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Gerichtsverfahren Gelbe Karte für drei Langfinger

Nach einem Diebstahl sind drei Flüchtlinge aus Nordafrika im Eilverfahren verurteilt worden. Der Richter zeigte ihnen die gelbe Karte.

Von Dennis Lotzmann 30.11.2016, 19:42

Halberstadt l Zwei Algerier und ein Marokkaner sind nach Diebstählen in einem Supermarkt in Halberstadt im beschleunigten Verfahren zu Haftstrafen auf Bewährung verurteilt worden. Jugendrichter Holger Selig verurteilte die 18 bis 29 Jahre alten Männer auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu zwei und vier Monaten Haft. Die Strafe wurde jeweils zur Bewährung ausgesetzt.

Der Richter sieht in den Schuldsprüchen eine gelbe Karte für das Trio, das in Deutschland Asyl beantragt hat: „Sie sollten es für sich als klares Signal erkennen: Gastgeber bestiehlt man nicht“, so Selig in der Verhandlung zu den Angeklagten.

Dem Trio war vorgeworfen worden, am Dienstag gegen 14.40 Uhr im Kaufland-Markt in Halberstadt verschiedene Dinge im Gesamtwert von rund 300 Euro gestohlen zu haben. Neben Elektronikartikeln verschwanden auch Tabak und Parfüm in den Jackentaschen sowie einer Umhängestasche der drei Männer. Weil ihr vermeintlich cleverer Diebstahl aber längst von Kaufhausdetektiven bemerkt worden war, endete der Coup hinter dem Kassenbereich mit einer Taschenkontrolle und der Festnahme.

Nach einer Nacht in Polizeigewahrsam wurden die drei Beschuldigten am Mittwochvormittag vernommen und nach Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft um 14 Uhr zur Verhandlung ins Amtsgericht Halberstadt gebracht.

Dort machte ihnen der Richter unmissverständlich klar, dass man den von Deutschland gewährten Schutz und das Gastrecht nicht überstrapazieren und missverstehen sollte. Eine Geldstrafe, so Selig, sei angesichts der Tatschwere nicht mehr vertretbar.

Die beiden 18 und 29 Jahre alten Algerier hatten Waren im Wert von rund 210 Euro gestohlen. Bei dem 28-jährigen Marokkaner belief sich der Wert des Diebesgutes wohl auf deutlich weniger als 100 Euro.

Letztlich folgte Selig mit seinem Strafmaß dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die beiden Algerier – der ältere lebt wohl erst seit rund einer Woche in Deutschland – müssen im Wiederholungsfall vier Monate in Haft. Dem Marokkaner drohen in einem solchen Fall zwei Monate Haft. Sie sollten, so Selig in Richtung der Täter, dies als deutliches Warnsignal verstehen. Ein weiterer Diebstahl, Fahren ohne Fahrerlaubnis oder Körperverletzung könnten bereits zum Widerruf der Bewährung führen.

Die Männer, die kaum Schul- und Berufsausbildung vorweisen können und augenscheinlich auf Lebenschancen in Deutschland hoffen, nahmen die Urteile an. Für sie war es augenscheinlich entscheidend, einer Haftstrafe zu entgehen.

Die Justiz setzt bei klarer Rechtslage weiter auf beschleunigte Verfahren. Erst am Montag war ein 18-jähriger Algerier nach einem Diebstahl zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Eine Bewährungsauflage ist das Verlassen des Landes und eine Wiedereinreisesperre für zwei Jahre.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft geraten immer häufiger Nordafrikaner, die hier um Asyl bitten, mit dem Gesetz in Konflikt. Syrer lebten hingegen überwiegend völlig korrekt und unauffällig in Deutschland.