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Kita-Gebühren Von Dank bis Erleichterung

Mit Genugtuung haben Bürgermeister im Harz auf die Entscheidung des Landes, ausgefallene Kitagebühren für April zu erstatten, reagiert.

29.03.2020, 01:00

Harzkreis (mg/dl/jn/mhe/rad/jni) l Die Würfel sind gefallen: Nachdem in den vergangenen Tagen die Bürgermeister in nahezu allen Kommunen im Harzkreis bereits die Erhebung der Kita-Gebühren für den Monat April ausgesetzt haben, hat nun auch das Land Sachsen-Anhalt reagiert. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat am Donnerstag angekündigt, den Kommunen die dadurch ausbleibenden Elternbeiträge zu ersetzen. „Für die Ausfälle kommen wir auf“, kündigt Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) an. „Zur Eindämmung der Pandemie muten wir den Menschen bereits genug zu.“

Hintergrund der Entscheidung ist die Schließung landesweit aller Kindertagestätten aufgrund der grassierenden Corona-Pandemie. Um Übertragungsketten zu unterbrechen, hat das Land alle Tagesstätten bis zum 19. April geschlossen. Allein Eltern, die in systemrelevanten Berufen wie im medizinischen Bereich oder in der Lebensmittelversorgung arbeiten, dürfen ihre Sprösslinge aktuell noch in die Kitas bringen. Nach dem jetzigen Stand sollen die Tagesstätten frühestens ab 20. April wieder regulär öffnen.

In Halberstadt wird die Entscheidung auf Landesebene begrüßt. „Damit wird sowohl für die Eltern als auch für die Kommunen Klarheit geschaffen“, so Verwaltungssprecherin Ute Huch. Die Stadt bereite jetzt einen formellen Ratsbeschluss im vereinfachten schriftlichen Verfahren vor.

Zufriedenheit über die klare Faktenlage auch in der Stadt Harzgerode. Wobei die Situation nach den Worten von Bürgermeister Marcus Weise (CDU) hier noch eine besondere ist, denn die Kinderbetreuung in den sieben Tagesstätten und einem Hort werde vom Trägerwerk Soziale Dienste realisiert.

„Dieser freie Träger realisiert auch den monatlichen Beitragseinzug“, so Weise. Das Problem bis zur landesweiten Entscheidung am Donnerstag: Der Träger habe nicht gewusst, ob er die Gebühren – stadtweit rund 50.000 Euro pro Monat – einziehen sollte, während er zugleich laufende Kosten in Form der Gehaltszahlungen an die Mitarbeiter hatte. „Und ich als Kommune kann für den freien Träger bei diesen Kosten nicht einspringen“, so Weise. Um so besser, dass das Land in dieser Frage nun für Klarheit gesorgt habe.

Endlich eine klare Linie, lautet auch der Tenor in Osterwieck. „Für die Bürgerschaft gefühlt spät“ sei vom Land die Entscheidung getroffen worden, die Elternbeiträge für April zu übernehmen, schätzt Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (WG Buko) ein. Persönlich habe sie dafür aber Verständnis. Man müsse erst die Finanzierung klären, das brauche ein paar Tage. „Der Druck war groß. Ein Ja muss dann auch ein Ja bleiben.“

Übrigens: In Osterwieck dürfen sich auch die Eltern von Kindern mit Notbetreuung freuen. Sie werden nach Wagenführs Worten im April ebenfalls beitragsfrei gestellt. „Diese Entscheidung wurde in unserem Haus getroffen“, sagt das Stadtoberhaupt und sieht dafür gute Gründe. Denn diese Eltern seien aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in systemrelevanten Bereichen in diesen Tagen eine ganz besondere Hilfe für die der Gesellschaft. Kommende Woche werde stadtweit mit etwa 15 Kindern in der Notbetreuung gerechnet.

