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Klinik Ameos-Arzt wird nach Ohrfeige entlassen

Ein Arzt im Halberstädter Ameos-Klinikum ist fristlos entlassen worden: Er soll einen 13-jährigen Jungen geohrfeigt haben.

Von Dennis Lotzmann 27.01.2019, 14:50

Halberstadt l Schwere Vorwürfe gegen einen Arzt des Halberstädter Ameos-Klinikums: Der Mediziner soll nach Angaben mehrerer Zeugen im Rahmen einer Notfall-Behandlung einen 13 Jahre alten Patienten geohrfeigt haben. Nach dem Vorfall, der erst jetzt publik geworden ist, hat die Klinikleitung zeitnah Konsequenzen gezogen und dem Arzt fristlos gekündigt. Die von der Chefetage des Krankenhauses ebenfalls eingeschaltete Staatsanwaltschaft in Halberstadt hat ihre Ermittlungen zwischenzeitlich eingestellt. Die Klinikleitung und der betroffene Arzt stehen sich gegenwärtig vor dem Arbeitsgericht gegenüber. Für die Volksstimme war der Arzt bislang für eine Stellungnahme nicht erreichbar. 

Der Vorfall hat sich bereits Ende November ereignet. Damals sollte der 13-Jährige nach Informationen der Volksstimme wegen einer Verletzung in der Notaufnahme des Klinikums behandelt werden. Als ihm der Arzt eine Spritze setzen wollte, soll der Jugendliche in Panik überreagiert haben. Und das wiederum soll eine Ohrfeige des Arztes nach sich gezogen haben.

Zeugen aus dem medizinischen Bereich des Klinikums, die den Vorfall wohl beobachtet haben, sollen daraufhin die Klinikleitung informiert haben. Und die hat nach Angaben von Klinikdirektor Frank Kühl umgehend reagiert. „Wir haben den betreffenden Arzt zunächst vom Dienst freigestellt – auch, um ihn zu schützen. Nachdem sich die Vorwürfe aus unserer Sicht verdichtet hatten, haben wir Konsequenzen gezogen und uns mit sofortiger Wirkung von ihm getrennt“, so Kühl am Wochenende zur Volksstimme.

Frank Kühl mag sich zu jeglichen weiteren Details nicht äußern. Unter anderem, weil der Zwischenfall mittlerweile Gegenstand eines Prozesses vor dem Arbeitsgericht ist. Der 42-Jährige spricht allgemein vom „Fehlverhalten eines Mitarbeiters“, das sich „mit der medizinisch-ethischen Wertebasis von Ameos nicht vereinbaren lässt“. Und Kühl sagt auch klipp und klar: „Wenn jemand solches Fehlverhalten zeigt, bin ich konsequent.“

Details des Vorfalls bleiben damit offen. Auch die Frage, ob der Mediziner womöglich in einer besonderen Stresssituation stand, ob die Ohrfeige vielleicht die Reaktion auf eine Handlung des 13-Jährigen war. Klinikchef Kühl betont, dass sich der Zwischenfall mitten am Tag ereignet hat, das Klinikum im Vollbetrieb war und der Mediziner jederzeit hätte Kollegen hinzurufen können. „Es war kein besonderer Tag, eine Überlastung war nicht angezeigt.“ Sein Fazit: „In meinen Augen haben wir konsequent und richtig gehandelt.“

Während die Klinikleitung und der betroffene Mediziner nun vor Gericht um die Rechtmäßigkeit und Angemessenheit der fristlosen Kündigung und die Modalitäten eine Trennung streiten, hat die Staatsanwaltschaft in Halberstadt die Akte nach Angaben von Behördenchef Hauke Roggenbuck inzwischen zugeklappt.

Man habe nach einer vom Ameos-Klinikum erstatteten Anzeige wegen Körperverletzung Ermittlungen aufgenommen, so der Oberstaatsanwalt. Das Delikt an sich sei ein Antragsdelikt. „Die Mutter des 13-Jährigen ist als Zeugin vernommen worden und hat erklärt, dass sie keinen Strafantrag stellt. Wir haben daraufhin auch den Jungen befragt. Er hat sich ebenso geäußert.“ Hinzu komme, dass der Mediziner bislang noch niemals strafrechtlich in Erscheinung getreten ist.

Aus Roggenbucks Sicht und basierend auf den bisherigen Erkenntnissen sei der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt. Da Körperverletzung nur auf Antrag hin verfolgt werde und niemand einen Strafantrag gestellt habe, sei abschließend die Frage nach einem öffentlichen Interesse an einer Strafverfolgung in den Fokus gerückt. „Ein solches Interesse sehen wir hier nicht. Wir sehen hier eher eine Kurzschlussreaktion.“ Deshalb seien die Ermittlungen eingestellt worden. „Grundsätzlich ist aber klar, dass natürlich jede Ohrfeige zu missbilligen ist.“

Die Mitteldeutsche Zeitung hatte zuerst über den Vorfall berichtet. Demnach soll auch die Ärztekammer des Landes gegen den Mediziner ermitteln. Dafür gab es am Wochenende keine Bestätigung.