielen und wollte auch was machen, während sie musiziert haben“, sagt sie.
Für die Kunst aus Estland nach Berlin
Dann habe sie, zusätzlich zu den Nebenjobs, mit denen sie sich über Wasser hielt, angefangen zu zeichnen. Das wiederum lief so gut, dass sie 2012 an einer Privatschule für Bildende Kunst und Malerei eine Ausbildung für Zeichnen und Malen begann. „Das war sehr akademisch und ging über drei Jahre“, so die Estin weiter. Im Anschluss sei sie nach Halle zum Studium gegangen – erst Malerei und textile Künste, dann Bildhauerei und Metall. Das Meisterstudium schloss sie 2021 in Performance, Skulptur und Zeichnen ab und blieb anschließend in Halle. „Meine erste große Ausstellung hatte ich dann in Hildesheim – und seit diesem Jahr bin ich tatsächlich hauptberuflich Künstlerin“, sagt sie mit ein wenig Stolz und strahlenden Augen.
Über einen befreundeten Künstler, der bereits Stipendiat hier in Röderhof gewesen sei, sei sie auf den Kunstverein aufmerksam geworden und habe sich beworben. „Man hat hier so tolle Bedingungen“, schwärmt sie. „Die Gegend ist super und man hat endlich einmal richtig Zeit.“
So breit wie ihr bisheriges Portfolio, ist auch die Palette, mit der sie sich hier vor Ort beschäftigt. „Ich mache Zeichnungen und Malereien, kleine Filme und habe sogar angefangen ein Buch zu schreiben“, zählt sie auf. „Ein direktes Thema habe ich dabei nicht – bei der bildenden Kunst arbeite ich ohne Konzept, da geht es stattdessen sehr viel um Empfindungen.“
Erst handfeste Ausbildung, dann Kunst
Ihre Co-Stipendiatin im kleinen Huy-Ort ist Kathrin Jobczyk. Sie ist 33 Jahre alt und stammt gebürtig aus Burgwedel. „Ich war schon immer künstlerisch aktiv, hab Geschichten geschrieben, gemalt und gebastelt“, erzählt sie. Auch eine Zeichenschule in der Nachbarschaft habe sie von klein an besucht und hier die Grundlagen gelernt.
Als es dann aber an die berufliche Laufbahn ging, habe sie sich nicht getraut, auf die Kunst zu setzen und stattdessen zuerst Produkt-, dann Mediendesign in Hannover studiert. „Nach dem Bachelor – und etwas Handfestem in der Tasche – habe ich dann in Braunschweig von 2013 bis 2020 Bildende Kunst studiert“, berichtet sie. Idealvorstellung sei natürlich, dass sie irgendwann von der Kunst leben könne, doch noch gelänge dies nicht. Lange Zeit, schon während des Studiums, habe sie für den NDR gearbeitet und aktuell habe sie eine Stelle als künstlerisch-wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Uni in Hannover. „Das ist allerdings im Bereich Architektur“, erklärt sie – was sie jedoch ganz gut finde, das sie so auch einmal aus der „Kunst-Blase“ herauskomme und einen anderen Blick gewinne.
Ihre Kunst bestehe viel aus Video- und Soundinstallationen sowie Zeichnungen – alles Dinge, mit denen sie sich auch in Röderhof beschäftige. „Ich habe verschiedene Videoversuche gemacht und dazu Skizzen und Zeichnungen“, sagt sie – und lobt ebenfalls die Bedingungen vor Ort. „Die freie Zeit ist super – aber auch der Platz, der es einem ermöglicht, Sachen auch mal liegen zu lassen und später weitermachen.“
Außerdem Fotografien und Zeichnungen vom Zirkus
Beide Frauen haben während ihres Aufenthalts eine Freundschaft zueinander entwickelt, die sie auch über das Stipendium hinaus aufrecht erhalten wollen. „Wir würden gern irgendwann mal etwas zusammen machen“, sind sich beide einig.
Neben den Arbeiten der jungen Frauen – die am 13. August ebenfalls vor Ort sein werden – kann im Erdgeschoss zusätzlich eine Fotografie-Ausstellung mit Bildern des Magdeburgers Hans-Wulf Kunze besichtigt werden. „Er hatte im vergangenen Jahr erzählt, dass er beim Aufräumen Bilder gefunden hat, die sich thematisch mit dem Zirkus beschäftigen, aber mehr hinter den Kulissen“, berichtet Ingund Wegewitz. „Das passt hervorragend zu den Zeichnungen vom Zirkus des bereits verstorbenen Künstlers Carl Marx, die wir im Obergeschoss zeigen.“
Kunstinteressierte und Neugierige aller Art sind also am kommenden Sonntag ab 15 Uhr wieder nach Röderhof eingeladen – zum Schauen, Staunen und ins Gespräch kommen.