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Premiere Großes Kino in Halberstadt

Der Polit-Thriller „Heritage - Ein dunkles Erbe“ feiert Weltpremiere in Halberstadt.

Von Sandra Reulecke 08.12.2019, 03:00

Halberstadt l Es dauert noch eine Stunde, bis der Film startet, doch die Menschen stehen Schlange im Kino Halberstadt. Ausgestattet mit Popcorn, Getränken und großen Erwartungen harren sie auf den Einlass zu „Heritage – Ein dunkles Erbe“. Der Thriller feiert seine Weltpremiere in Halberstadt.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der US-Student Miles. Er gerät im Harz in ein undurchdringliches Labyrinth aus alten Sagen, dem Schmuggel von Kunstschätzen und Jahrzehnte alter Lügen. Auf der Suche nach seinem verschwundenen Kollegen Price rutscht Miles in eine Verschwörung, die bis in die Zeit der DDR zurück reicht. Und in die der Vater des Amerikaners tief verstrickt war. Miles muss feststellen, dass sein Vater ein skrupelloser Offizier mit Verbindungen zur Stasi war.

„Der Film hätte nicht passender erscheinen können als im Jubiläumsjahr des Mauerfalls“, sagt Oberbürgermeister Andreas Henke (Linke) vor der Premiere. Er gibt in dem Film sein Debüt als Schauspieler.

Für die anderen Rollen konnte der Regisseur und Drehbuchautor William van Tagen bekannte Schauspieler gewinnen: Ralph Herforth und Bettina Zimmermann spielen Professoren. Ronald Nitschke mimt einen zwielichtigen Polizisten mit dunkler Vergangenheit. Der 69-Jährige ist nicht nur als Darsteller („Tatort“) bekannt. Er ist die deutsche Synchronstimme von Tommy Lee Jones. Wie die Hauptdarstellerin Luisa Wietzorek („In aller Freundschaft“/ „Tatort“) ist Nitschke für die Filmpremiere nach Halberstadt gereist.

Ebenso Peter Lohmeyer („Das Wunder von Bern“). Dieser hat gleich mehrere Verbindungen zur Stadt. So war er bereits für die Dreharbeiten zu „Heidi“ (2015) hier. Mehr noch: „Die Mutter von drei meiner Kinder hat ihre Wurzeln in Halberstadt“, berichtet der Schauspieler. Seine ehemalige Lebensgefährtin, Katrin Klamroth, ist eine Nachfahrin einer Kaufmannsfamilie, die in die Geschichte eingegangen ist: Hans Georg Klamroth wurde als Mitwisser des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 hingerichtet. Dessen Tochter Wibke Bruhns moderierte als erste Frau eine Nachrichtensendung im deutschen Fernsehen. „Das Haus der Familie, das heute ein Hotel ist, habe ich mir schon angesehen“, berichtet Lohmeyer.

Er und seine Kollegen haben für „Heritage“ auf ihre Gagen verzichtet. „Wenn man an das Buch glaubt, macht man das schon mal“, erläutert Ronald Nitschke. „Man macht als Schauspieler Sachen, die Spaß und die Geld bringen. Beides kommt nicht immer zusammen“, ergänzt Peter Lohmeyer. Jedoch sei eine große Portion Vertrauen notwendig, um sich auf ein solches Projekt einzulassen, betont Luisa Wietzorek. Sie habe schon schlechte Erfahrungen mit Low-Budget-Produktionen – also Filmen, die ohne großes Budget gedreht werden – gemacht. „Aber Will hat mich überzeugt.“

Dabei kann William van Tagen nicht mit einem großen Erfahrungschatz aufwarten. „Heritage“ ist erst der zweite Film des gebürtigen Amerikaners. Wie schafft man es, trotzdem bekannte Schauspieler zu gewinnen? „Luisa habe ich über das Internet angeschrieben, aber nicht über eine Dating-App“, berichtet van Tagen lachend. Peter Lohmeyer habe er zufällig bei der Berlinale kennengelernt. „Ich wusste nicht, wer er war. Er stand allein an einer Treppe und wir kamen ins Gespräch.“

Willliam van Tagen antwortet auf die Fragen der Presse in fließendem Deutsch. Aus gutem Grund: Als 17-Jähriger war er ein Jahr als Austauschsschüler in Halberstadt. Eine prägende Zeit, wie er berichtet. Dass unter den Premierengästen so viele Menschen sind, die er damals kennengelernt hat, freut ihn besonders.

Eine von ihnen ist Regina Zimmermann, Schulleiterin des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums. „Ich kann mich noch gut an ihn als Schüler erinnern“, berichtet sie und verrät schmunzelnd, dass er sie im Englisch-Unterricht diskret auf ihre Fehler hingewiesen habe. Es freue sie, das van Tagen sich mit dem Film einen Traum erfüllt habe.

Dieser sei eine gute Werbung für Halberstadt als Filmstadt, sagt Wirtschaftsförderer Thomas Rimpler. „Toller Film und toll, dass er hier gedreht wurde.“ Auch, wenn der Name Halberstadt nicht explizit fällt und die Schauplätze für die Story teils verlegt worden. Ein Fakt, der Antje Gornig, Leiterin des Städtischen Museums Halberstadt, ein wenig enttäuscht. „Es wurde das falsche Museum gezeigt“, sagt sie. Dennoch hat sie sich Autogramme der Darsteller gesichert und DVDs bestellt. „Für unsere Sammlung.“ Immerhin ist es etwas Besonderes, dass Halberstadt eine Hauptrolle in einem Film spielt.

Wer selbst sehen möchte, wie die alte Städtische Badeanstalt oder der Kreuzgang der Liebfrauenkirche, das Innere der Benzingeröder Kirche, der Bahnhof Thale, die Napola in Ballenstedt und die Holzkirche bei Stiege in „Heritage“ in Szene gesetzt worden, hat dazu noch Gelegenheit.

„Wir werden den Film bis Weihnachten im Programm lassen“, kündigt Pierre Zimny, Chef der Zuckerfabrik, an. Und vielleicht, so hofft William van Tagen, haben auch andere Kinos der Region Interesse, „Heritage“ zu zeigen.