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Arztpraxis Zilly Nach einem Jahr auf gutem Weg

Von Mario Heinicke 28.04.2021, 15:34
Gespräch in der Hausarztpraxis von Zilly. Von links: Nadine Festerling, Reuiss Agaiby, Ingeborg Wagenführ, Roland Vogel, Hannelore Dittmann, Jürgen Dittmann, Ute Wesarg, Ulrich Heucke und  Antje Kuhnt.
Gespräch in der Hausarztpraxis von Zilly. Von links: Nadine Festerling, Reuiss Agaiby, Ingeborg Wagenführ, Roland Vogel, Hannelore Dittmann, Jürgen Dittmann, Ute Wesarg, Ulrich Heucke und Antje Kuhnt. Foto: Mario Heinicke

Zilly

„Dreimal umgezogen ist wie einmal abgebrannt.“ Dieser Spruch aus dem Volksmund war beim Besuch von Osterwiecks Bürgermeisterin Ingeborg Wagenführ (Buko) in der Arztpraxis zu hören und sollte die Schwierigkeiten des Neustarts vor einem Jahr umschreiben. Nach dem plötzlichen krankheitsbedingten Aus der angestammten Praxis Mitte 2018 übernahm ein Goslarer Versorgungszentrum, das aber wieder aufgab. Zwischendurch entstanden monatelange Pausen ohne Arzt im Dorf. Etliche Patienten waren deshalb zu Allgemeinmedizinern in anderen Orten gewechselt.

Das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) Nordharz stand somit vor einem Jahr vor der schwierigen Aufgabe, das Vertrauen der Zillyer auf dauerhafte Betreuung zurückzugewinnen. Dieses Halberstädter MVZ war 2019 mit Blick in die Zukunft gegründet worden. Denn etliche Hausärzte stehen vor dem Ruhestand und suchen Nachfolger. Zilly wurde das erste Projekt.

Zillys Hausarztpraxis ist auf einem guten Weg, erfuhr Bürgermeisterin Wagenführ im Gespräch mit dem Praxisteam, ist aber noch nicht am Ziel. Viele junge Patienten hätten sich angemeldet, sogar bis aus Osterwieck. Doch ältere Zillyer aus dem früheren Patientenstamm würden sich teils immer noch etwas schwer tun, zurückzukehren.

Aktive Überzeugungarbeit leisten auch Ortsbürgermeister Roland Vogel (Bürgerinitiative) und der Ortschaftsrat. Wissen sie doch besonders zu schätzen, dass ihr Dorf weiterhin eine Hausarztpraxis vorhalten kann. Und auch ihnen fiel ein Stein vom Herzen, dass die Apotheke im Ort nach einem Inhaberwechsel ebenfalls weiterbesteht. Es bleibt also bei kurzen Weg für die Zillyer.

Corona macht es nicht leichter

„Corona macht es nicht leichter“, sagte Dr. Ulrich Heucke über die Rahmenbedingungen des ersten Praxisjahres. Immerhin haben die Hausärzte jetzt auch in Zilly für ihre Patienten Impfstoff gegen Corona vorrätig, um die 30 Spritzen pro Woche, berichtete Reuiss Agaiby.

In der Stadt Osterwieck, fügte Bürgermeisterin Wagenführ an, sei die Impfung der Über-80-Jährigen geschafft. In Zilly, erfuhr sie, beginne man jetzt mit Impfungen der Patienten über 60 Jahre. Auch Schnelltests würden hier vorgenommen. Alles aber nur nach Vorabsprache.

Ulrich Heucke ist zusammen mit seinem Hausarztkollegen Stefan Andrusch Geschäftsführer des MVZ Nordharz.

Zu dieser Gesellschaft haben sich elf Mediziner, überwiegend Hausärzte, zusammengeschlossen, die bereits seit vielen Jahren im als Verein organisierten Medinetz Harz kooperieren. Ihr Ansinnen: Durch das gemeinsame Engagement das Risiko, das mit einer Unternehmensgründung verbunden ist, auf viele Schultern zu verteilen.

Hoffen auf junge, ausgebildete Hausärzte

Vorigen Sommer hat das MVZ Nordharz als zweites Projekt die Praxis eines in den Ruhestand gegangenen Blankenburger Arztes übernommen und so die medizinische Versorgung dort sichern können.

Die Ärzte sind beim MVZ angestellt und haben feste Zeiten, wann sie wo tätig sind. An drei Tagen in der Woche ist Reuiss Agaiby zu Sprechstunden in Zilly, an einem Tag Kiril Genov, der sonst in der Blankenburger Praxis arbeitet.

Große Freude herrscht, dass seit Jahresbeginn Hannelore Dittmann, die langjährige Zillyer Hausärztin, mit im Team ist und an zwei Tagen in der Woche wieder Sprechzeiten anbieten kann.

Zillys Hausarztpraxis kann noch Patienten aufnehmen, reden die Mediziner nicht drum herum. Zusammen mit Blankenburg trage sich das Versorgungszentrum, berichtete Ulrich Heucke. „Das Konzept hat seine Berechtigung.“

Noch in weiteren Orten tätig zu werden, sei momentan „ein Problem der Köpfe“. Doch Heucke hofft, dass die Zahl der jungen, ausgebildeten Hausärzte wieder steigen wird.