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Tierheim Hundebetreuung in Halberstadt "untragbar"

Die Vermittlungsquote bei Fundhunden in Halberstadt läuft seit Monaten gegen Null. Vierbeiner warten teils seit Jahren auf ein Zuhause.

Von Jörg Endries 26.01.2019, 00:01

Halberstadt l Frauke Becker schlägt Alarm. Die Halberstädterin macht auf Probleme in der Fundhunde-Unterkunft auf dem Gelände des Halberstädter Tiergartens aufmerksam. Seit Monaten würde die Vermittlung der dort untergebrachten Tiere stocken, die Betreuung der herrenlosen Vierbeiner durch einen Mitarbeiter des Tiergartens sei „schlecht und untragbar“.

„Ich bin jetzt zwar zwei ­Jahre aus der aktiven Arbeit in der Fundhundeunterkunft raus, dennoch hat mich das, was dort geschieht, nicht kalt gelassen“, sagt Frauke Becker zu ihrer Motivation, sich wieder einzumischen. Der Stillstand bei der Vermittlung der Hunde ist für sie ein rotes Tuch. Es befinden sich derzeit zwar nur sieben Tiere in der Einrichtung, die auf ein neues Zuhause warten. Allerdings würden sie das schon seit ­Monaten beziehungsweise seit Jahren tun. „Die Vermittlungsquoten sind in den vergangenen zwei Jahren drastisch zurückgegangen“, kritisiert sie.

Dass das nicht an den Haaren herbeigezogen sei, könne man gut auf der Internetseite der Fundtierunterkunft zurückverfolgen. Danach ist am 19. August 2016 der letzte Hund erfolgreich vermittelt worden. 2017 ist auf der Seite vermerkt: „Aktuelle Informationen/ (vermittelte Tiere-Seite“ kann mangels Personal nicht mehr gepflegt werden. Es wird Unterstützung gesucht, die Hunde fotografiert und ­Fotos und ­Texte regelmäßig in die Homepage einpflegt.“ Und das, obwohl im Dezember 2016 eine Ehrenamtlerin den Job von Frauke Becker übernommen hatte.

Wegen persönlicher Veränderungen habe Cassandra Sieland ihre Arbeit als ehrenamtliche Hundevermittlerin mittlerweile wieder abgegeben, bestätigt Waltraud Hammer, Vorsitzende des Tierschutzvereins Halberstadt. „Frauke Becker, für ihre jahrelange Arbeit für die Hunde vielen Tierfreunden in bester Erinnerung, übernimmt zeitweilig wieder diese Funktion“, so die Vereins­chefin. Das sei das Ergebnis einer Gesprächsrunde des Tierschutzvereins mit der Leitung des Tiergartens und der Stadtverwaltung Halberstadt. „Für den Tierschutzverein gibt es in der Zusammenarbeit mit der Stadt keine Veränderungen“, so Waltraud Hammer.

Die Vermittlung der Hunde könne man nicht dem Selbstlauf überlassen, unterstreicht Frauke ­Becker. „Es muss mehr Werbung gemacht werden, um Aufmerksamkeit zu ­wecken, ansonsten sitzen die Tiere dort ewig.“ AlsErstes hätten die Gassi-Gänger – 14 Tierfreunde, die die Fundhunde regelmäßig ausführen – Anfang des Jahres die Internet-Homepage www.tierheim-halberstadt.de/tiere/hunde auf Vordermann gebracht und die Informationen zu den sieben Hunden eingestellt. Die Halberstädterin erinnert sich an ähnlich schlechte Zeiten vor 15 Jahren. Die Vermittlungsqualität leide ebenso, wenn keine Auswahl an Interessenten für die Hunde da sind.

Frauke Becker findet aber auch harte Worte der Kritik gegen einzelne Mitarbeiter des Tiergartens, die die Fundhunde betreuen. „Was dort geschieht ist schlecht und untragbar.“ Das Personal sei nicht qualifiziert für die verantwortungs­volle Tätigkeit. Damit steht und fällt alles für die dort lebenden Tiere und die Beratung potenzieller neuer Tierhalter. Auf all das habe sie in unzähligen Gesprächen die Zuständigen in der Stadtverwaltung Halberstadt angesprochen. Verändert habe sich danach leider nichts.

Bis Ende 2016 hat sich die Tierschützerin selbst ehrenamtlich für die Fundhunde eingesetzt und viele von ihnen erfolgreich in ein neues Zuhause vermittelt. Neben ihrem Job investierte sie dafür bis zu 40 Stunden in der Woche. Dann führten Unstimmigkeiten mit dem Tierschutzverein Halberstadt dazu, dass sie aus dem Verein austrat und die Hundevermittlung einstellte. Seit Kurzem ist die junge Frau wieder Ansprechpartner für Fundhunde-Interessenten.

Frauke Becker plädiert dafür, die Fundhundeunterkunft in Halberstadt zu schließen. Stattdessen könnten die Tiere nach Absprache Aufnahme im nicht weit entfernten Tierheim ­Derenburg finden. „Damit wären die Probleme in Halberstadt gelöst.“

Tiergartenleiter David Neubert: „In der Fundtierunterkunft sind uns keine Verstöße gegen das Tierwohl bekannt. Um dies sicherzustellen, werden wir um eine erneute Überprüfung durch das Veterinäramt bitten.“ Zur Kritik, dass die Mitarbeiter nicht qualifiziert sind, sagt er: „Die Mitarbeiter der Fundtierunterkunft sind ausreichend durch ihre umfangreiche Berufserfahrung qualifiziert und entsprechen den gesetzlichen Vorschriften. Aktuell problematisch ist ein personeller Engpass in der Fundtierunterkunft, welcher aber bereits durch die Stadtverwaltung geprüft wird.“

Die Option der Abgabe der Fundtiere an andere Tierheime sei aus logistischen und finanziellen Gründen nicht möglich und wurde von der Stadt Halberstadt bereits mehrmals geprüft und verworfen. Aus diesem Grund gebe es schon seit vielen Jahren eine Vereinbarung zwischen dem Tierschutzverein und der Stadt Halberstadt, in der die Vermittlung der Hunde geregelt ist. „Dies hat sich über die Jahre bewährt, was besonders dem Engagement des Tierschutzvereins geschuldet ist und wofür wir und die Stadt Halberstadt sehr dankbar sind“, unterstreicht David Neubert.