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Sanierungsstau Idylle mit Invest-Barriere

In schlechtem Zustand befindet sich das über 300 Jahre alte Haus Am Burchardianger 1 in Halberstadt. Eine Sanierung ist nicht in Sicht.

Von Jörg Endries 03.01.2018, 00:01

Halberstadt l Reizvoll liegt das Haus Am Burchardianger 1 in Halberstadt in eine Grünanlage eingebettet, in direkter Nachbarschaft plätschert die Holtemme – ein Wassergrundstück in bester Lage und fast dörfliche Idylle mitten in der Kreisstadt. Die Superlage spiegelt sich allerdings nicht im baulichen Zustand der Immobilie wider. Der Zahn der Zeit ist nicht spurlos am Gebäude vorbeigegangen, das fünf Morgen umfassende Grundstück sei zum großen Teil verwahrlost, kritisiert Hans Kranz. Der Halberstädter wohnt seit über 80 Jahren im Haus und kann sich an weitaus bessere Tage erinnern.

Das einst stolze Fachwerkhaus mit den großzügigen Stall- und Werkstattgebäuden auf der Hofseite und einer daran anschließenden riesigen Grünfläche ist stark sanierungsbedürftig. Nach dem Dreißigjährigen Krieg ist das Gebäude als Pferde-Umspannstation vor den Toren der Stadt erbaut worden, nach Ende des Zweiten Weltkrieges im Mai 1945 war dort für kurze Zeit die amerikanische Kommandantur untergebracht, berichtet Stadtchronist Werner Hartmann. „Mehr ist mir zur Geschichte des Hauses nicht bekannt“, bedauert der Ehrenbürger.

„Die Farbe an der Fachwerkfassade blättert ab, Regenrinnen sind abgebrochen, die Wasserpumpe auf dem Hof ist defekt, Stallungen verwahrlost, ebenso die Wiesen hinterm Haus“, kritisiert Hans Kranz. Er habe mehrmals versucht, die Hauseigentümer darauf aufmerksam zu machen, so der 90-Jährige.

Bisher allerdings vergebens, so der Halberstädter, dem Grund und Boden bis 1997 gehörten. Sein Vater habe das Anwesen 1936 vom damals jüdischen Eigentümer erworben und dort eine Tischlerwerkstatt betrieben, die er 1950 übernommen und 1993 geschlossen habe. 1997 musste er das Wohnhaus und den dazugehörigen Landbesitz an die Nachfahren des jüdischen Alteigentümers zurückgeben.

Zur Rückübertragung auf den Enkel des ehemaligen Eigentümers Brent Nussbaum kam es, weil vom 1936 ausgehandelten Kaufpreis nur ein oder zwei Raten gezahlt und der Rest vom NS-Staat einbehalten wurden, informiert Manfred Wolff. Der Berliner Makler ist ­Miteigentümer des Grundstücks Am Burchardianger 1. „Wir würden gerne in die Sanierung des schönen Anwesens investieren. Leider sind uns die Hände gebunden“, bedauert Manfred Wolff. Nach der Rückübertragung habe Hans Kranz großzügig ein ­lebenslanges Wohnrecht im Haus erhalten, für das er seit 20 Jahren keine Miete zahlen müsse, so Wolff. Eine teure Sanierung sei unter betriebswirtschaftlichen ­Aspekten allerdings nur möglich, wenn der Bewohner dann auch Miete zahlen würde.

„Wir haben mit Herrn Kranz darüber gesprochen. Er will das jedoch nicht. So lange das der Fall ist, sind uns die Hände gebunden und wir können nichts am Gebäude machen“, sagt Manfred Wolff. Er und Brent Nussbaum, der in Halberstadt größeren Immobilien- und Grundbesitz hat, bedauern diesen Zustand sehr. „Zumal wir zur Stadt Halberstadt ein sehr gutes Verhältnis haben.“