Sonderausstellung Märchenhafter Harz

Im Halberstädter Museum geht es märchenhaft zu. Bis Februar 2017 sind Arbeiten von Erika Schirmer und Tura Jursa zu sehen.

Von Renate Petrahn 04.10.2016, 07:00

Halberstadt l Im Städtischen Museum Halberstadt wurde am Sonntag die 50 Exponate umfassende Sonderausstellung „Märchenhafter Harz“ feierlich eröffnet. Im Beisein von Erika Schirmer und Tura Jursa, den beiden ausstellenden Künstlerinnen, begrüßte Museumsleiter Armin Schulze 60 teils weitgereiste Gäste.

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von Annelie Dressel am Keyboard. Passend zum Märchenhaften in der Ausstellung wurde auch deren Eröffnung durch das bekannte „es war einmal“ gestaltet. Simone Bliemeister las die Sage über das Riesenweinfass in den Spiegelsbergen, dessen Bau das Ergebnis einer Wette zwischen Bischof Heinrich Julius und einem Bischof aus dem Rheinland war. Damit nahm die stellvertretende Museumsdirektorin nicht nur Bezug auf die Sagenwelt des Harzes/Vorharzes, sondern auch auf deren bildkünstlerische Umsetzung durch Tura Jursa in „Die Wette“ aus dem Jahr 2016.

Die Skala ihrer Holzbilder, oft als Diorama gestaltet, reicht von Rückgriffen auf die Märchen- und Sagenwelt von Harz und Vorharz bis hin zu realen Darstellungen, wie „Meine Familie“. Eine besondere Bedeutung hat das Diorama „Goethe, Heine, Brocken-Benno“ aus dem Jahr 2013, und das nicht nur wegen seines fein ausgearbeiteten Detailreichtums. Es zeigt in besonderer Weise die Vermischung von Mystischem mit sehr Gegenwärtigem im Schaffen von Jursa. Zudem ist diese Arbeit eine kleine Hommage an Benno Schmidt, besser bekannt als Brocken-Benno, der ein langjähriger Freund der Familie ist und ein gern begrüßter Gast der Vernissage war.

90 Jahre und noch immer voller Tatendrang ist Erika Schirmer, die den zweiten Teil der Ausstellung mit ihren ­Scherenschnitten zu den bekannten Märchen der Gebrüder Grimm, Bechstein und Hauff gestaltete. Um das Märchen zu erkennen, braucht man den Titel nicht zu lesen, so plastisch sind die filigranen detailreichen Darstellungen in Schwarz/Weiß. Die im Städtischen Museum gezeigten Schnitte sind zwar nur eine kleine Auswahl des umfangreichen Schaffens von Erika Schirmer, zeigen aber doch aufs schönste ihre große Kunstfertigkeit und ihren Ideenreichtum bei der Umsetzung der poetischen Vorlagen.

Dabei ist Erika Schirmer nicht durch ihre Schattenbilder bekannt geworden. Sondern durch das Lied „Kleine, weiße Friedenstaube“. Inspiriert durch Picassos ­Friedenstaube dichtete die zuletzt als Pädagogin für behinderte Kinder und Jugendliche tätige Schirmer das Kinderlied. Es war ihr erstes und gleichzeitig erfolgreichstes Lied. Seine bildkünstlerische Umsetzung durch Tura Jursa ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Im Laufe ihres langen Lebens sind weitere Lieder und Gedichte entstanden. Erika Schirmer gibt außerdem Kalender mit Gedichten und ­Scherenschnitten sowie ­Bücher heraus. Eine kleine Auswahl ihrer Bücher ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Nach dem Rundgang durch die Ausstellung fällten die Gäste der Vernissage bereits ihr Urteil: Diese Ausstellung Ist etwas für das Herz.

Erika Schirmer und Tura Jursa verbindet eine langjährige Freundschaft. Die Ausstellung in Halberstadt ist ihre neunte Gemeinschaftsausstellung. Und sie wären keine Sachsen-Anhalterinnen würde sich die Reformation und Martin Luther nicht in ihren Arbeiten widerspiegeln. Für beide ist die kreative Arbeit unabdingbar, die auch über komplizierte Lebenssituationen hinweghilft. In Nordhausen, wo Schirmer und Jursa leben, engagieren sie sich im Ehrenamt und haben die Anerkennung und Hochachtung ihrer Mitmenschen gefunden. Erika Schirmer ist Ehrenbürgerin von Nordhausen und ihres Geburtsortes, der polnischen Stadt Czerwiensk. Tura Jursa wurde 2013 zur beliebtesten Südharzerin von der Thüringer Allgemeinen Zeitung gewählt.

Die Ausstellung „Märchenhafter Harz“ ist bis zum 12. Februar 2017 im Städtischen Museum Halberstadt zu sehen und besonders empfehlenswert für Kinder bis zu 10 Jahren. Um Voranmeldung von Gruppen wird unter Telefon (0 39 41) 55 14 74 gebeten.