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Kreistag Harzer Kreisverwaltung wird kritisiert

Der Kreistag im Harz wird spannend: Ob Busfahrplan oder Rettungsdienst - auf die Verwaltung prasselt Kritik ein.

Von Dennis Lotzmann 15.08.2018, 09:00

Halberstadt l Deutsches Rotes Kreuz (DRK), Malteser und Arbeiter-Samariter-Bund (ASB): Welcher Anbieter sichert in den nächsten Jahren in welchem Bereich im Harzkreis den Rettungsdienst ab? Die Kreistagsmitglieder haben in der jüngsten Sitzung Ende Juni 2018 erst für drei der sechs Lose Zuschläge erteilt. Während in den Bereichen Thale (ASB), Osterwieck (DRK) und Harzgerode/Ballenstedt (Malteser) nach Informationen der Volksstimme die bisherigen Anbieter auch in den kommenden sechs Jahren zum Zuge kommen sollen, sind Quedlinburg und Halberstadt (bislang DRK) sowie Eilenstedt (bislang Malteser) noch offen.

Im Juni sahen die Abgeordneten hier noch Klärungsbedarf. Der Grund: Für besagte drei Bereiche hatten jeweils mehrere Anbieter geboten, daher wurde die Vergabeentscheidung vertagt. Wohin nun die Reise geht, bleibt abzuwarten, die Vergabeentscheidung soll in der heutigen Sitzung hinter verschlossenen Türen fallen. Gerüchten zufolge könnte es dann zwischen Eilenstedt und Quedlinburg zum Tausch der Anbieter DRK und Malteser kommen.

Nicht minder spannend bleibt die Diskussion rund um den Busfahrplan. Nach dem Wechsel zum 15. April, der in ein Chaos bei der Schülerbeförderung gemündet war, und dem Start eines grundlegend überarbeiteten Plans zum 9. August, ist aktuell kaum Kritik zu vernehmen. Offenbar haben die Harzer Verkehrsbetriebe (HVB), die den neuen Plan geschmiedet haben, gute Arbeit geleistet.

Um so mehr stellt sich nun die Frage nach den Verantwortlichkeiten für das Dilemma im Frühjahr – sowohl in inhaltlicher Hinsicht als auch in finanzieller. Und auch die Rolle, die die Verantwortlichen im Landratsamt und bei den HVB dabei gespielt haben, dürfte seitens des Kreistags hinterfragt werden.

Zur Erinnerung: Ursprünglich sollte der kreisweit vertaktete Fahrplan schon im Dezember 2017 starten. Als fünf Minuten vor dem Termin insbesondere von Schülern und Schulen Kritik laut wurde, verschob Landrat Martin Skiebe (CDU) den Start. Dann ließ er sich – nach eigenen Worten – von allen Verantwortlichen ausdrücklich versichern, dass es zum 15. April funktionieren wird. Und doch ging ziemlich viel schief. Wer aber hat versagt? Die Verwaltung? Der beauftragte Planer in Hamburg? Die HVB? Oder war es eine unglückliche Verkettung zwischen den Beteiligten?

Für Thomas Balcerowski, CDU-Fraktionschef im Kreistag, „liegt ein Versagen von vielen Seiten vor“. Den beauftragten Planer, den viele schnell als Sündenbock abstempeln wollen, sieht er dabei keineswegs an erster Stelle. Ungeachtet der Frage, welchen Auftrag der Hamburger gehabt habe und inwieweit er diesen erfüllt habe, „hätte es Kontrollmechanismen in der Kreisverwaltung und auch bei den HVB geben müssen“, betont Balcerowski.

Ein Fakt, den SPD-Fraktionschefin Birgit Voigt ähnlich sieht. Auch ihre Fraktion wolle Antworten auf die Frage, wer das Dilemma rund um den Fahrplanwechsel im Frühjahr zu verantworten habe. Ungeachtet aller noch offenen Details sei eines bereits klar: „Letzten Endes liegt die Verantwortung beim Landrat als Chef der Behörde.“

Dessen scheint sich Landrat Martin Skiebe (CDU) ganz offensichtlich bewusst zu sein. Und er scheint offenbar auch ziemlich verärgert darüber zu sein, dass er sich vor dem Fahrplanstart am 15. April bei allen Verantwortlichen explizit rückversichert hat und anschließend dennoch das Chaos ausbrach.

Skiebe selbst hat daraus offenkundig schon erste Konsequenzen gezogen. So hat er am 23. Mai Dirk Michelmann, den Bereichsleiter Strategie und Steuerung im Landratsamt, aus dem HVB-Aufsichtsrat abberufen und den Posten an der Spitze des Gremiums als geborenes Mitglied wieder selbst besetzt.

Ob jener Wechsel – wie mit Blick auf die zeitlichen Verbindungen naheliegend scheint – tatsächlich mit dem HVB-Fahrplan-Dilemma zusammenhängt, bleibt unklar. Skiebe will sich erst nach der heutigen Kreistagssitzung äußern.

CDU-Fraktionschef Balcerowski macht derweil beim Fahrplan-Dilemma grundlegende Probleme aus: „Man wollte hier ideologische Dinge umsetzen. Es geht aber nicht um Geschmacksfragen, sondern um den Bevölkerungsbedarf“, sagt er und spielt damit auf die Kernfrage der Vertaktung mit anderen Verkehrsmitteln an.

Dafür gibt es bei den Bündnisgrünen viele Befürworter, und das war auch ein Schwerpunkt bei der grundlegenden „Fahrplan-Revolution“ im April. „Man wollte so den Jedermann-Verkehr stärken. Das ist nicht grundsätzlich verkehrt, darf aber nicht zu Lasten der Schüler gehen“, erinnert Balcerowski. Genau das sei passiert.

Balcerowski bekommt hier Unterstützung von Parteifreund und Amtskollegen Heiko Breithaupt aus Blankenburg. „Aus Sicht der Stadt wurden mit dem Fahrplanwechsel zum 9. August alle unsere Wünsche aufgegriffen“, betont der Bürgermeister. Damit reagiert er unter anderem auf Kritik, die Stadtrat Ulrich-Karl Engel (Grüne/Pro Blankenburg) jüngst formuliert hatte.

Engel hatte gegenüber der Volksstimme von einem komplett neuen Fahrplan gesprochen, der aber stark einem alten, für Blankenburg unbefriedigenden Zustand, ähnele.

Das sieht Bürgermeister Breithaupt gänzlich anders: „Für uns sind die innerörtlichen Verbindungen wichtig, die zwischen den Ortsteilen und der Kernstadt.“ Die Einwohner aus den Dörfern wollen gut in die Kernstadt kommen und zurück – das funktioniere nun wieder. Positiv sei ferner die Anbindung Blankenburgs an die Glasmanufaktur Derenburg.

Auch die immer wieder beschworenen vergaberechtlichen Gefahren sieht Balcerowski, selbst studierter Jurist, nicht: „Die Frage ist doch, kommt der große weiße Ritter? Bislang hat sich der große weiße Ritter noch nicht für den Nahverkehr im Harz interessiert.“

Schlussendlich macht Balcerowski eine insgesamt problematische Entwicklung auf Kreisebene aus. „Die Kreisverwaltung hat in den vergangenen Monaten viel eingebüßt – das Grundvertrauen in eine gute Verwaltungsarbeit ist weg, man wird misstrauisch“, lautet die schonungslose Diagnose des CDU-Fraktionschefs. Dieses Vertrauen zurückzugewinnen, sei Aufgabe der Verwaltung. „Dafür muss der Landrat Leute um sich scharren, die ihm die Arbeit erleichtern und nicht schwerer machen.“