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Sanierung Rettungsaktion für eine Wohnung

Mit einer ungewöhnlichen Aktion soll eine Wohnung in Nienhagen wieder hergerichtet werden.

Von Christian Besecke 14.10.2016, 11:00

Nienhagen l Die verwahrlosten Räumlichkeiten in Nienhagen waren schon Thema im Bau- und Finanzausschuss der Stadt Schwanebeck. Nach einer ausführlichen Beratung mussten die Stadträte allerdings die weiße Fahne hissen. „Es werden etwa 20 000 Euro Sanierungskosten für das Projekt veranschlagt“, berichtet der Bürgermeister beim Vor-Ort-Termin mit der Volksstimme. „Das Geld haben wir in der Stadtkasse nicht.“

Deshalb kam die Idee auf, das komplette Gebäude zu verkaufen. „Wir haben uns aber dagegen entschieden“, berichtet Liebner. „Einen Leerstand können wir uns aber auch nicht leisten.“ Nächtelang habe er sich mit dem Problem herumgeschlagen, um doch noch eine Lösung zu finden.

Liebner, der auch Vorsitzender des Nienhagener Kultur- und Technikvereins ist, sprach das Thema dann bei einer Versammlung an. Spontan sagten ihm die Mitglieder ihre Hilfe zu. „Damit hatten wir einen Ansatzpunkt“, sagt der Bürgermeister. „Bei einer Besichtigung der Wohnung ist uns dann allen ganz anders zumute gewesen.“

Die Räume waren nicht nur verwahrlost und verwohnt. „Es stank einfach grauenvoll“, berichtet Liebner. „Bevor wir hier die Renovierung besprechen konnten, musste erst einmal etwas passieren.“ Der Bürgermeister veranlasste die Beräumung der Zimmer durch den Bauhof. „Die Wohnung ist jetzt in einem Rohzustand, denn auch die Auslegware musste raus“, erläutert er weiter.

Zu dem Vor-Ort-Termin finden sich zahlreiche Vereinsmitglieder ein. Gemeinsam fachsimpeln sie über die notwendigen Schritte. „Alle Wetter“, sagt Lutz Drescher. „Die Mieter haben ja sogar Innentüren eingetreten.“ Er schüttelt den Kopf. Überall entdeckt er Aufkleber und Reste von Klebestreifen, einige Fenster sind voll damit. Selbst jetzt sitzt noch der Dreck in den Ecken. Drescher nimmt abgebrochene Heizregler in die Hand und wundert sich: „Ich habe noch nie gesehen, dass jemand so etwas geschafft hat.“

Der Bürgermeister nickt und beginnt, das Projekt zu erläutert: „Es sind so einige Arbeiten an den Wänden und Decken notwendig, ehe wir wieder Tapete aufbringen können. Ohne die Verwendung von Industriereiniger werden wir außerdem nicht weit kommen.“ Der Einbau von neuen Türen sei ebenfalls zu berücksichtigen. Im Sanitärtrakt müssen der Waschtisch und das Toilettenbecken neu werden. Das größte Problem sei der Einbau von einigen neuen Heizkörpern. „Die sind doch wirklich verrostet“, sagt er. „Wie so etwas geht, das kann ich mir gar nicht vorstellen.“

Für diesen Teil des Projekts hat der Bürgermeister sich fachliche Hilfe gesichert. Herbert Schütze, Inhaber eines Fachbetriebs für Heizung und Sanitär in Schwanebeck, hat ihm seine Unterstützung angeboten. „Wir werden der Stadt in dieser Sache unter die Arme greifen“, sagt Schütze. Damit meint er den Einsatz von Arbeitsleistung, aber auch die Bereitstellung von Material.

Das Geld für die Renovierung der Wohnung will Liebner aus der eigenen Tasche aufbringen. „Da werden wohl einige Monatszahlungen meiner Bürgermeisterentschädigung einfließen“, vermutet er.

„Wichtig ist, dass wir die Räume in einem ordentlichen Zustand wieder vermieten können. Die Einnahmen brauchen wir als Stadt.“ Weitere Hilfe von Bürgern oder Gewerbetreibenden seien ihm jederzeit willkommen.

Das ungewöhnliche Projekt hat sich schon bis nach Wegeleben herumgesprochen. Liebners Amtskollege Hans-Jürgen Zimmer (CDU) versteht die Nienhagener Probleme nur zu gut. „Es ist traurig, dass zu solchen Lösungen gegriffen werden muss, weil einfach kein Geld da ist“, sagt er. „Allerdings empfinde ich auch Hochachtung vor dem Einsatzwillen meines Kollegen und seiner Helfer.“ Die vom Land versprochenen zusätzlichen Gelder für die Kommunen seien inzwischen vergeben worden, allerdings viel zu gering, um damit wirklich etwas bewegen zu können, so Zimmer.