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Schachmuseum Zug um Zug wird Schaden in Ströbeck ermittelt

Der Brand im Ströbecker Schachmuseum hat eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Wie viel kostet der Wiederaufbau?

Von Sabine Scholz 21.01.2020, 00:01

Schachdorf Ströbeck l Der Blick auf die Straßenfront Fachwerkhaus am Platz zum Schachspiel in Ströbeck gibt nichts preis. Die Brandschäden am Haus sind nur für den zu sehen, der von der Hofseite schaut oder ins Gebäudeinnere geht. Das machen zurzeit einige Handwerker, die begonnen haben, erste Aufräum- und Säuberungsarbeiten im Inneren vorzunehmen.

Doch die Schäden am Gebäude sind nur eine Seite, die Schaden an den Ausstellungsobjekten die andere. Die Feuerwehrleute hatten am 14. November 2019 professionell gerettet, was zu retten war. Dann mussten die Exponate des Schachmuseums fachgerecht ins Bürgerhaus umgelagert und sortiert werden, um einen ersten Überblick über die Schäden zu bekommen.

Diese Arbeit ist – auch neun Wochen nach dem Brand – noch nicht abgeschlossen, wie Antje Gornig berichtet. Die Direktorin des Städtischen Museums Halberstadt, zu dem das Ströbecker Schachmuseum organisatorisch gehört, erläuterte während einer Spendenübergabe, warum sich die Arbeiten so hinziehen.

„Bevor wir etwas von den Objekten zur Reinigung geben können, brauchen wir ein Gutachten für jedes einzelne Stück“, so Gornig. Das wiederum können aber nicht die Museumsmitarbeiter leisten, dafür müssen Restauratoren die Sammlungsstücke begutachten.

Die jüngste Spende vom Volleyballverein Ströbeck, der 300 Euro übergab, hatte Oberbürgermeister Andreas Henke auf 500 Euro aufgestockt. Eine Summe, die in etwa erforderlich ist, um einen Tag einen der Fachleute bezahlen zu können, sagte Antje Gornig. „Das wissen wir von den eingegangenen Angeboten“, so die Museumschefin. Ohne Fachleute aber geht es nicht, denn jedes einzelne Objekt muss dokumentiert und das Schadensbild beschrieben werden. „Eine Papierrestauratorin hat neulich an einem Tag für 15 Objekte die Schadensgutachten geschafft“, sagt Gornig.

Zu diesen Gutachten gehört auch, dass beschrieben wird, wie die festgestellten Schäden am besten behoben werden können und ob das überhaupt möglich ist. „Leider gibt es Dinge, die zwar nicht verbrannt, aber trotzdem nicht mehr zu retten sind, weil man sie nicht mehr restaurieren kann. Bei manchen Objekten steht auch die Frage im Raum, ob es sinnvoll ist, eine Replik davon herzustellen.“

Die Verluste müssen sehr genau dokumentiert werden. Mit Fotos der betroffenen Objekte und exakten Beschreibungen, die dann in die derzeit entstehende Datenbank aufgenommen werden. Diese Beschreibungen sind zudem Teil der Wertermittlung für die Versicherungen. Die Schadenssumme für die Kulturgüter sei derzeit auf 130.000 Euro gedeckelt, war zu erfahren. Die beteiligten Versicherungen haben eigene Kulturgutbeauftrage geschickt, um die Arbeit vor Ort zu kontrollieren.

Aber noch ist gar nicht klar, welche Versicherung zahlen muss, die Brandursache ist noch nicht abschließend beurteilt. „Derzeit kommen als Brandursache sogenannte Flämmarbeiten mittels eines Gasbrenners auf dem Anbaudach in Betracht“, wie auf Nachfrage Uwe Becker, Sprecher des Polizeireviers Harz, mitteilte.

Zwar sind die Objekte versichert, die Ermittlung der Schäden hingegen nicht. „Deshalb ist wirklich jeder Euro hilfreich, den wir zurzeit von den Spendern erhalten“, sagt Gornig. Derzeit sei ihr Haus mit rund 60.000 Euro in Vorleistung gegangen. „Wir kaufen zum Beispiel die Schutzbekleidung, die anzuzuiehen ist, bevor die Sammlungsstücke in die Hand genommen werden können.“ Denn der Ruß entwickle im Zerfallsprozess schädliche Stoffe, die man besser nicht lange einatmen sollte. Diese Schadstoffe sind es auch, die die Reinigung wirklich jedes Objektes erforderlich machen. Dazu gehört, dass die Stücke nach der Reinigung für 24 Stunden in eine Ozonkammer gestellt werden. Auch das sind Arbeiten, die Fachfirmen ausführen müssen.

Antje Gornig ist froh, dass viele Ströbecker nicht nur finanziell helfen, sondern ebenso zupacken. So berichtete sie, dass es ehrenamtliche Helfer gibt, die beim Einscannen der umfangreichen Verwaltungsakten helfen. Neben den Museumsakten lagerten in den Räumen auch die Akten des Kulturdörfervereins. Auch die werden eingescannt und so digital erfasst.

Die Stadt hat viele Partner über den Brand informiert, hofft so auch auf Unterstützung von außerhalb für den Wiederaufbau des Schachmuseums in Ströbeck. Dass dieser unabdingbar ist, hatte Oberbürgermeister Andreas Henke bei mehreren Gelegenheiten betont.

Dafür gab es auch prominente Unterstützung. Die 1000-jährige Schachtradition gehöre unbedingt auf die internationale Liste des Welterbes, nicht nur auf die des Bundes, hatte zum Beispiel Prof. Dr. Joachim-Felix Leonhard gesagt, als er die Festrede zum Hilariusmahl der Stadt hielt, Leonhard ist nicht nur Historiker, sondern auch in vielen Unesco-Gremien aktiv. Er hatte den Brand als „heftigsten Schicksalsschlag für ein Museum“, bezeichnet und wünschte das es gelingen möge, die Tradition und das Museum zu bewahren.

Spenden sind weiterhin erbeten und möglich auf das Konto der Stadt Halberstadt bei der Harzsparkasse; IBAN DE 61 81052 0000 3601 26812, Verwendungszweck: Schachmuseum