Kommunalpolitik Hausgemachter Streit

Die Feuerwehr in Rohrsheim soll ein neues Gerätehaus bekommen. Aber wo im Dorf soll es gebaut werden?

Von Mario Heinicke 15.11.2018, 19:29

Stadt Osterwieck/Rohrsheim l Bau-Fachbereichsleiter Detlef Schönfeld und der Bündnisgrüne Jens Kiebjieß werden in diesem Leben wohl keine Freunde mehr werden. Der Osterwiecker Abgeordnete schaffte es auch diesmal, den Beamten zur Weißglut zu bringen. „Sie sind dabei, das zu zerreden“, warf Schönfeld dem Ratsmitglied vor. „Es geht darum, das Optimum für die Stadt rauszuholen“, konterte Kiebjieß.

Der Bündnisgrüne arbeitet in einem Planungsbüro, ist bei solchen Themen in den Stadtratsgremien also in seinem Element. Etwa bei seinem Hinweis an die Verwaltung, beim Vertrag mit dem Planungsbüro doch eine Erfolgsklausel einzuarbeiten. Wird das Gerätehaus teurer als geplant, gibt es weniger Geld für den Architekten, wird es preiswerter, gibt’s einen Bonus.

Kopfschütteln bei Detlef Schönfeld und Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (parteilos). „Es wäre schön, wenn Sie mit Ihren Vorschlägen mal vorher zu uns kommen würden. Aber das machen Sie ja grundsätzlich nicht“, schimpfte der Bau-Fachbereichsleiter. „Ich habe da schon so oft drum gebeten. Es wird einfach nicht in Anspruch genommen.“

„Diese Diskussion gehört in die demokratische Entscheidungsfindung“, entgegnete Kiebjieß. „Die findet im Ausschuss statt und nicht in Hinterzimmergesprächen.“

Der Streit war hausgemacht. Dass sich die Emotionen dermaßen hochgeschaukelt haben, lag auch an der Beschlussvorlage der Stadtverwaltung, die mit Hilfe eines Planungsbüros vier mögliche Standorte für das Gerätehaus untersucht hat. Diese befinden sich in der Kliebe, am Sportplatz, Freibad und in der Oesternstraße.

Das Grundstück Kliebe 143 wurde schon im Vorfeld von Rohrsheims Ortschaftsrat und Feuerwehr favorisiert. Es befindet sich recht zentral. Die Stadt hat das Grundstück mit maroden Gebäuden darauf erst dieses Jahr erworben, auch um einen Schandfleck im Dorf zu beseitigen.

Der Planer bewertete diesen Standort als „sehr gut geeignet“, zumal hier auch eine Löschwasserzisterne errichtet werden könnte, um endlich die Löschwasserprobleme im nordöstlichen Bereich des Ortes zu beseitigen.

Der Standort Sportplatz wurde als „nur bedingt geeignet“ bewertet. Hier stünde das Gerätehaus am Ortsrand, verbunden mit einem erhöhten planerischen und erschließungstechnischen Aufwand sowie längeren Anfahrtswegen für die Kameraden.

Am Freibad gäbe es nur geringen erschließungsstechnischen Aufwand, der Platz befindet sich aber ebenfalls am Ortsrand. Er wurde daher nur als „gut geeignet“ eingeschätzt.

Diese Bewertungsnote erhielt ebenso der vierte Standort, in der Oesternstraße gelegen. Der Haken hier wäre der Grundstücksankauf vom Privateigentümer. Im Ergebnis hatte die Stadtverwaltung in der Beschlussvorlage den Standort Kliebe vorgeschlagen.

Diese vier Bewertungen waren jedoch für einige Abgeordnete nicht schlüssig. Nicht nur für Jens Kiebjieß.

Sascha Neuhäuser (SPD) stellte fest, dass der Grundstückskauf in der Oesternstraße als (einziger) Negativpunkt bewertet wurde, nicht aber der noch notwendige Abriss in der Kliebe 143. „Ich halte das für leicht unausgewogen.“

150.000 Euro soll der Abriss kosten, die Stadt hat die Chance, dafür Fördermittel zu bekommen. Aber laut Vorlage nur über 75 Prozent der Kosten. Neuhäuser wie Kießjieß bemängelten, dass aus den Untersuchungen keine Kosten über das, was über das Gerätehaus hinausgeht, hervorgingen. „Mit einer Kostenaufstellung lösen wir die Emotionen auf“, meinte der SPD-Abgeordnete.

Jens Kiebjieß hatte sich dem Eindruck nach in das unbebaute Oesternstraße-Grundstück verguckt, in dem laut Planer nur der Ankauf des Problem war. Offen blieb zunächst die Frage, ob der Kauf nicht doch günstiger wäre als der finanzielle Eigenanteil der Stadt für den Abriss in der Kliebe.

Rohrsheims Ortsbürgermeister Hans-Jörg Gifhorn (Aktive Bürger) klärte schließlich auf, dass hier einst ein großer Bauernhof stand, der nach der Wende abgerissen wurde. Unter der Wiese würden sich noch alte Kellergewölbe befinden, nur einfach verfüllt. „Da überholen uns die Kosten, die wir in der Kliebe 143 haben, um das Dreifache.“

„Warum steht das nicht in der Beschlussvorlage, warum haltet ihr solches Wissen zurück?“, schimpfte Sascha Neuhäuser. „So etwas gehört eigentlich zu einer ordentlichen Standortanalyse dazu“, unterstrich Jens Kiebjieß.

„Warum ist der Standort Oesternstraße überhaupt aufgeführt, wenn die Risiken bekannt sind“, warf schließlich auch Ausschussvorsitzender Hartmut Janitzky (CDU) in Richtung Bauamt ein.

Damit der Kritik noch nicht genug. Wiederum Jens Kiebjieß bemängelte, dass die Löschwasserzisterne in die Argumentation für die Kliebe 143 einfloss. Das Grundstück liege überhaupt nicht im Nordosten, wo das Löschwasser knapp ist. „Ich habe Bedenken, dass wir von der Kliebe 143 die nordöstlichsten Häuser tatsächlich innerhalb von 300 Metern erreichen. Mir erschließt sich nicht, warum wir für die Zisterne nicht einen Sandort nehmen, der wirklich im Nordosten liegt.“ Zum Beispiel wie in Schauen, wo sich die dieses Jahr gebaute Zisterne auch nicht neben der Feuerwehr oder in einer Baufläche befinde.

Daher urteilte der Bündnisgrüne: „Dieses Hauptkriterium für die Kliebe ist aus meiner Sicht fragwürdig.“ Sascha Neuhäuser stimmte dem zu. „Man hätte die Zisterne aus der Vorlage rausnehmen sollen“, räumte auch Vorsitzender Janitzky ein. „Ich bitte, die Zisterne in der Diskussion außen vor zu lassen.“

Sascha Neuhäuser prophezeite zum Abschluss der Debatte: „Wenn ich mir vorstelle, dass wir die Beschlussvorlage so in den Stadtrat geben, wird das eine wüste Beratung.“

Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ appellierte daher, das Thema vor der Ratssitzung am 29. November nochmal in den Fraktionen zu beraten.

Und wofür votierte nun der Bauausschuss? Sieben der acht Abgeordneten stimmten für die Kliebe 143. Sollte es dort keine Fördermittel für den Abriss der alten Gebäude geben, soll das Feuerwehrgerätehaus alternativ am Sportplatz gebaut werden. Also unterm Strich alles ganz nach den Wünschen der Rohrsheimer.