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Coronavirus Gastronomen fürchten um ihre Existenz

Nach Corona sind die wirtschaftlichen Sorgen nicht vorbei. Deshalb demonstrieren Restaurantbetreiber und Veranstalter.

Von Sabine Scholz 09.05.2020, 04:00

Halberstadt l Wahrscheinlich dürfen sie schon am 18. Mai wieder öffnen, die Restaurant-, Café- und Kneipenbetreiber in Halberstadt. Warum dann am Freitag eine Demo auf dem Holzmarkt?

„Ganz einfach, mit der Öffnung ist die extreme wirtschaftliche Schieflage nicht erledigt“, sagt Gastronom Chris Schöne. „Und für uns steht überhaupt noch nicht fest, wie es weitergehen kann“, fügt Jens Ganso an. Mit „uns“ meint Ganso die Veranstaltungsbranche. „So wie es aussieht, wird das Jahr ein Totalausfall“, befürchtet Doris Rünzel. Und deshalb tragen die strahlend weißen Hussen an der festlichen Tafel auf dem Holzmarkt Trauerflor.

Rünzel ist mit ihrem Unternehmen auf die Ausrichtung großer Feiern spezialisiert, von der Hochzeit bis zum Betriebsjubiläum. Aber viele Kunden haben abgesagt, verschieben Heirat oder Jubiläumsfest auf das nächste Jahr. Nur, ob es bis dahin alle Veranstalter, Gastronomen und Nachunternehmer wie Künstler, Ton- und Lichttechniker, Bühnen- und Messebauer, Festzeltverleiher, Werbeagenturen und Druckereien schaffen, ist völlig offen.

Die Frühlingsmonate sind mit die wichtigsten Umsatzbringer für Gastwirte, Veranstalter und Hoteliers, schaffen das Polster, um schwierigere Zeiten im Jahr zu überbrücken. Doch Ostern, Konfirmationen, Jugendweihen und Co. sind ebenso Corona zum Opfer gefallen wie viele Hochzeiten. Vor allem solche, wo viele Menschen von außerhalb anreisen und feiern wollten.

Dass nicht mehr gereist und getagt wird, trifft Hotels, Pensionen und Campingplatz. „Tagungen unterliegen dem Versammlungsrecht, und da ist noch nicht klar, wie es weitergeht, ob wir ab September wieder am Netz sind“, sagt Jennifer Breuste. „Solange das Kontaktverbot gilt, gibt es weder Seminare noch Treffen anderer Art.“

Die Unsicherheit macht allen zu schaffen, das ist auf dem Holzmarkt mehr als spürbar. Die Sorgen und Nöte der Wirte und Hoteliers kann auch Oberbürgermeister Andreas Henke (Die Linke) nachvollziehen. Dass eine Öffnung ab 18. Mai möglich sein soll, sei ein wichtiges Zeichen für die Branche, aber eben auch nur ein Zeichen. „Wenn wir nach dem 31. August wieder größere Veranstaltungen machen dürfen, wollen wir mit allen auf dem Domplatz ein großes Fest organisieren“, sagt Henke. Bis dahin verzichtet die Stadt auf die Sondernutzungsgebühren, die fällig werden, wenn Tische und Stühle vor den Cafés und Gaststätten auf öffentlichem Grund stehen. Diese Einnahme sei vergleichsweise gering, angesichts der Millionen-Ausfälle, die die Stadt erwartet, vernachlässigbar.

Viele Gastwirte haben die Soforthilfe vom Bund in Anspruch genommen, doch der Schuldenberg wächst. Versicherungen, Stromkosten und Co. halbieren sich nicht, auch wenn nur die Hälfte der Gäste bewirtet werden darf. Viele Lieferanten haben die Rechnungen gestundet, bezahlt werden müssen sie aber irgendwann. Kredit aufzuehmen, ist auch keine Lösung, zumal gerade kleine Lokale gar keinen bekommen würden. „Wir hoffen, dass der Bund uns nochmal finanziell hilft. Vielleicht mit zinslosen Darlehen, von denen ein Teil als Zuschuss nicht zurückgezahlt werden muss“, sagt Jens Ganso. Dass die Umsatzsteuer auf Essen auf sieben Protenz gesunken ist, sei eine gute Entscheidung. Allerdings wirke die erst, wenn genug Umsatz da ist, so Chris Schöne. Und dass Getränke weiter mit 19 Prozent besteuert werden, ist gerade für Cafés, die mehr Getränke als Essen servieren, nicht nachvollziehbar.