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Folge 17 der Serie "24 Stunden Halberstadt": von 23 bis 0 Uhr bei Novoplast Schlauchtechnik Konzentration für millimeterdünne Meterware

Von Sabine Scholz 22.06.2013, 03:13

"24 Stunden Halberstadt" zeigt 24 spannende Geschichten aus der Domstadt. Über 40000 Menschen leben, arbeiten, spielen und lernen hier. Die Volksstimme begleitet einige von ihnen. Folge 17: von 23 bis 0 Uhr bei der Novoplast Schlauchtechnik GmbH.

Halberstadt l Ein konstantes Summen und Rauschen erfüllt den hellen Raum. Es ist angenehm warm. Fünf Männer und Frauen in Kitteln und mit weißen Häubchen stehen zwischen den Maschinen. Alexander Münch greift eine Kunststoffspule, nimmt ein weißes Tuch, säubert die Trommel, auf der der Firmenname NOVOPLAST eingeprägt ist, und öffnet die Glastür zum vollautomatischen Doppelwickler. Rasch ist die Trommel auf der Achse befestigt. Wenig später wechselt die Maschine automatisch die Spule. Alexander Münch nimmt eine volle Trommel heraus, packt sie zweimal in eine Folie, verschweißt diese und legt die fertige Trommel in den Sammelwagen. Zwischendurch wirf er einen prüfenden Blick auf einen großen Computermonitor.

Druck, Temperatur, Innen- und Außendurchmesser und vieles mehr kann er hier ablesen. Der Monitor ist nahe am Wickelplatz, das spart den Weg ans Ende der langen Maschine, aus der in endloser Folge ein fast durchsichtiger Schlauch kommt. Die Qualität des Produktes im Blick zu haben, gehört für den jungen Mitarbeiter bei Novoplast ebenso zum Alltag wie mitten in der Nacht an den Extruder genannten Maschinen zu stehen.

Ein Ultraschallsensor prüft die Spannung, mit der die Wickelmaschine zieht, auch den hat Alexander Münch im Blick. Schließlich ist das spannungsfreie Wickeln eines der Qualitätsmerkmale, die dem Unternehmen seinen Platz im Markt der Medizintechnikbranche sichert.

Druck und Temperatur beeinflussen maßgelblich den Innendurchmesser des gelblichen Schlauches, dessen Produktion Steven Kröter überwacht. Dazu greift er sich regelmäßig ein Stück Schlauch von einer fertigen Rolle, legt es unter ein großes Mikroskop und nimmt die Messungen vor. In einem Buch sind alle Daten sauber protokolliert. Der gelbe Schlauch ist butterweich, jeder Zug zu viel, jedes Grad zu hoch würde den winzigen Durchmesser verändern.

Die Arbeit fordert Konzentration, das weiß auch Andreas Hankel, der in dieser Nacht extra gekommen ist, um der neugierigen Journalistin alle Fragen zu beantworten. Die fünf Nachtschichtler im Reinraum haben zuviel um die Ohren, um auch noch Rede und Antwort zu stehen. An unterschiedlich großen Extrudern drehen sich die Schnecken, heizen die Wärmemodule, kühlt ein langes Wasserbad die Schläuche. Manche vereinen drei verschiedene Schläuche in sich, andere weisen spezielle Formen auf oder werden bei Körpertemperatur weicher. Schließlich kommen die Schläuche bei Operationen zum Einsatz, versorgen die Patienten mit Infusionen.

Allein an Infusionsschläuchen werden in diesem Jahr 20 Millionen Meter produziert, für das nächste Jahr werden es schon 40 Millionen Meter sein - "das ist einmal rund um den Globus", berichtet Andreas Hankel. Der Bereichsleiter Medizintechnik steht an einer der Hochgeschwindigkeitsmaschinen, die solche enormen Produktionsmengen ermöglichen. 100 Meter Schlauch werden hier in einer Minute hergestellt, alle zehn Minuten ist eine der schwarzen Trommeln voll.

Auf dem Monitor direkt an Extruder und Materialeinfüllung kontrolliert er die Produktion der vergangenen Stunden. Am Vormittag ist etwas nachgerüstet worden, die wirren Kurvenverläufe zeigen es. Dann sind nur noch sanfte Ausschläge zu sehen - alles liegt im Normbereich, der manchmal keinen Zehntelmillimeter Toleranz zulässt.

In kleinen durchsichtigen fassähnlichen Behältern unter der Decke sind hellblaues Granulat und Wasser zu sehen. Über anderen Maschinen ist das Granulat gelb oder weiß. Polyethylen, Polyurethan, Polyvinylchlorid - und jede Menge andere Stoffe werden hier verarbeitet. Manchmal tonnenweise, manchmal nur wenige Gramm. 300 verschiedene Rohstoffe finden sich im Lager. In Trockenöfen und großen trichterförmigen Behältern liegt das Material für die Extruder, das regelmäßig über Schlauchleitungen angesaugt wird. Ist ein Behälter leer, schaltet das System automatisch auf den nächsten "Lieferanten" um.

Die Transportwagen füllen sich mit den Trommeln, auf denen helle und gelbe Schläuche auf ihren Versand warten. 42 Prozent der Produkte werden exportiert und noch ist kein Ende der Entwicklung in Sicht. Bald wird ein neuer Reinraum fertiggebaut sein.

Morgen erscheint Folge 18 der Serie "24 Stunden Halberstadt": von 0 bis 1 Uhr in der Rettungsleitstelle.