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Haushaltsberatung im Osterwiecker Haupt- und Finanzausschuss / Ergebnisse des Jahres 2009 fallen Stadt jetzt auf die Füße Mit dem Rücken zur Wand zum weiteren Sparen verdammt

05.02.2011, 04:26

Stadt Osterwieck (mhe). Die Zahl ist heftig: Der Haushaltsplan 2011 hat nach neuester Berechnung ein Minus von 8,9 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es "nur" 3,9 Millionen. Der Haupt- und Finanzausschuss beriet am Donnerstagabend bereits zum zweiten Mal den Entwurf des Zahlenwerks. Und es dürften noch weitere Diskussionen notwendig sein.

Wie setzt sich das Defizit zusammen? Zunächst muss man den Haushalt in einen Verwaltungsteil für die laufenden Kosten und einen Vermögensteil für die geplanten Investitionen unterteilen.

Der Vermögensteil ist ausgeglichen. Damit stehen die Chancen gut, dass die darin verankerten Käufe und Bauvorhaben verwirklicht werden können. Allerdings wurde hier die Wunschliste schon gekürzt. Das Feuerwehrauto für Berßel, die Sanierung im Awo-Kindergarten in Osterwieck und der Radwegbau zwischen Berßel und Gemarkungsgrenze Wasserleben wurden auf 2012 verschoben.

Dass einige Orte bei den Investitionen wie im Vorjahr leer ausgehen, führte im Hauptausschuss zu Kritik. "Wir sind auf Null. Wir kommen im Haushalt praktisch nicht vor – und haben auch dringenden Bedarf", sagte Ulrich Köhler aus Rhoden. Dabei sieht er vor allem die Straße Hinter dem Schützenhaus, deren Sanierung für die dringend benötigte neue Bushaltestelle Voraussetzung ist. Lüttgenrodes Ortsbürgermeister Wolfgang Göschl kritisierte, dass Lüttgenrode und Stötterlingen "nicht einen Euro" bekommen. "Das ist nicht schön. Die Leute im Ortsrat fragen sich schon, warum sie noch zu den Sitzungen kommen." Göschl wie Köhler regen ein Umdenken an, dass Investitionen nicht mehr nur von Fördermitteln abhängen dürfen, wie es derzeit Priorität hat. Ein Vorschlag Göschls ist es, einen Grundbetrag für jeden Ort einzustellen.

Grundstücksverkäufe sind notwendig

Ein Wagnis hält der Investitionshaushalt indes bereit. Es müssen Grundstücke für eine Million Euro verkauft werden. Darauf machte Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ aufmerksam. Sie meinte aber, dass das möglich sei.

An sich hätte 2011 noch mehr investiert werden können. Doch muss die Stadt jetzt einen Fehlbetrag von 600 000 Euro aus dem Jahr 2009 begleichen. Das war das letzte Jahr, in dem die heute zur Stadt vereinten acht Gemeinden selbständig waren.

Jenes Jahr 2009 ist auch die Hauptursache für das Riesenloch von nun 8,9 Millionen Euro im Verwaltungsetat. Allein 5,8 Millionen Euro Defizit stammen aus der Vergangenheit (zu fast 90 Prozent aus Aue-Fallstein), die jetzt in den Etat aufgenommen werden mussten. Zum Vergleich: 2008 hatten die Gemeinden nur 1,2 Millionen Euro Miese "erwirtschaftet".

Der Fehlbetrag aus den laufenden Kosten des Jahres 2011 beträgt nach jetzigen Berechnungen 3,1 Millionen Euro. Doch er hätte auch auf fast zwei Millionen Euro geschrumpft sein können, wenn nicht das Land weniger Geld an die Kommunen ausgeben würde und der Landkreis bei der Kreisumlage nicht seine Hand noch weiter aufhalten würde.

Da die Stadt nicht damit rechnet, dass die Summen von Land und an Landkreis jemals wieder besser aussehen, hat das weitere Auswirkungen. Das Licht am Ende des Tunnels, in einigen Jahren wieder einen Haushaltsausgleich hinzubekommen, ist momentan erloschen. Es sei denn, die Stadt lässt sich weitere Sparmaßnahmen einfallen. Über erste Vorschläge wurde am Donnerstag diskutiert: Aufwandsentschädigungen, Betriebskosteneinsparungen, Heimatpflegemittel, Grundsteuern – die Volksstimme wird darüber noch berichten.

Druck auf weiteres Sparen bzw. Erhöhung von Einnahmen übt insbesondere das Innenministerium aus, das hier noch Potenzial sieht. Minister Hövelmann hatte Anfang Januar eine Liquiditätshilfe über 1,26 Millionen Euro ausgereicht. Dies ist normalerweise nur ein Kredit, die Stadt möchte diesen aber in eine nicht zurückzuzahlende Bedarfszuweisung umwandeln lassen. "Da wir ohne weitere Liquiditätshilfen und Bedarfszuweisungen auch zukünftig nicht auskommen, sollte der Stadtrat auf die Nebenbestimmungen reagieren", hieß es in den Beschlussvorlagen an den Hauptausschuss.

Damit steht die Stadt mit dem Rücken zur Wand.