„Die Entscheidung der Landesregierung gibt uns in dieser Krisenzeit ein Stück weit Sicherheit.“ Mit diesen Worten reagiert Tobias Kascha auf die Kunde aus Magdeburg. Der Sprecher der Stadtverwaltung Wernigerode lobt – im Gegensatz zu Vertretern vieler anderer Harzer Kommunen – vor allem, dass diese Entscheidung „zügig gefallen“ sei. Gleichzeitig mahnt er: „Sollten die Schließzeiten der Kitas verlängert werden, würden wir uns für den Mai eine ähnliche Regelung wünschen.“

Im Wernigeröder Rathaus wurde bereits vor gut einer Woche entschieden, die Elternbeiträge für die Kinderbetreuung zu erlassen – als erste Stadt im Landkreis Harz. Die Regelung gilt rückwirkend bis zum 16. März. Mit diesem Schritt waren die Verantwortlichen in Wernigerode nach Kaschas Worten „vorgeprescht“. Ein Vorpreschen, das in anderen Harzer Kommunen auf Kritik gestoßen war. Einerseits, weil die Wernigeröder damit entgegen der Absprachen unter den Bürgermeistern eigenmächtig gehandelt hatten. Andererseits, weil die Wernigeröder mit Blick auf andere Kommunen so eine Erwartungshaltung aufgebaut hatten.

„Auf diese einheitliche Regelung haben wir gewartet“, betont Huy-Bürgermeister Thomas Krüger (CDU). Immerhin gehe es allein in der Gemeinde Huy um einen Betrag von 68.000 Euro monatlich, den die Gemeinde nicht nur nicht hätte stemmen können, sondern vor allem im Alleingang nicht hätte begleichen können.

Blankenburgs Bürgermeister Heiko Breithaupt (CDU) macht gegenüber der Volksstimme noch einmal deutlich, dass die Aussetzung der Kita- und Hortgebühren im April nicht nur für alle städtischen Einrichtungen einschließlich der Ortsteile gelte, sondern auch für die Einrichtungen des Gemeinnützigen Vereins für Sozialeinrichtungen (GVS). Mehr noch: Wie in Osterwieck werden nach Breithaupts Worten auch Eltern, deren Kinder die Notbetreuung in Anspruch genommen haben, von den Beitragszahlungen befreit.

„Sie halten unser Land am Laufen und sollen deswegen genauso behandelt werden, wie alle anderen auch“, so das Stadt-oberhaupt. Er dankt nicht nur dem Land für diese Regelung, sondern insbesondere auch jenen Eltern, die ihre Kinder zuhause betreuen, obwohl sie in Schlüsselpositionen arbeiten.

Vor allem Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist aus Sicht seines Parteifreundes Denis Loeffke zu danken. Ilsenburgs Bürgermeister: „Der Städte- und Gemeindebund, alle Bürgermeister, der Landrat des Harzkreises und viele mehr hatten dies angemahnt.“ Die erste ablehnende Stellungnahme des Sozialministeriums, den Kommunen die Elternbeiträge zu ersetzen, „war lebensfremd. Aber in dieser völlig surrealen Zeit mit sich täglich verändernden Sachlagen muss es auch möglich sein, sich zu korrigieren“.

Die landesweit einheitliche Regelung sei „wichtig, damit die Eltern und damit die Städte und Gemeinden gleich behandelt werden“. In Ilsenburg belaufe sich der Gesamtbetrag, den Mütter und Väter für die Betreuung ihrer Kinder zahlen, auf 75.000 bis 80.000 Euro im Monat. Alle Steuerzahler der Kommune kommen weiter für den städtischen Anteil von monatlich rund 130.000 Euro auf. Der Rathaus-Chef wolle zudem dem Hauptausschuss vorschlagen, den April-Beitrag genauso für die Eltern zu erlassen, deren Kinder „notbetreut“ werden. Schließlich seien diese die „Schlüsselpersonen, die den Laden am Laufen halten“, so Loeffke weiter.

„Wichtig ist vor allem, dass es nun eine einheitliche Regelung für alle gibt – auch wenn einige vorgeprescht sind“, sagt Bürgermeister Ronald Fiebelkorn. Wie der Christdemokrat an der Spitze der finanzielle klammen Stadt Oberharz am Brocken betont, sei die Verwaltung „froh und erleichtert“ über die Finanzspritze der Landesregierung.

Einen „Schritt in die richtige Richtung“ sieht Nordharz-Bürgermeister Gerald Fröhlich im Entgegenkommen des Landes. Dennoch seien noch einige Punkte offen, so der parteilose Poltiker weiter: „Die Frage, wie mit den anteiligen Beiträgen aus dem Monat März verfahren wird und wie sich die Abwicklung der Erstattung gestaltet.“