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Friedensstraße Lärm und Dreck vertreiben Menschen

Viele Menschen ziehen aus der Friedensstraße in Halberstadt weg, weil das hohe Fahrzeugaufkommen Lärm und Dreck verursacht.

Von Jörg Endries 26.07.2019, 04:00

Halberstadt l Leben mit Dreck und Lärm – damit sind die Bewohner der Friedenstraße in Halberstadt fast rund um die Uhr konfrontiert. Ursache dafür ist die enorm hohe Verkehrsbelastung auf der Bundes­straße 81. Die zum Teil enge Häuserschlucht, durch die der Verkehr rollt, verstärkt dabei die Belastung mit Feinstaub und Lärm. Wer konnte, packte bereits seine Koffer und ergriff die Flucht. Mehrere Häuser sind mittlerweile verwaist. Die Hauseigentümer investieren kein Geld in die heruntergekommenen Gebäude, weil dort niemand wohnen möchte. Das trifft vor allem für den unteren Teil der Friedenstraße zwischen Bismarckstraße und der Kreuzung zur Friedrich-Ebert-Straße zu.

Wohnen direkt an der Autobahn kann nicht ungemütlicher sein. Verkehrszählungen der Landesstraßenbaubehörde ergaben, dass fast 16 000 Fahrzeuge wochentags innerhalb von 24 Stunden über die Frieden­straße rollen. Ein Großteil davon Schwerlastverkehr. Der Dreck, in erster Linie die Abgase der Fahrzeuge, hat viele Fassaden in den zurückliegenden Jahren in ein schmutziges Schwarz gehüllt. Was der Lärm mit den Menschen macht, ist auf den ersten Blick nicht zu sehen.

Die Stadt Halberstadt stellte im vergangenen Jahr einen ­Lärmaktionsplan auf, informiert Martin Habsick, Verkehrsplaner der Stadtverwaltung. „Das Papier ist 2017 erarbeitet und ein Jahr später fortgeschrieben und vom Stadtrat beschlossen worden“, so Martin Habsick. Der Plan sei ein Auftrag des Landes Sachsen-Anhalt. Für die Friedenstraße sieht der ­Aktionsplan ein streckenbezogenes Tempolimit von 30 km/h in den Nachtstunden vor, weil es für die Bewohner dann die größten Vorteile bringt. Außer­dem sei der geförderte Einbau von Schallschutzfenstern vorgeschlagen worden. Seines Wissens nach haben davon einige Hauseigentümer schon Gebrauch gemacht. Der Einbau von lärmreduzierendem Asphalt würde sich in der Frieden­straße hingegen nicht anbieten, weil der erst ab Geschwindigkeiten von über 65 km/h seine Wirkung entfalten würde. In der Friedenstraße gilt 50 km/h.

Doch wie sieht es mit der Tempo-Beschränkung aus? Ein Jahr nach Beschluss des Lärm-Aktionsplans gibt es in der Friedenstraße immer noch keine Tempo-30-Zone. „Für die Umsetzung ist der Landkreis Harz verantwortlich“, sagt Martin Habsick. Wann und ob das Vorhaben umgesetzt wird, konnte die Kreisverwaltung bis Redaktionsschluss nicht beantworten.

Die Feinstaubbelastung wird in der Friedenstraße vom Landesamt für Umweltschutz seit 2007 mithilfe einer Messstation überwacht. „Es ist erwiesen, dass das Einatmen von Feinstaub negativ auf den Gesundheitszustand des Menschen wirkt. Dies ist nicht nur dann der Fall, wenn sich an der Oberfläche von Stäuben gefährliche Stoffe wie Schwermetalle oder Krebs erzeugende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe anlagern. Auch die Staubpartikel selbst stellen ein Gesundheitsrisiko dar“, heißt es auf der Internet-Seite des Landesamtes für Umweltschutz.

Der Feinstaub-Grenzwert liegt generell bei einer Belastung von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Zulässig ist, dass dieser Grenzwert an 35 Tagen pro Station und Jahr überschritten werden darf. Letztmalig ist das in der Frieden­straße 2011 mit 39 Überschreitungen geschehen. Seitdem sank die Zahl bis 2018 auf zwölf Überschreitungen, in diesem Jahr waren es bis zum 3. Juli acht.

Die Ursachen für den Rückgang sind laut Landesamt für Umweltschutz vielfältig. Dazu würden unter anderem die Einführung der Abgasnormen Euro 5 und Euro 6, verbunden mit der Erneuerung der Fahrzeugflotte gehören. „Regionale Maßnahmen wie die Inbetriebnahme eines neuen Verkehrsrechners in Halberstadt, womit eine Optimierung und Verflüssigung der Verkehrsströme erreicht worden sei, zeitweise Durchfahrtsverbote für Lkw, der Verbot der Gartenabfallverbrennung und das Programm zur Erweiterung der Fernwärme­versorgung wären außerdem für einen Rückgang der Feinstaubbelastung ­verantwortlich“, argumentiert das Landesamt. Unklar ist allerdings, wann es in der Vergangenheit Durchfahrtsverbote für Lkw in der Kreisstadt gab.