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Polizei Staatsanwalt entlastet Polizeichef

Die Querelen im Harzer Polizeirevier um Revierchef Marco Zeuner beschäftigen den Landtags-Innenausschuss.

Von Dennis Lotzmann 03.05.2018, 12:48

Halberstadt l Was ist los im Harzer Polizeirevier? So dürfte ein Tagesordnungspunkt in der heutigen Sitzung des Innenausschusses in etwa lauten. Die Mitglieder des in aller Regel nichtöffentlich tagenden Gremiums wollen sich selbst Klarheit verschaffen und erwarten dabei Antworten. Zunächst von den Verantwortlichen der federführend zuständigen Polizeidirektion Nord in Magdeburg und in letzter Konsequenz vom Innenministerium. Viele Ansatzpunkte und Antworten lassen sich jedoch finden, wenn man die Abläufe im Revier und die handelnden Personen etwas genauer unter die Lupe nimmt.

Das Harzer Revier war zuletzt in die Schlagzeilen geraten, weil einzelnen Beamte Revierchef Marco Zeuner auch öffentlich kritisiert hatten. Dreh- und Angelpunkt dabei und – aus Sicht von Beobachtern – wohl maßgeblicher Auslöser: Die Auflösung der nach zahlreichen Diebstählen von Bau- und Landwirtschaftsmaschinen gebildeten Ermittlungsgruppe (EG) „Tadano“. Nachdem die Tadano-Ermittler Ende 2016 und im Mai 2017 im Bereich Gröningen mindestens zwei Lager mit Diebesgut ausgehoben hatten, löste Zeuner die EG später auf.

Anschließend geriet der Polizeidirektor, den Mitglieder der EG deren Auflösung persönlich zum Vorwurf machen, mehr und mehr in die Schusslinie. Anonyme Briefe machten die Runde und flatterten den Vorgesetzten in Magdeburg sowie Landtagsabgeordneten auf den Tisch.

Die Polizeidirektion schaltete im Januar die Staatsanwaltschaft in Halberstadt ein und ließ die Vorwürfe auf strafrechtliche Relevanz prüfen. Ergebnis: Nix dran, „keinerlei strafrechtliche Relevanz“, so Oberstaatsanwalt Hauke Roggenbuck mit Blick auf die rein „internen Vorgänge im Polizeirevier Harz“.

Ein Schritt, der sich jüngst wiederholt hat. Im März war es ein Kripobeamter, der gegen Zeuner gleich mehrere Strafanzeigen erstattet hat. Die Liste der Vorwürfe reicht von Körperverletzung im Amt über die Verfolgung Unschuldiger und falsche Verdächtigungen bis hin zur Vortäuschung einer Straftat.

Ein konkretes Beispiel: Nach einem Einsatz in Niedersachsen waren zwei Tadano-Beamte im Dienstwagen auf der Rückreise und wurden im Raum Goslar geblitzt. Der Tacho zeigte 19 Kilometer pro Stunde zu viel an. Die Goslarer Ordnungshüter fragten bei der Harzer Polizei an, ob ein Einsatz gefahren worden sei oder ob der Beamte das Verwarngeld zahlen müsse. Zeuner bejahte letzteres. Wie der Sachverhalt am Ende ausging, ist unbekannt. Gleichwohl stellt sich die Frage: Sollte ein Kripobeamter nicht wissen, dass Vorschriften zunächst grundsätzlich für alle Verkehrsteilnehmer gelten?

Ein weiterer Vorwurf: Zeuners Führungsstil sei Mobbing, münde in Krankschreibungen und sei daher Körperverletzung im Amt. Ein Vorwurf, den im Revier selbst hinter vorgehaltener Hand so niemand bestätigen mag. Selbst wann Zeuner mit seiner Art mitunter sehr deutlich und sehr direkt auftrete, sei der Vorwurf von Körperverletzung einfach nur absurd.

Letztlich dürfte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft in Halberstadt daher kaum überraschen: „Wir haben die jüngsten Vorwürfe geprüft und sehen keinen Anfangsverdacht für Straftaten“, so Behördenchef Hauke Roggenbuck am Mittwoch auf Anfrage. „Wir haben nicht einmal Ermittlungen aufgenommen“, so der Oberstaatsanwalt.

Über diesen Fakt ist mittlerweile auch Jens-Uwe Siebert informiert. Der Rechtsanwalt aus Gommern vertritt den betreffenden Kriminalbeamten, der die Anzeigen erstattet hat. Inhaltlich wollte sich Siebert am Mittwoch noch nicht äußern, da ihm der Schriftsatz der Staatsanwaltschaft noch nicht vorlag. „Mein Mandant, möchte aber, dass der gesamte Rechtsweg, der möglich ist, auch beschritten wird.“

Möglich sei, das bestätigt auch Roggenbuck, nun eine Beschwerde gegen die Nichtaufnahme von Ermittlungen bei der Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg.

Wohin all das führen soll, bleibt abzuwarten. Zeuner selbst war am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht erreichbar. In der Vergangenheit hatte er stets erklärt, dass er gern etwas sagen würde, dafür aber kein grünes Licht seiner vorgesetzten Behörde habe.

Ganz anders der Erstatter der jüngsten Strafanzeigen, der wohl auch Verfasser der Petition an den Landtag ist. Ein bereits gegen ihn laufendes Disziplinarverfahren wurde nach Informationen der Volksstimme kürzlich um einen Aspekt erweitert: Er muss sich nun auch wegen unerlaubter Weitergabe von dienstlichen Interna an die Öffentlichkeit verantworten.

Gegen Zeuner wiederum sehen die Verantwortlichen in der Polizeidirektion Magdeburg und im Innenministerium aktuell keinen Anlass für disziplinarische Schritte.