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Nur keine Scheu - junge Musiker bitten um Action beim Altstadtfest Nevertheless: die tanzbare Wundertüte

Von Michael Schock 22.08.2012, 03:19

Gitarrist Johannes und Bassist Simon erklären, warum bei Nevertheless-Konzerten gerne mal geschrieen wird, das aber gar nicht böse gemeint ist. Die Band tritt am Freitagabend beim Altstadtfest in Haldensleben auf.

Haldensleben l Schubladen sind praktisch. Man bekommt eine ganze Menge hinein und weiß am Ende selten, was wirklich drin ist. Es kommt also nicht von ungefähr, dass musikalische Genres häufig als Schubladen bezeichnet werden. Bloß ist hier der Inhalt eben nicht Socken und Unterbuxen, sondern etwas meist sehr Komplexes.

"Ich weiß gar nicht, wie wir unseren Sound erklären sollen", überlegt Johannes Meis, Gitarrist von Nevertheless, in der ramponierten, ehemaligen Villa in Magdeburg-Buckau, in der die Band ihren Probenraum hat. "Er ist laut, er ist schnell, er soll Leute animieren, zu tanzen." Bassist Simon Kratzsch wirft ein: "Er soll uns und dem Publikum Spaß machen."

Um doch einen gemeinsamen Nenner zu finden, etikettieren sie sich meist als Indie-Screamo. Darauf kann nicht jeder, gerade Semester jenseits der 40, die hinter Geschrei zu lauten Gitarren schnell Protesthaltung vermuten. Simon wiegelt ab: "Wir machen eben Indie-Rock und unser Sänger schreit manchmal. Dahinter steckt kein Protest, sondern es passt einfach zur Musik."

Beim Schreiben bringe jeder seine Songideen mit ein, aber Simon findet, dass die besten Stücke letztlich gemeinsam spontan im Probenraum entstehen. "Das ist wie eine Wundertüte, jeder wirft etwas rein und du kannst nicht wissen, was am Ende dabei rauskommt." Das wichtigste Kriterium, an dem sie ihre Musik messen, sei nicht der finanzielle Erfolg, sondern der Stolz auf das Geschaffene und der Spaß auf dem Weg dorthin.

Dass auch mal Punks zu Nevertheless-Konzerten kommen, überrascht die beiden selbst. Johannes schreibt das teilweise dem Alkohol zu, sieht aber auch in einem bunt gemischten Publikum, wie sie es sicher auch am Freitagabend beim Altstadtfest vorfinden werden, die Chance auf neue offene Ohren: "Wenn dort 3 von 50 Leuten uns zufällig entdecken und gut finden, haben wir schon was gewonnen."

Wie die Jungfrau zum Kinde kam die Band zustande. Die Kurzfassung: Abifahrt 2008, Bierlaune, einer sagt "Lasst uns \'ne Band machen", Johannes hält daran fest, Nevertheless sind gegründet, bewerben sich 2009 mit "hauptsächlich rauschenden und knackenden" Demos beim MusiCids-Wettbewerb, machen den ersten Platz. Aktuell spielen sie zu viert, mit Sören Görlich am Mikrofon und Patrick Schmidt am Schlagzeug. Im Haldensleber JFZ-Club gaben sie ihre ersten Konzerte, was nahe lag, da Johannes in der Stadt geboren ist, Simon wuchs in Flechtingen auf. Fürs Studium und Lieder schreiben ging es dann letztlich nach Magdeburg.

Ein paar der 500 Exemplare ihrer ersten EP von 2009 gibt es noch, aber viele sind nicht mehr übrig. Das Debütalbum sei in Arbeit und soll 2013 erscheinen. Bis dahin gibt es dann nur noch die Auftritte der Vier, bei denen Sänger Sören sich gerne mal ins Getümmel mischt. "Er ist eigentlich eine ganz ruhige Seele, korrekt und gar nicht aufgedreht. Aber auf der Bühne ist er in seinem Element, da hat er dann richtig Energie", meint Simon.

Bei den neueren Stücken gibt es dann auch vermehrt französischen Gesang, denn das studiere Sören auf Lehramt. Eine laute Indie-Rock-Band mit einem ab und an französisch schreienden, angehenden Lehrer. Wie war das gleich mit Schubladen? Lieber reinhören: am Freitag um 22 Uhr auf dem Postplatz beim Haldensleber Altstadtfest.

Der Freitagabend steht beim Altstadtfest auf der Postplatzbühne ohnehin im Zeichen der jungen Nachwuchsbands. Neben Nevertheless treten auch noch Tschuldigungk aus Gardelegen (20.15 Uhr) und Tales of Nebula aus Magdeburg (23 Uhr) auf.