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Kommunalfinanzen Kann sich Halberstadt neue Radwege leisten?

Hat Halberstadt Geld für die Umsetzung des Bürgerbegehrens „Geh- und Radweg­ausbau“? Die Stadtkämmerin meldet Zweifel an.

Von Jörg Endries 19.02.2019, 00:01

Halberstadt l Das Bürgerbegehren tritt in eine entscheidende ­Phase. Bevor am Donnerstag, 21. Februar,der Halberstädter Stadtrat über die Zulässigkeit und über die Umsetzung der damit verbundenen Bauvorhaben und deren Finanzierung entscheidet, berieten die Mitglieder des ­Finanz- und Stadtentwicklungsausschusses darüber.
4506 Halberstädter unterschrieben das Bürgerbegehren zum Ausbau des Geh- und Fahrradwege-Netzes in der Kreisstadt und in den Ortsteilen. Am 25. Januar wurden die Unterschriftenlisten an Oberbürgermeister ­Andreas Henke (Linke) übergeben. Die Stadt Halberstadt, die damit zum Handeln gezwungen ist, stellt das angesichts der angespannten Haushaltslage vor große Herausforderungen. ­Kernforderung der ­Initiative ist, dass die Kommune 2020, 2021 und 2022 jährlich eine Million Euro in das Netz investieren muss.
Joachim Schiemann, Vertreter des Bürgerbegehrens, wurde in beiden Ausschüssen Raum geboten, für die Umsetzung der Initiative zu werben. Dass in nur sechs Wochen so viele Bürger unterschrieben haben, sei ein starkes Argument dafür, dass die Stadt handeln muss. „Viele Geh- und Radwege in Halberstadt und in den Ortsteilen sind in schlechtem Zustand. Sie sind für Rollstuhl- und Rollatorfahrer, auch für Fußgänger und Radfahrer eine Zumutung“, zitierte Joachim Schiemann aus dem Text des Bürgerbegehrens.
Die Erneuerung der Geh- und Radwege sei längst überfällig. Intakte Wege würden die Unfallgefahr verringern und Barrierefreiheit schaffen. Sie seien deshalb eine wesentliche Voraussetzung für eine Stadtentwicklung, die die Stadt nicht mehr vom Auto her denkt, sondern die Bürger in den Mittelpunkt stellt. Angesichts der schwierigen finanziellen Lage der Stadt betonte Joachim Schiemann, dass sich die eine Million Euro pro Jahr als Gesamtsumme versteht, die sich vorwiegend aus ­Fördermitteln und Zuschüssen zusammensetzen sollte. Hier seien Engagement und Kreativität gefragt, um die Belastung für die Kommune gering zu halten.
Marion Kagelmann, ­Finanzchefin der Stadt Halberstadt, unterstrich während der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses, dass die Kommune angesichts des ­großen Defizits ein Problem im Invest­bereich habe. „Bis 2022 sind Investitionen nur mit Abstrichen oder gar nicht möglich.“ Trauriges Beispiel für die desolate Lage der Stadt ist, dass die geplante ­Sanierung des Breiten Weges vorerst gestrichen ist. „Ich will die ­Stimmung nicht schlecht machen. Aber wir können vorerst keine ­Fördermittel beantragen, weil die Stadt den Eigenanteil nicht aufbringen kann.“
Oberbürgermeister Andreas Henke gab zu bedenken, sollten die Abgeordneten in den Ausschüssen und im Stadtrat den Bauvorhaben die Zustimmung verweigern, würde es zum Bürgerentscheid kommen. Der würde den Ratsbeschluss ersetzen und die Stadt muss dann das Geld zur Verfügung stellen.
Ähnlich lief es bereits beim Bürgerbegehren/-entscheid für die Sanierung der Diesterweg-Grundschule. Der Stadtrat sprach sich erst dagegen aus, die Bürgerinitia­tive erzwang schließlich das Bauvorhaben.
Stadtrat Jens Müller (SPD) machte darauf aufmerksam, das die Anlieger der kommunalen Straßen und Gehwege bei einem Ausbau 50 Prozent der Kosten tragen müssten. Er wollte von den Initiatoren des Bürgerbegehrens wissen, ob den Leuten, die für das ­Begehren unterschrieben haben, das gesagt wurde. Das sei nicht der Fall gewesen, antwortete ­Joachim Schiemann.
Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens bestand in den zwei Auschüssen kein Zweifel. Die 3000 erforderlichen Stimmen wurden weit übertroffen. Geschlossen zeigte sich der ­Finanzausschuss bei der Frage der Finanzierung der mit dem Begehren verbundenen Bauvorhaben. Einstimmig votierten die Abgeordneten dafür. Im Stadtentwicklungsausschuss gab es hingegen zwei Enthaltungen.