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Halberstädter Ensemble feiert am 26. und 27. Juni seinen 50. Geburtstag Jugendblasorchester, eine Musiker-Familie, die ein besonderer Kitt zusammenhält

Von Jörg Endries 06.06.2011, 06:39

Das Jugendblasorchester Halberstadt feiert Ende Juni seinen 50. Geburtstag. Thilo Eulenburg, Vereinsvorsitzender und musikalischer Leiter, nimmt das zum Anlass, zurück in die Geschichte des Ensembles zu schauen.

Halberstadt. Ein großes Ereignis rückt immer näher. In gut drei Wochen, am 26. und 27. Juni, steigt eine große Geburtstagsparty, wohl die größte in Halberstadt in diesem Jahr. Das Jugendblasorchester Halberstadt wird ein halbes Jahrhundert alt. Das Ensemble ist trotz seiner 50 Lenze jung geblieben. Anders sind die Erfolge und die Beliebtheit des Orchesters nicht zu erklären.

Thilo Eulenburg, Chef des Orchesters, erinnert sich in diesen Tagen an die Anfänge. "Im Juli 1961 begeisterte während einer Festveranstaltung im damaligen Halberstädter Volkstheater ein Blasorchester mit jungen Musikern aus Osterburg. Einhellige Meinung der Verantwortlichen: Das soll es auch bei uns geben. Mit dem Aufbau des Orchesters wurde Hans Hasselmann, Musiklehrer an der damaligen Marx-Engels-Oberschule, beauftragt. "Der hatte seine eigenen Vorstellungen und Bedingungen, die zu erfüllen waren. Das Ensemble sollte einer Schule angeschlossen sein, der Leiter an dieser Schule Musiklehrer sein, der Klangkörper aus 36 Musikern bestehen, Instrumente müssten sofort bereit gestellt werden und als Ausbilder sollten Musiker des hiesigen Theaters fungieren. Diese Vorstellungen wurden unterstützt. Die Geburtsstunde unseres Orchesters", so Eulenburg.

Viele Auszeichnungen von Beginn an

Seit dieser Zeit prägt das Jugendblasorchester maßgeblich das musikalische Bild der Stadt. Nicht nur mit den stets gut besuchten Konzerten in Halberstadt, die bis heute ein absoluter Publikumsmagnet sind. Anerkennung fand das bereits drei Jahre nach Gründung des Orchesters. 1964 erhielten die Musiker den Kunstpreis der Stadt Halberstadt. Weitere Auszeichnungen folgten. Nach 1989, eine Zeitmarke, die viele Amateurorchester in Halberstadt nicht überstanden - das Jugendblasorchester war das einzige - folgten Meister- und Vizemeistertitel auf Landes- und Bundesebene. Von 1993 bis heute waren es insgesamt 14 Titel, 1996 kam der Kulturpreis der Stadt Halberstadt hinzu und 2007 der Silberne Roland der Kreisstadt. Diese Erfolge seien die eine Seite, so Thilo Eulenburg. "In diesen fünf Jahrzehnten gab es über 700 Musiker, die zeigten, dass Jugendliche ihre Freizeit durchaus kreativ, verantwortungsbewusst und kontinuierlich einer Sache widmen können, die schöner nicht sein kann", schwärmt Thilo Eulenburg, der von 1984 an musikalischer Chef des Jugendblasorchesters ist.

Das Jahr 1989 war in vielerlei Hinsicht auch für das Jugendblasorchester eine Wende, erinnert Thilo Eulenburg. So wurden bis dahin unter anderem die Noten zumeist zentral beschafft, was sich allein aus der Fülle zentral aufzuführender Titel für das Zentrale Musikcorps ergab. "Nach 1989 eröffnete sich ein ungeahnter Pool an Notenvielfalt. Heute haben wir etwa 600 Titel im Archiv." Instrumente kosteten zu DDR-Tagen dem Orchester keinen Pfennig. Allerdings ließ der Zustand der Instrumente nach Jahren sehr zu wünschen übrig, sagt Eulenburg. Heute sei die Reparatur von Instrumenten beziehungsweise deren Erneuerung sehr kostenintensiv. Und beim Geld muss der Verein auch auf eigenen Füßen stehen. Alle bei Auftritten eingespielten Gelder und die Unterstützung durch Stadt, Landkreis und Sponsoren fließen in die Vereinskasse. "So gelingt es uns, für unsere Musiker den Großteil der Aufwendungen zu bezahlen. Für jeden Musiker ist die Nutzung des Instruments, auch dessen regelmäßige Durchsicht, das Notenmaterial, dessen Equipment, die Orchesterkleidung, Startgeld bei Wettbewerben, Busfahrt und Verpflegung kostenfrei", unterstreicht der Orchesterchef, der auch Vereinsvorsitzender ist.

Es droht der Nachwuchsmangel

Sprichwörtlich ist der Zusammenhalt der Orchestermitglieder, auch der ehemaligen. Das Jugendblasorchester ist wie eine Großfamilie. Warum ist das so? Thilo Eulenburg erklärt es: "Es ist ein seltsamer Kitt aus persönlichen Mühen um den ersten Ton, das erste Stück, den ersten Solopart, aus Herzklopfen, feuchten Aufregungsfingern, aus Patzern und Pannen, Schweiß, Anstrengung, Müdigkeit, aus Lachen, Singen, Spaß haben, Lob, aus Siegen, Freundschaften und immer wieder Musik, Musik, Musik und Applaus."

Dennoch ist nicht alles eitel Sonnenschein. Um die Zukunft des Jugendblasorchesters sieht es nicht rosig aus. Es droht aus Nachwuchsmangel auszusterben, warnt Thilo Eulenburg. Zwar lasse man keine Gelegenheit aus, um Nachwuchs zu werben. In Zeiten von Computerspielen ist das jedoch ein hartes Brot. "Wir können und wollen unserem Nachwuchs nicht vorgaukeln, bei uns gäbe es ohne Fleiß den Preis des Beifalls", so Eulenburg. Darauf angesprochen, was für ihn das schönste Geburtstagsgeschenk wäre, muss Thilo Eulenburg nicht lange überleben: "Eine starke Nachwuchsriege."