Staatsanwalt ermittelt zum Verdacht auf Kindeswohlgefährdung Großmutter zeigt Jugendamt an
Halberstadt l Gegen eine Mitarbeiterin des Kreisjugendamtes in Halberstadt und die alleinerziehende Mutter ihrer Enkelin hat Lisa H. aus dem Salzlandkreis Strafanzeige wegen Kindeswohlgefährdung erstattet. Die Staatsanwaltschaft bestätigte die Anzeigen und "wird in beiden Fällen ermitteln", hieß es auf Volksstimme-Nachfrage.
Lisa H. sorgt sich um das Wohl ihrer siebenjährigen Enkelin. Seit fünf Jahren bemüht sie sich um Hilfe und Unterstützung durch das Jugendamt der Kreisverwaltung Harz. "Meine wiederholten Hilferufe sind mit fadenscheinigen Begründungen abgewiesen worden", so die 61-Jährige. Ihr sei zwar versichert worden, dass Sozialarbeiterinnen die häusliche Situation kontrolliert hätten und auch ständig Kontakt mit den Kindereinrichtungen bestehe, "doch übersieht man meiner Meinung nach etwas Wesentliches". Aus ihrer Sicht hat die 40-jährige Mutter ihrer Enkelin, "schwere psychische Probleme".
Außerdem seien ihre Hinweise zu Fehlentwicklungen ihrer Enkeltochter, die sie und ihr Mann bei Kontakten festgestellt hätten, "bewusst oder unbewusst nicht registriert worden". Empört ist die Großmutter gewesen, als sie von der Mitarbeiterin des Jugendamtes zur Antwort erhalten habe: "Ich habe keinen Bock darauf, mir so etwas anzuhören, und außerdem ist das Jugendamt für die Mütter da und nicht für die Kinder."
In ihrer Ausweglosigkeit, wie sie sagt, hat Lisa H. nun Strafanzeige gestellt und sich an den Petitionsausschuss im Landtag gewandt. Sie will erreichen, dass das Jugendamt dafür sorgt, dass sich die Mutter, die noch drei ältere Kinder hat, in ärztliche Behandlung begibt und diese dann überwacht und kontrolliert wird. "Sicher ist es in erster Linie eine freiwillige Sache der Mutter", weiß Lisa H.
Hilfe hat sie nun von Peter Rotter erhalten. Der Christdemokrat ist Landtagsabgeordneter im Salzlandkreis und Mitglied im Petitionsausschuss. Er habe Lisa H. zugesichert, sich mit ihrem Fall zu beschäftigen, so Rotter zur Volksstimme.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen bezog das Jugendamt gegenüber der Redaktion keine Stellung zu den Vorwürfen. Über die Pressestelle der Kreisbehörde ließ das Amt nur "Verfahrensweisen und Richtlinien bei Hinweismeldungen bezüglich einer möglichen Kindeswohlgefährdung" übermitteln.
Auf nochmalige Anfrage speziell zur Strafanzeige teilte Amtsleiterin Carmen Werner mit, dass "eine Anzeige durch die Beschwerdeführerin im Jugendamt nicht bekannt" sei. Die Verhärtung der Fronten zwischen ihrer Behörde und der Großmutter begründete sie mit rechtlichen Vorschriften. Demnach sei eine Gleichbehandlung von Großeltern und Eltern nicht möglich. Zur Klärung aller das Kindeswohl betreffender Anschuldigungen müsse sich das Jugendamt mit den Erziehungsberechtigten auseinandersetzen. Dennoch hätten im konkreten Fall Mitarbeiter des Jugendamtes mit der Großmutter "mehrere Gespräche zum Sachverhalt geführt".
Die Mutter war trotz mehrfacher Versuche für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.