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Straßenbau Schildbürgerstreich in Ditfurt

Die Ditfurter wollen eine Straße sanieren, können es aber nicht: Wie sie erst jetzt entdeckt haben, ist der Kreis zuständig.

Von Christian Besecke 23.09.2015, 01:01

Ditfurt l Die Situation in Ditfurt hat schon etwas von einem Schildbürgerstreich. Jahrelang mühte sich der Gemeinderat um eine Lösung für die Probleme der Anwohner im Bereich Langenberg/Schützenstraße.

Der Randbereich der hier entlang verlaufenden Kreisstraße 2360 ist mit Pflaster versehen. Begegnen sich hier zwei Lkw, dann weicht einer davon meist auf den Randstreifen oder gar den Fußweg aus und holpert über den Boden. Die Lärmbelästigung ist eine Folge, sichtbare Schäden an den dort stehenden Häusern eine weitere (Volksstimme berichtete). Zudem verengt sich die Straße in zwei Kurvenbereichen. Kommt es da zu Begegnungsverkehr, setzt meist ein umständliches Rangieren ein. Stellen an Häusern und Mauern künden von Treffern, die Lkw bei dieser Gelegenheit hinterlassen haben. Einem Anwohner wurde die Mauer gar schon zwei Mal eingefahren.

„Ich wohne direkt an dieser Straße und kann daher sehr gut nachvollziehen, wie sich die Bürger fühlen“, sagt Gemeinderat Matthias Hellmann (FDP). „Daher war es für mich eine große Freude, als wir wirklich 11 000 Euro für die Sanierung des Randbereiches bereitstellen konnten.“ Nach langer Planung war es dann soweit, auf der kürzlich abgehaltenen Ratssitzung wartete eine Beschlussvorlage darauf, verabschiedet zu werden.

Allein, dazu kam es nicht. Tino Schmidt, Leiter Finanzen in der Verbandsgemeinde Vorharz, war etwas aufgefallen. „Ich habe das Geld in den Haushalt eingestellt und mir noch einmal die Grundstücksangelegenheiten angeschaut“, sagt er gegenüber der Volksstimme. Das erfordere die Sorgfaltspflicht. „Die Sache hat sich ziemlich verzwickt dargestellt“, befand er. „Letztendlich wurde aber offenbar, dass der Landkreis Harz Baulastträger für die Kreisstraße und den an die Bushaltestelle angrenzenden Bereich ist.“

Diese unerfreuliche Kunde hatte Bürgermeisterin Rena Jüngst (parteilos) im Gepäck, als sie zur Sitzung erschien. „Wir sind geradezu aus allen Wolken gefallen“, berichtet Matthias Hellmann. „Ich selber war einfach nur sprachlos.“ Die ganze Zeit über waren nämlich sowohl die Ditfurter als auch die Vertreter des Amts für Kreisstraßen beim Landkreis Harz davon ausgegangen, dass der Randbereich am Langenberg in die Zuständigkeit der Gemeinde fallen würde (Volksstimme berichtete).

„Das war schon eine Hammer“, bestätigt auch Gemeinderatsmitglied Detlev Pohle (Wählerguppe Ditfurt). „Da planen wir jahrelang den Ausbau, investieren Stunden in Absprachen, holen zudem noch Angebote ein – und dann das! Ich finde das einfach nur unglaublich.“ Matthias Hellmann spricht von „einem Schildbürgerstreich“ und „verbrannter Zeit“. Dem Gemeinderat blieb nun nichts weiter übrig, als den Beschluss erst einmal zurückzustellen. „Wir müssen Gespräche mit dem Landkreis führen, um die verfahrene Situation zu retten“, äußert sich Pohle. „Das Geld ist ja nun einmal im Topf.“

Die Anwohner am Langenberg befürchten nun, dass die geplanten Arbeiten nicht stattfinden werden. „Der Landkreis hat kein Geld dafür“, ist sich der Ditfurter Achim Löwe sicher. „Wenn wir aber nun schon einmal die Summe bereitgestellt haben, dann muss es doch eine Lösung geben.“ Ihm schwebt ein ganz bestimmtes Szenario vor. „Wir könnten doch das Geld quasi vorschießen, und der Landkreis zahlt es dann zurück“, schlägt er vor. „So hoch ist die Summe ja nicht.“

Detlev Pohle sagt dazu: „Wir müssen jetzt erst einmal das Gespräch suchen und die Möglichkeiten abklopfen.“ Den Anwohnern ist der zu erwartende Zeitverzug ein Dorn im Auge, hatten sie doch schon hoffnungsfroh auf eine Besserung ihrer Lage gesehen. Gisela Fahsel, die direkt gegenüber der Bushaltestelle wohnt, berichtete von ihren Problemen. „Wir haben das Fernsehgerät in der Stube schon vom Fenster weggestellt“, sagt sie. „Immer, wenn der Bus angefahren ist, war das Bild verschwunden.“ Außerdem erinnert sie sich noch an Dacharbeiten zurück. „Die Handwerker waren froh, als sie den Dachstuhl verlassen konnten“, erzählt sie. „Sobald ein Lkw vorbeikam, hat das ganze Haus gewackelt.“

Der Geduldsfaden ist bei den Anwohnern dünn geworden, sie erwarten eine Lösung noch in diesem Jahr. „Wir hatten außerdem noch darauf gehofft, dass das Amt für Kreisstraßen wenigstens noch eine 30-Tonnen-Begrenzung für die Mühlgraben- und die Bodebrücke ausschildert“, bringt Achim Löwe vor. „Es handelt sich schließlich um Baudenkmäler, und die Lage wäre etwas entspannt worden.“

Diese Hoffnung können die Ditfurter jedoch getrost begraben. Auf Volksstimme-Nachfrage bestätigte zwar Mathias Neumann, Sachbearbeiter des Amts für Kreisstraßen, dass es sich bei den beiden Brücken um Baudenkmäler handelt. „Eine Ausschilderung ist jedoch nicht zwingend notwendig“, teilte er mit. „Die Bodebrücke ist nur einspurig zu befahren, außerdem geben die Brückenplatte und die dazugehörige Lastklasse eine normale Nutzung her.“ Dies bedeute, dass der Lastverkehr – bis 40 Tonnen – hier rollen könne. Liege die Last darüber, sei das Schwerlastverkehr, der für die beiden Brücken kaum genehmigt werden dürfte. Eine Untersuchung der Bodebrücke habe ergeben, dass die Gewölbe keine Schäden aufwiesen. Die Mühlgrabenbrücke werde demnächst ebenfalls kontrolliert.

„Im Klartext bedeutet das, der Verkehr wird so weiter rollen wie bisher“, bringt es Achim Löwe auf den Punkt. „Das werden wir aber so nicht hinnehmen.“ Er spricht von einer Demonstration, die die Bürger abhalten wollen, wenn sie nicht gehört werden. „Ich frage mich, warum es bei einer Umleitung, die wegen Straßenarbeiten in Hedersleben über Ditfurt geführt hat, eine 30-Tonnen-Begrenzung für die Brücken gegeben hat“, bringt er vor. „Jetzt ist diese Begrenzung auf einmal überflüssig – das passt doch nicht!“

Er empfiehlt, über eine Ampellösung nachzudenken. „Die Ampel hat dafür gesorgt, dass der Verkehr beruhigt wurde und die Lkw nicht die Fußwege befahren mussten“, sagt er.