Kommunalpolitik Straßenstreit eskaliert

Die Bewohner des Else-Mehler-Weges in Halberstadt könnten bald von der Außenwelt abgeschnitten sein. Es gibt Streit.

Von Jörg Endries 09.02.2018, 06:00

Halberstadt l Ein seit Jahren schwelender Straßenstreit in Halberstadt ­eskaliert. Streitobjekt ist der Else-Mehler-Weg. Die Privatstraße, an der in den zurückliegenden Jahren 13 Einfamilienhäuser entstanden sind, soll in städtisches Eigentum übergeben. Da­rauf drängen die Eigentümer Bernd und Ronald Meyer. Die Stadtverwaltung Halberstadt weigert sich bislang, die Straße öffentlich zu widmen. Eine Einigung ist bislang nicht in Sicht. Erste Konsequenz für die Anwohner: Die Eigentümer haben den Else-Mehler-Weg einseitig mit schweren Beton­platten gesperrt und zur Sackgasse gemacht. Die Option, die Privatstraße für den Verkehr komplett zu sperren, liegt in der Luft.
Volkmar Murra ist sauer. Er hat 2006 sein Eigenheim am Else-Mehler-Weg gebaut. Mittlerweile muss er die Müll- und die Blaue-Tonne zur Entsorgung mühsam etwa 100 Meter bis zur nächsten Straße schieben. Mit der Teilsperrung des Else-Mehler-Weges Mitte ­Januar ist die Entsorgung direkt in der Straße gestrichen worden. "Begründung war, dass die großen Fahrzeuge, die vorher ­durchfahren konnten, dort nicht wenden können", berichtet Volkmar Murra. Das kann er nachvollziehen. Die Straße sei eng. Allerdings habe er kein Verständnis dafür, dass sich Eigentümer und Stadt zur Widmung der Straße nicht einigen können. "Hätte sich das bereits 2006 abgezeichnet, wir hätten hier nicht gebaut", ist der Halberstädter verärgert. Murra will gar nicht daran denken, was passiert, wenn ein großes ­Feuerwehr- oder anderes Rettungsfahrzeug im Notfall die Straße befahren muss und dies wegen der Sperrung nicht kann.
Eigentümer und Stadtverwaltung sind derzeit weit von einer Einigung entfernt. Die Ängste der Bürger ändern daran nichts. Wer Schuld hat, ist schwer auszumachen, die Lage sehr verzwickt. Rechtsamtsleiter Timo Günter signalisiert zwar, dass die Stadtverwaltung zu einer Straßenübernahme grundsätzlich bereit wäre. Aber nicht zu den Konditionen der Eigen­tümer. "Sie fordern einen hohen fünfstelligen Betrag. Den wollen wir nicht zahlen", betont Timo Günter. Nach seiner Ansicht müsste die Stadt den Kaufpreis wiederum auf die Eigenheimbesitzer umlegen. "Die Anwohner haben bereits die Erschließungskosten für die Straße bezahlt, dann müsste man sie zum zweiten Mal zur Kasse bitten. Das wollen wir nicht", begründet der Rechts­amtsleiter. Er räumt ein, dass das eine missliche Lage für alle sei. Meyers hätten trotz mehrfacher Aufforderung keinen Einblick in die Kalkulation gewährt. Für eine ordnungsgemäße Zugänglichkeit der Grundstücke seien die Straßen­eigentümer verantwortlich, sagt Günter.
"Mit der Teilsperrung schützen wir nur unser Eigentum. Dass die Anwohner dadurch mit Beeinträchtigungen leben müssen, ist nicht schön, aber auch nicht unsere Schuld", sagt Bernd Meyer. Die Stadt Halberstadt könne das ganz schnell ändern. Die Verantwortlichen hätten dazu fünf Jahre Zeit gehabt. "Passiert ist nichts." Der Else-Mehler-Weg sei vor zwölf Jahren gebaut worden. Wenn große Fahrzeuge die Privatstraße benutzen, ist mit erheblichen Verschleiß zu rechnen. "Wer bezahlt dann die Reparatur der Schäden", so der Halberstädter, der dazu nicht bereit ist.
Die Argumentation des Rechtsamtsleiters können Meyers nicht nachvollziehen. Dass die Stadt kein Geld für die öffentliche Widmung zahlen will, sei ihnen allerdings neu. "Es hat ein eindeutiges Angebot der Verwaltung gegeben", sagt Ronald Meyer. Im November 2017 habe Timo Günter schriftlich vorgeschlagen, den Verkehrswert der Straße von einem Gutachter ermitteln zu lassen. "Der dann festgestellte Wert könnte Grundlage für einen Eigentumserwerb durch die Stadt Halberstadt sein", heißt es in einer der Volksstimme vorliegenden E-Mail aus dem Rathaus.
Dass man davon in der Stadtverwaltung plötzlich nichts mehr wissen will, sei schon seltsam, so Ronald ­Meyer. Zumal das die Lösung des Problems sein könnte. "Wir wären sofort bereit, morgen einen Vertrag zur Übergabe der Straße an die Stadt zu unterzeichnen, wenn ein unabhängiger Gutachter den Verkehrswert ermittelt." Ein entsprechendes Angebot, das Meyers Rechtsanwalt schriftlich unterbreitet hat, liegt der Stadtverwaltung seit Ende November 2017 vor. "Eine Reaktion gibt es leider bis heute nicht", bedauern ­Ronald und Bernd Meyer. Eine Vollsperrung des Else-Mehler-Weges schließen sie nicht aus, sollte es zu keiner Einigung kommen.
Mittlerweile hat sich auch das Verwaltungsgericht Magdeburg mit dem Fall beschäftigt. Meyers hatten sich an das Landesverwaltungsamt in Halle gewandt. Das hat wiederum den Landkreis Harz beauftragt, den Fall zu lösen. Mit einer behördlichen Anordnung zur öffentlichen Widmung der Straße sei das geschehen, so Ronald Meyer. Dagegen hat die Stadt Klage eingereicht. Die erste Runde ist zugunsten der Stadtverwaltung ausgegangen. Die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig. Das Verfahren geht in eine weitere Runde.