Rätzlinger hat spannende Lektüre über Kathendorf Hobbyautor Günter Riedel schreibt Heimatgeschichte
"Menschen und ihr Leben in Kathendorf vor und nach den Weltkriegen" - so hat Günter Riedel sein Buch genannt. Der Hobbyautor beschreibt in seinem Werk das Wirken seiner Großmutter, deren Lebensleistung er bewundert. Dabei schildert der Rätzlinger aber auch detailliert das alltägliche Leben in der Region.
Kathendorf/Rätzlingen l "2011 habe ich mir einen Laptop gekauft und wollte eigentlich im Internet surfen. Damals hatten wir in Rätzlingen noch keinen Empfang. Deshalb wollte ich den Laptop zurück schicken", erzählt Günter Riedel. Seine Tochter Ingrid habe ihn aber damals, weil er ihr in ihrer Kindheit immer so spannende Geschichten von früher erzählt hat, animiert, diese Geschehnisse aufzuschreiben. "Ich habe viele Kathendorfer Familien angesprochen und nachgefragt, ob ich dies oder jenes schreiben darf", erzählt er. Riedel betont, dass er keinen Bestseller schreiben wollte. Das Geschriebene sei nur zur Erinnerung und zur Freude für seine Familie entstanden.
"In meinen Aufzeichnungen habe ich besonders das Leben unserer Familie, der Familie Peist, näher beschrieben. Aber auch die Menschen in Kathendorf, meinem Heimatort, habe ich nicht vergessen", erklärt Riedel. In seinem Werk bezieht er sich auf Erinnerungen seiner Familie, der Nachbarn und vieler Kathendorfer, bei denen er sich für deren Mithilfe bedankt.
"Wer, wenn nicht wir, können unseren Nachfahren über das entbehrungsreiche Leben in der damaligen Zeit berichten, um es nicht in Vergessenheit geraten zu lassen", betont er. Riedel animiert mit seinem Buch Hausbesitzer, die mit ihren Familien noch in Häusern aus den vorigen Jahrhunderten leben, sich einmal vor Augen zu führen, wie schwer es den Vorfahren gefallen sein muss, derartige Werte zu schaffen. "Einschätzen können es ganz besonders die Mitbewohner unseres Ortes, die zu dieser Zeit Grund und Boden für den Bau eines Hauses käuflich erwerben mussten", schildert der Autor. In seinem Vorwort zum Buch heißt es: "Lassen Sie uns eintreten in das Leben von fleißigen, redlichen und unbeugsamen Kathendorfern, die in einer wahrlich schweren Zeit gelebt haben."
Riedels Titelheldin ist seine Großmutter Anna Peist, geborene Niewerth, die er selbst nie kennenlernte. "Vieles über meine Großmutter weiß ich von meiner Mutter, aber auch von Nachbarn. Anna Niewerth wurde am 29. Februar 1876 in Belsdorf geboren. "Sie kam mit zwölf Jahren als Waise nach Kathendorf. Die Familie Kusian, die in der Eickendorfer Straße - früher Kindergarten - ihr Gehöft bewohnte und mit ihr entfernt verwandt war, nahm sie freundlich auf und behandelte sie wie ihre eigene Tochter. Anna ging in die Dorfschule, half mit im Haushalt und auf dem Feld", weiß der Enkel.
Anna Peist zog ihre Kinder allein groß und baute ein Haus
"Mein Großvater Gustav Peist wurde am 7. Mai 1874 in Kathendorf geboren und lebte im Hause seiner Eltern, nur zwei Gehöfte von Kusians entfernt. Die Eltern besaßen eine kleine Landwirtschaft. Sein Vater war einer der Milchkutscher des Ortes. Als Jugendlicher ging er gern zum Tanz und fiel manchem Mädchen auf. Sein Herz aber schlug nur für Anna", weiß Riedel aus den Erzählungen seiner Familie. Mehrere Jahre lang "gingen sie miteinander", bis sich Gustav traute, bei Tante Kusian um Annas Hand anzuhalten. "Tante Kusian stimmte dieser Verbindung freudig zu. ,Gustav, ne bessere Brut findste nich hier un in de Nachbarschaft!\', soll sie damals gesagt haben.
Und so kam es dann auch, dass beide nach einem Jahr heirateten und Anna in das Haus der Familie Peist zog. Beide gründeten eine Familie und so wurden von 1904 bis 1915 acht Kinder geboren. Die Zwillinge Gustav und Anna starben jedoch unmittelbar nach der Geburt. Auch über das Leben und den Werdegang der anderen Kinder Frieda, Amanda, Gustav, Elsbeth, Selma (Riedels Mutter) und Ernst berichtet der Hobbyschriftsteller in seinem Buch. Später zog Anna Peist die Kinder allein groß, denn ihr Mann kam nicht aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Trotz vieler Schicksalsschläge kämpfte sich diese Frau durchs Leben und baute 1925 sogar noch ein Haus. Er schreibt in seinem Buch aber auch über den Haus- und Brunnenbau, das tägliche Leben, Handwerksberufe, Schule, Kurioses und über Nachdenkenswertes.
Eigentlich war das Buch nur für alle Nachfahren bestimmt, aber irgendwie hat es sich doch herumgesprochen, dass die Lektüre wohl für jeden Heimatinteressierten überaus spannend ist. "Als Anerkennung für die vielen wertvollen Hinweise, die ich von anderen Kathendorfern zu meiner Familie bekommen hatte, habe ich das Buch in Umlauf gegeben. Nach dem Lesen sollte es einfach weiter gegeben werden. Es ist noch nicht zurück", verrät Riedel. Er hat noch zwei weiße Seiten angehängt, auf denen die Leser Dinge, die vielleicht falsch dargestellt sind, korrigieren oder auch ergänzen sollen.
Auch zu einer Buchlesung luden Kathendorfer Senioren Riedel ein. Die Resonanz war groß. Inzwischen hat Riedel sein 108 Seiten starkes Werk schon sehr oft auf seinem eigenen Drucker vervielfältigt. "Wenn ich das vorher gewusst hätte, dann hätten wir das Buch doch drucken lassen", sagt der Hobbyautor schmunzelnd.