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Leinenkünstler lenken ihre Titanen

Von Anett Roisch 17.08.2015, 19:32

Ein Wochenende hat in Bösdorf der Ausnahmezustand geherrscht. Überall sind Fahrer mit ihren Gefährten herumgekurvt.

Bösdorf l "Mit dem Salz auf unserer Haut und dem Wind im Gesicht, fahren wir raus, weit in die Ferne, wir fürchten uns nicht. Unser Ziel ist unser Weg. Eine Mannschaft, eine Seele", dieser Liedtext von der Band Santiano scheint für viele der über 100 Fahrer die Hymne zu sein. Immer wieder erklingt das Lied, als die Frauen und Männer als Leinenkünstler mit ihren Pferden und ihrem Team im rasanten Tempo über den Parcours rauschen und das kühle Nass aus dem Wassergräben hochpeitscht. Die Zuschauer und die Teams der jeweiligen Fahrer feuern ihre Favoriten an. Zur Musik von James Bond ist auch Nicky Paluszek mit seinem Vierspänner auf dem Areal unterwegs. Am Ende fährt Paluszek auf den zweiten Platz, während Andre Muhl mit seinen vier Ponys auf den ersten Platz jagt. Nicht etwa auf geheimer Mission sondern auf heimischen Boden lenkt auch Markus Stottmeister seinen Vierspänner. Der Bösdorfer, der schon von kleinauf per Kutsche unterwegs ist, zählt nun 19 Lenze und hat zum ersten Mal bei den Fahrsporttagen statt Ponys vier Großpferde an den Leinen. Erst vor wenigen Tagen holte sich Markus Stottmeister bei der Deutschen Jugendmeisterschaft in Viernheim im Zweispänner-Fahren den Bronze-Rang. Zum Lied "Atemlos" von Helene Fischer laufen die Pferde von Stottmeister routiniert durch den Wassergraben. Begleitet wird der junge Mann, der Agrarwissenschaften in Halle studiert, von seinem Vater Jörg Stottmeister und von Jan Schuster, der Schützenhilfe leistet.

21. Fahrsportveranstaltung

Es ist die 21. Fahrsportveranstaltung in Bösdorf. Schon seit Wochen richteten die Mitglieder des Reit- und Fahrvereins (RFV) Bösdorf/Rätzlingen und Umgebung und ihre Helfer das Gelände für das Großereignis her. Auf den Parkplätzen stehen die Blechkarossen dicht gedrängt, alles strömt in Richtung Turnierplatz. Hochkonzentrierte Gesichter bei den Gespannfahrern und ihren Teams. Für die Gastgeber ist das Turnier trotz Routine immer wieder eine Herausforderung. "Wir ziehen alle an einem Strang. Ohne Helfer und Sponsoren wäre so eine Veranstaltung gar nicht möglich", weiß Michael Müller, Vorsitzender des RFV.

"Man sieht hier tolle Leistungen. Es ist faszinierend - so viel Dynamik", schwärmt Dressurreiterin Barbara Anders de Zamora aus Rätzlingen. Beeindruckend sei es für die Reiterin, was die Fahrer für einen Aufwand betreiben. "Manche Fahrsportler kommen mit vier Pferden und zwei Kutschen und dann noch die Ersatzpferde und das ganze Drum und Dran. Das ist ein wahres logistisches Unternehmen. Außerdem ist es ein richtiges Volksfest", gesteht Barbara Anders de Zamora.

"Der Regen hat uns nichts ausgemacht. Wir sind doch nicht aus Zucker. Die Sachen werden getrocknet und dann geht es weiter", beschreibt Fahrer Günter Heinecke vom heimischen Verein.

"Bisher läuft alles gut. Wir hatten keinen Unfall", beschreibt Rettungsassistentin Katja Pfennig aus Bösdorf. Gemeinsam mit dem Rettungsassistenten Markus Storbeck aus Schwarzendamm vom Kreisverband Salzwedel Station Klötze ist die Sanitäterin von morgens 8 Uhr bis zu dem Zeitpunkt, an dem der letzte Sportler im Ziel ist, auf dem Platz ist. Die junge Frau ist selbst im gastgebenden Verein und hat daher ein großes Herz für den Fahrsport. Klare Sache für sie - als Schutzengel dabei zu sein.

reges Treiben am Buffet

Reges Treiben herrscht auch am Kuchenbüfett - der Bösdorfer "Futterbox". Genussvoll stopfen sich die Gäste mit den Köstlichkeiten voll, die die Frauen des Vereins und der beteiligten Orte gebacken hatten. Vom eigentlichen Turnier kriegen viele der Helfer nichts mit. Dafür die Besucher entlang der Strecke um so mehr. Die Gäste erleben die Faszination Fahrsport hautnah.

Wolfgang Jasper aus Gardelegen und sein Sohn Henry gehören zu den Stammgästen. Sie haben sich ihre Campingstühle mitgebracht. Die meisten Pferdefreunde brauchen keine gepolsterten Stühle. Sie gehen die Strecke ab und warten vor allem auf die heimischen Fahrer. Zu ihnen gehören neben Markus, Tom und Jörg Stottmeister, Amelie Müller, Jacqueline Heinecke-Niebel, Günter Heinecke, Markus Winnefeld.

Am Ende jubeln die Veranstalter ihren Favoriten und im Besonderen ihrer Amelie Müller zu. Die 13-Jährige ist Landesmeisterin im Pony-Zweispänner-Fahren.